Das Wunderbare.
L rau Asta," sprach zärtlich Herr Theodor,
„Treten Sie ein bißchen vor,
Und setzen Sie sich auf die Bank mit den Rosen,
Hier ist ein Platz zum Küssen und Kosen!*'
„Herr Teddy,'* sprach Asta, und sah ihn an,
,vSie wissen, ich habe einen Mann!'*
„Und ich,'* sprach Herr Teddy, „ich hab’ eine Frau,
Sie seh’n, unser Schicksal gleicht sich genau!'*
Upd sie blickten vom Gipfel des Höhenwegs
Bis hinunter nach dem Kasino von Aix.
Dort saßen die beiderseitigen Gatten,
Die keinen Sinn für das „Höhere'* hatten.
„Frau Asta," rief lächelnd Herr Theodor,
„Sie kommen mir wie Nora vor!"
„Jawohl," rief Asta, „das stimmt genau.
Ich bin eine unverstandene Frau.
Ich sitze nun schon viele Jahre
Und warte auf das Wunderbare!"
„Das Wunderbare?" rief Teddy beklommen,
„O, ich glaube, das wird wohl niemals kommen.
Es sitzt im Kasino und spielt Karten —- —
Wie lange wollen Sie noch darauf warten?!“
„Wie lang?" rief Frau Asta mit zuckendem Munde,
„Ich warte nur noch eine Stunde!"
Und Minute auf Minute verrann,
Und beide sahen sich träumerisch an,
Dann sagte lächelnd Herr Theodor,
Und zog seine goldene Uhr hervor:
„Das Wunderbare muß sich sputen,
Es fehlen nur noch zehn Minuten!"
Und das Wunderbare sputete sich.
Denn eh’ noch die nächste Minute verstrich,
Da war auch das Wunderbare schon da,
Und es trat aus den Büschen und brüllte: „Ha!"
Es waren Willibald und Helene,
Sie traten wutschnaubend auf die Szene,
Und Willi rief vor Erregung ganz blaß:
„Gnädige Frau, was bedeutet das?"
„Lieber Willi," rief Asta, und zitterte sehr,
„Guten Abend, wo kommt ihr denn her?"
„Wir kommen," rief Willi aufgebracht.
Von Rideamus. ?
„Wir kommen wie der Dieb in der Nacht!
Wir saßen ganz ruhig unten beim Spiel,
Da ergriff uns plötzlich ein banges Gefühl,
Und von innerer Unruhe angetrieben
Zogen wir aus nach unseren Lieben.
Wir kannten weder Weg noch Ort,
Doch eine dunkle Ahnung zog uns fort;
So schritten wir, ohne zu schwanken, fürbaß.
Und kamen hierher und finden — das!"
„Was?" rief Frau Asta, doch Willi schrie:
„Madame, ich bitte Sie, schweigen Sie!
Wir haben alles mitangehört,
Ich bin von Ihrem Benehmen empört;
Und wenn Sie die arme Nora sind.
Und ich bin Helmer, mein gutes Kind,
Dann wollen wir jeden Eklat vermeiden!
Bon soir, Madame! — Wir lassen uns scheiden!"
„Scheiden?" rief Frau Asta entsetzt,
„Aber, lieber Willi, und grade jetzt?!
Es ist doch wirklich nichts vorgekommen!“
„Gewiß nicht!" sprach Herr Teddy beklommen,
„Übrigens," rief er in schneidigem Ton,
„Stehe ich Ihnen zur Disposition!"
Das war nun ein Ausweg, der Willi verdroß,
Denn er wußte, daß Teddy vorzüglich schoß,
Außerdem fiel es ihm schwer aufs Gebrüste,
Daß er dann ja — die Mitgift herausgeben müßte.
Drum sagt’ er bloß finster und würdesam:
„Gehen Sie auf Ihr Zimmer, Madame!"
Und Helene sprach zu Herrn Theodor,
Der fortwährend seine Unschuld beschwor:
„Mein Herr, ich erwarte Sie im Hotel,
Dort regeln wir alles, — auch finanziell!"
Und siehe, die beiden ertappten Sünder
Schlichen davon wie gescholtene Kinder;
Der eine nach rechts und der andre nach links,
Und tiefes Stillschweigen herrschte rings.
Dann sprach Frau Lene: „So ist die Welt!
Der eine wird von dem andern geprellt.
Und ein einziger kurzer Augenblick
Entscheidet oft über ein Menschenglück!"
„Jawohl,“ sprach Willi, „denn wär’ ich mit Ihnen
Nur ein Viertelstündchen später erschienen,
Dann fürchte ich wirklich, verloren wäre
Auf ewig gewesen Glück und Ehre!“
„Und wären wir“, sprach Frau Lene beklommen,
Nur ein Viertelstündchen vor ihnen gekommen —“
„Ja, dann," sprach derWilli, „dann hätt’ es geschnappt!
Dann hätten die beiden-uns geklappt!"
*) Rideamus, der bekannte Verfasser von „Willis Werdegang“ und vieler anderer lustiger Bücher, lässt nach mehrjähriger Pause endlich
wieder ein neues reizend pikantes Versbuch, mit Illustrationen von Hermann Wilke, erscheinen. Durch die Liebenswürdigkeit der Verlagsgcsellschaft
„Harmonie“, Berlin W. 9, sind wir in der Lage, aus diesem lustigen Buche unseren Lesern im vorstehenden eine Kostprobe zu geben.
