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Zwei Freunde standen auf hohem Schiff,
Das Ufer ging verloren
Ein muntrer Wind von Osten pfiff
Den beiden um die Ohren.

„Und als dir die Liebste entgegentrat,
Dein Werben küssend zu danken,
Da war ihr Vater Aufsichtsrat
Bei siebzehn guten Banken.“

Und als der Treue also sprach.
Umwölkt die Stirn vom Leide,
Da senkte sein Haupt und dachte nach
Polykrates der zweite.

Das sah der eine den andern an
Mit einem Blick voll Treue:
„Wie bist du doch ein glücklicher Mann.
Das denk’ ich immer aufs neue.“

„Da war sie des Alten einziges Kind,
Wie sie dir errötend gestanden,
War töricht, wie so Mädchen sind,
Und hatte zwei ledige Tanten.“

Das Schiff glitt schon dem Ufer zu
Und freundlicher Mündung des Flusses,
Da sprach er mit der Seelenruh’
Gefestigten Entschlusses:

„Ein jeder Wunsch, der sich dir regt,
Ist nah schon der Erfüllung;
Die Knospe, auf die du die Hand gelegt,
Sprengt augenblicks die Umhüllung.“

„Ich freue mich neidlos, Freund; indes
Ein jeder zahlt die Spesen;
Kennst du die Mär vom Polykrates,
Der ein König von Samos gewesen?“

„Mein Herz, o Freund, ist kummervoll,
Doch will’s mir nicht in den Schädel,
Dass ich den Göttern opfern soll
Mein Haus, mein Glück, mein Mädel.“

„Du erbtest den Onkel und wandelst nicht mehr,
Dein Brot erschuftend, im Joche;
Du reistest zu Land, du fährst übers Meer,
Und dein Bild erschien in der Woche.“

„Weil er verwöhnt ward allezeit
Vom blumenschüttenden Glücke,
Ward Angst ihm vor der Götter Neid
Und vor der himmlischen Tücke.“

„Doch etwas, das mir teuer war,
Ergreif’ ich mit den Händen,
Auf dass solch Opfer die Gefahr
Von meinem Haupt mag wenden.“

„Bist g’rad’ gewachsen und zeitig getauft
Und hast dir dem Schäfchen geschoren,
Und hast die blödesten Aktien gekauft
Und nichts daran verloren.“

„So höre dieses kluge Wort,
Das mir der Himmel geraten:
Ich werfe dich mal über Bord,
Hilft’s nichts, so kann's nichts schaden!“
Rudolf Presber.

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„Und eh' er Glück und Gold verlor’
Und tief in Not gefallen,
Warf er ein Kleinod fort ins Meer,
Das lieb ihm war vor allen.“
 
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