Lustige Blätter: schönstes buntes Witzblatt Deutschlands (22.1907)

Sr mar ein 5berr non fünfzig 3cipren,
3n ben fünften beö Gebend reidflicp erfahren,
©r pulbigte lebhaft bet* ©peorie:
„Verliebe bid) tu and) mal, bod) heirate nie!"
QSenn er troßbem in Gßefterlanb,
QBo er fid) augenblidflidp befanb,
„93cit (Sattin" in ber Üxurliffe ftanb-
©ad Gpx'insip ber ©pe blieb oerneint;
©ie „©affin" mar nid)t fo ernft gemeint.
©ie „©affin", bie elegant unb pifanf,
Sbat er oor fed)d <20od)en nod) nid)t gefannt.
Unb er ßättemoßlniebieG3efannffd)aftgemacpt,
QBenn er niepf in einer gemiffen 9tad)f
3n ber feftgefdpoängerfen Gltmofppäre
©ed Ginbenfafinod erfd)ienen märe . . .
Glber er l)atte ©lücf unb erfd)ien--
flnb jet)t l;af er fie, unb fie f>at il)n.
Glut Glbenb, ald er bie paitleffe=befternte
Siiß--plaubernbe 9cire fennen lernte,
©rfupr er oon if)r, mad man fo erfährt:
QBie fie lebt, unb mo fie oerfeprf,
llnb fie fd)lafe fäglid) gmölf ootle Sfunben ...
®a pat ed ©rid) foforf empfunben:
,,©ied ift für micp bad rid)tige QBefenI
Gin iprer Seife fann id) genefen,
9!Gein Glrjf empfahl mir, mid) audjurupn,
Sed)d <2ßod)en lang abfotut nid)td ju tun,
3d) glaubte bad niemals ferfigjubringen
•-Q33enn bie mid) begleitet, mirb mir’d
gelingen!"
©ebad)f, gefagf. ©efagt, getan . . .
„©in Hpr smanjig, Gcprfer G3apn."
©ie Seeluft tat mopt, unb bad G3aben tat gut,
©ad fliptt bie 9?eroen unb fräftigt bad G3tut,
llnb ©mmi mar fd)icf, unb lieb, unb brau,
Hnb ©ag für ©ag ber reid)lid)e Sd)laf,
Q3olle, gefd)lagene, lange gmölf Stunben —
©a muß ber neroöfefte 9D?enfd) gefunben;
9cad) einem 93conaf mar ©rid) fo meit.
Seine Seele ftroßte oor ©anfbarfeit
©egen ©mmi, bie biefed GBunber oollbracpf.
©r paffe fid) eigenflid) früper gebad)t,
3n G3crlin fid) oon ©mmi foforf ju befrei’n -
©aoon tonnte jeßt feine 9cebe mepr fein!
©in Glßefcn, bad bie 9Geroofität
So grünblid) 31t oertreiben oerftept,
©ad muß man fid) ficpern unb erpalten,
flm bad Geben aud) meiterpin nett ju geftatfen,
©ad muß man fiep ficpern für immerbar.
Ober fagen mir: menigftend für ein 3<fpr.
So fpraep er ipr benn oon berGiebeG3elopnung,
93on einer fteinen möblierten Gtßopnung,
®ie feinem eigenen häufe niept fern —
®ie ©mmi fagte: „©emiß! 9?ed)t gern!"
©ann fpraep er oon einer beftimmten 9\ente,
99Git ber man anftänbig leben tonnte,
©enn bad ©elb fei fd)ließlicp bed ©afeind
^ern-
©ie ©mmi fagte: „©emiß! 9fedpf gern!"
©ann, mad er fid) faff su forbern fepeue,
9cämlicp . . . alfo . . . befreffd ber ©reue...