No. 49
L rau Asta," sprach zärtlich Herr Theodor,
„Treten Sie ein bißchen vor,
Und setzen Sie sich auf die Bank mit den Rosen,
Hier ist ein Platz zum Küssen und Kosen!*'
„Herr Teddy,'* sprach Asta, und sah ihn an,
,vSie wissen, ich habe einen Mann!'*
„Und ich,'* sprach Herr Teddy, „ich hab’ eine Frau,
Sie seh’n, unser Schicksal gleicht sich genau!'*
Upd sie blickten vom Gipfel des Höhenwegs
Bis hinunter nach dem Kasino von Aix.
Dort saßen die beiderseitigen Gatten,
Die keinen Sinn für das „Höhere'* hatten.
„Frau Asta," rief lächelnd Herr Theodor,
„Sie kommen mir wie Nora vor!"
„Jawohl," rief Asta, „das stimmt genau.
Ich bin eine unverstandene Frau.
Ich sitze nun schon viele Jahre
Und warte auf das Wunderbare!"
„Das Wunderbare?" rief Teddy beklommen,
„O, ich glaube, das wird wohl niemals kommen.
Es sitzt im Kasino und spielt Karten —- —
Wie lange wollen Sie noch darauf warten?!“
„Wie lang?" rief Frau Asta mit zuckendem Munde,
„Ich warte nur noch eine Stunde!"
Und Minute auf Minute verrann,
Und beide sahen sich träumerisch an,
Dann sagte lächelnd Herr Theodor,
Und zog seine goldene Uhr hervor:
„Das Wunderbare muß sich sputen,
Es fehlen nur noch zehn Minuten!"
Und das Wunderbare sputete sich.
Denn eh’ noch die nächste Minute verstrich,
Da war auch das Wunderbare schon da,
Und es trat aus den Büschen und brüllte: „Ha!"
Es waren Willibald und Helene,
Sie traten wutschnaubend auf die Szene,
Und Willi rief vor Erregung ganz blaß:
„Gnädige Frau, was bedeutet das?"
„Lieber Willi," rief Asta, und zitterte sehr,
„Guten Abend, wo kommt ihr denn her?"
„Wir kommen," rief Willi aufgebracht.
Von Rideamus. ?
„Wir kommen wie der Dieb in der Nacht!
Wir saßen ganz ruhig unten beim Spiel,
Da ergriff uns plötzlich ein banges Gefühl,
Und von innerer Unruhe angetrieben
Zogen wir aus nach unseren Lieben.
Wir kannten weder Weg noch Ort,
Doch eine dunkle Ahnung zog uns fort;
So schritten wir, ohne zu schwanken, fürbaß.
Und kamen hierher und finden — das!"
„Was?" rief Frau Asta, doch Willi schrie:
„Madame, ich bitte Sie, schweigen Sie!
Wir haben alles mitangehört,
Ich bin von Ihrem Benehmen empört;
Und wenn Sie die arme Nora sind.
Und ich bin Helmer, mein gutes Kind,
Dann wollen wir jeden Eklat vermeiden!
Bon soir, Madame! — Wir lassen uns scheiden!"
„Scheiden?" rief Frau Asta entsetzt,
„Aber, lieber Willi, und grade jetzt?!
Es ist doch wirklich nichts vorgekommen!“
„Gewiß nicht!" sprach Herr Teddy beklommen,
„Übrigens," rief er in schneidigem Ton,
„Stehe ich Ihnen zur Disposition!"
Das war nun ein Ausweg, der Willi verdroß,
Denn er wußte, daß Teddy vorzüglich schoß,
Außerdem fiel es ihm schwer aufs Gebrüste,
Daß er dann ja — die Mitgift herausgeben müßte.
Drum sagt’ er bloß finster und würdesam:
„Gehen Sie auf Ihr Zimmer, Madame!"
Und Helene sprach zu Herrn Theodor,
Der fortwährend seine Unschuld beschwor:
„Mein Herr, ich erwarte Sie im Hotel,
Dort regeln wir alles, — auch finanziell!"
Und siehe, die beiden ertappten Sünder
Schlichen davon wie gescholtene Kinder;
Der eine nach rechts und der andre nach links,
Und tiefes Stillschweigen herrschte rings.
Dann sprach Frau Lene: „So ist die Welt!
Der eine wird von dem andern geprellt.
Und ein einziger kurzer Augenblick
Entscheidet oft über ein Menschenglück!"
„Jawohl,“ sprach Willi, „denn wär’ ich mit Ihnen
Nur ein Viertelstündchen später erschienen,
Dann fürchte ich wirklich, verloren wäre
Auf ewig gewesen Glück und Ehre!“
„Und wären wir“, sprach Frau Lene beklommen,
Nur ein Viertelstündchen vor ihnen gekommen —“
„Ja, dann," sprach derWilli, „dann hätt’ es geschnappt!
Dann hätten die beiden-uns geklappt!"
*) Rideamus, der bekannte Verfasser von „Willis Werdegang“ und vieler anderer lustiger Bücher, lässt nach mehrjähriger Pause endlich
wieder ein neues reizend pikantes Versbuch, mit Illustrationen von Hermann Wilke, erscheinen. Durch die Liebenswürdigkeit der Verlagsgcsellschaft
„Harmonie“, Berlin W. 9, sind wir in der Lage, aus diesem lustigen Buche unseren Lesern im vorstehenden eine Kostprobe zu geben.
No. 49