fc^riftlid)!
Sie bürfe burd)aud nid)f mit anbern herr’n —
©ie ©mmi fagte: „©emiß! 9fed)t gern!"
Hnb pierin, fprad) er, fei er fepr tüftlid),
©r oerlange bad ©reuegelöbnid feprifflid);
©r pabe ©rfaprung, er fei oerfierf,
©ad Schriftliche merbe mepr refpeffierf,
9J?an poffe ja freilich • • . inbeffen peut-etre...
9fa fürs unb gut, pier fei ©inte unb fyeber,
flnb er bitte jeßt gteid), nod) oor bem ©iner
©a fagte bie ©mmi: ,,Sd)riftlid)?? — 9^eeü"
„„Glber, 5finbd)en, fepreib bod)! 93?ad)’ fd)on!
Sd)nell!""
„3 tt>o! G3in id) eine Scpreibmamfell?!"
,,„3d) geige aud) feinem bad Gpapiev!""
„G3eftimmt nid>f! ©u friegft ja feind oon
mir!"
„„©mmi, ich feperje nidpf. öoier ift bie ^eber.
3um lepten 90iale: ent ober meber!""
©mmi in ©ränen: „Siep, ©rid), bad fcpmör’
ich,
9cur bir unb feinem anbern gepör’ id),
9Jiif bir unb feinem anbern üerfepr’ id),
9fun nimm bod) aber Vernunft an, ©rid),
3d) fcpmör’d bir fäglid), id) fcpmör’d bir
ffünblicp —
Glber niepf feprifflid), ©rid)! nur
nt ü n b l i cp!
Hub menn unfere gange <3reunbfd)aft ger£>rid)f,
3d) fd)reibe niepf! 3d) fd)reibe nid)f!"
©r fdpmeigt, oon bitfferen 3meifetn gequält,
‘©opblip, otelleid)f ift fie peimlid) oermäplt?
93ielleicpf . . . mad gibt ed benn meifer noep?
Sd)timm muß ed fein! . . . Sonff fd)riebe
fie bod)!
©enn mär’d nid)t feptimm, fo fönnfe fie
fdpreiben-
Sie braud)te ja fropbem niepf treu gu bleiben,
©ie GPofifion, bie id) ipr biete,
©ie ift bod) fcpließlid) feine 9cicfe!
3d) muß ed miffen: 933ad pat bad Gßeib?
,,„3um allerteßfenmal, ©mmi! Scpreib!!""
9cid)td pilft ber ftrenge. ^ommanboton,
9iid)td pilft bie locfenbe Gßoßtion —
©ie ©mmi mill lieber Selbftmorb begeben,
Glld ,©efcpriebened‘ in ,feinen£hönbenfepcn.
„„9tun gut,"" erftärf er mit fteifem 9tacfcn,
„„©ann mußt bu jept beine Koffer paefen,
©u fäprft mit bem ©ampfer um oierfel oicr
9tad) ©operf cp teufe, unb id) bleibe Pier;
®u foltfeft ed niepf aufd Giußerfte treiben!""
®a feufgfe ©mmi: ,,©ib per! 3d) mill
f cp reib e n!"
Glnb fie fd)rieb, baß bie ffeber frapfe unb
fripte,
©aß bie ©inte bid and ‘©lüfonb pinauffpripfe,
Sie fd)rieb, baß bie fyeber fd)mad) marb unb
tapm,
©aß bad Schreibpapier gmangig Göd)er befam.
Sie feprieb unter Stöpncn, Seufzen unb
9\öd)eln,


©aß bie 3:ingerd)en fdpoarg mürben bid gu
ben Stnöcpetn,
©aß biefft'berfpißen benSd)reibtifd>gerftad)en,
©aß ipr brei manifürte 9?äget gerbrad)en,
flnb fie fepmipte, ald ob fie an bem ©ebläfe
ßined ffarf itberpeigfen hod)ofend fäße.
Schließlich paud)te fie: ,,3d) bin fertig . ." —
herr ©rid) mar bed Sd)litnntften gemärfig.
Sie reiept ipm ben G3ogen. QBad lieft er ba?
«>3d) fcpmöpreß — fcpmöpre mit ö--p —
,3d) fd)möpre ein oor alle ßCRapT,
,3d) bin ©ir 3‘, ~ bie 3 ald 3apt —
,llnb foifd)en£, — foifepen mit o-i —
©Inb foifd)en merbe icp ©ir nie,
©ad mäpre mid) ju pinterrücfd,
3nipf geliebter£, — impf mit r —
,®u mußt mir flaubcnß — flaubett mit f —
,3ür ©ir alteine bin id) ba,
©>od)ad)fungdooll3f£, — bad oolljf mit 3 —
©mmi Glugufte ©tifabetp.£"

3ept mußte ©rtd), marum bie Sbolbe
©urdpaud nicht fd)rtftlid) fcpmören motlte;
3mar ipm ergeben mar fie fftaoifcp,
©er ©runb 311m ©roß mar — orfßograppifd).
Sie fdmute ipn an . . .: „3cpt taepft bu mid)
aud?"
— ,/„3d) benfe nidpt b’ran, bu füße 9^aud!
©alte mir fiinfgig bid punberf 9ßod)en,
QBad bu in biefent Schreiben oerfprod)en,
|omm, fei oergnügf, mein ©nget, unb lad)e —
©ie Ortpograppie ift 9tebenfad)e!""
'!- ^
*
Geicpt ift’d am Stranbe treu 3U fein,
3ßo man ben galten ©ag 311 smei’n.
Qißie anberd aber in G3erlin . . .
©r opne fie, fie opne ipn . . . .!
Plnb fünfzig QUocpen, bad ift lang . . .
Hnb 3ugenb neigt sum ©atenbrang . . .
5\ur3, cp’ stoei 93tonafe oorbei,
©a pört fd)on ©rid) allerlei . . .
®a paben Ssencn feinen 3metf.
©r fepieft ipr ipren Glbfcpiebd--Sd)ecf
flnb basu ald G3egleitbrief nur
©ad Schreiben mit bem ©reuefepmur,
9fad)bem er bie fSdpter, momit ed gegiert,
99cit roter ©inte forrigierf.
©arunfer feprieb er bem potben 3Ünbe
©ad Sd)eibemorf mit roter ©inte:
„9)tein 3!inb! 3d) bin fünfsig 3apre alt,
©ebroepene Scpmttre taffen mid) fall.
©3cir paben fd)on oiele bie ©reue oerfproepen
Plnb ebenfooiele bie ©reue gebrodjen,
ülnb allen oerseip’ id) ipr frcoelnbed GBorf —
®od) bu, Äinb, fdpufft einen neuen 9?eforb!
G^aß auf, bu mirft in ber ©ölte fdnnoren:
So falfd) mie bu pat noep feine gefepmoren!"
Gustav Hochstetter.

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No. 30