Kindheitserinnerung.
Die Krawatte.
55crr SCQeier lauft bei einem feinet Gieferanten
einen großen poften Qßate unb glüeft ißm,
bem ßieferanten bafür 280 9JZarf in bat gu
gablen unb iljm noch einen Zöecbfel übet
20 9C2arf anjubteben. 2(1$ et gebt fagt et:
„55ab’ icb bei 3ßncn getauft füt btcibunbctf
£Deatf Qßarc, ba fönnten Gc met boeb auch a
Qöräfcntcben geben?" ’S)et Ciefctant gibt ibm
eine febwarge Krawatte. „Äeibt a ^väfentebe,"
ruft 9D2eier, „a Krawatte! Steine fünfunbgWangig
Pfennige ift fe wert, unb fot breibunbett 9?<art
bab’ icb getauft!" „92a, febön," fagt bet Lieferant,
„Weil Gc finb a anftänbiger 5\unbe von mir.
will icb Sbnen a anftänbiger Gcfcbent geben;
biet haben Gic ihren Qöechfel gurücfl" 9C2eier
nimmt ben QBecbfcl, brebt ibn bin unb bev,
trabt fiel) am Sx’opfc unb fagt bann: „Geben
Ge mir boeb lieber bar ^rawattl!"
Öerrltcbe Zelten.
5xlcin Gbith war auf ihrem Gpagiergange vor
einem Gchaufenffet fteben geblieben, in bem, wie
ihr ihr Fräulein ertlärte, ßh ar atter pupp en
aiirgcftcllt waren. 3u Äattfe angelangt erzählt
fie folgenber: „9D2utfi, ich habe heute puppen
gcfchen, er war aller aur Gharatter, nur bet
M'opf tvar aur QZorscllan!"
Ich hatt’ eine Muhme, da ich noch klein war,
Die war so schüchtern und sprach nicht viel;
Doch alles was zierlich, knifflich und fein war,
Das richtet’ sie mir zum Kinderspiel.
Gütig war sie und leise und fleißig,
Viele Worte machte sie nie:
Und nur mit ihrem zahmen Zeisig —
Hänschen hieß er — plauderte sie.
Sie saß bei der Lampe und schnitzte und
klebte,
Hantierte behutsam mit Faden und Bast;
Das Holzpferd sprang und das Püppchen lebte,
Wenn es die Muhme bloß angefaßt.
Ein Pferdesattel, ein oft geflickter,
Ward wieder wie neu so wunderschön -
Finger, die flinker und geschickter,
Hab’ ich mein Lebtag nicht mehr gesehn.
Und einmal—jetzt weiß ich’s, es ging schon
zu Ende,
Draußen im Garten lockte der Fink —
Und ihre guten müden Hände
Waren wie sonst nicht so sicher und flink;
Da hat sie dem kleinen Egoisten,
Der sich bittend nichts Böses gedacht,
Aus Garnspulen und Zigarrenkisten
Einen richtig rollenden Wagen gemacht.
Morgens starb sie; am Tag nach dem zahmen
Grünen Zeisig, der Hänschen hieß-
Als die Eltern vom Kirchhof kamen,
Rollte mein Wäglein über den Kies.
Ich ließ mir so manche Erfindung dienen
Und hab’ mich in manche Karosse gesetzt,
Doch Autobusse und Flugmaschinen
Haben mich nie, wie das Wäglein, ergötzt.
Und in all dem Erfindungsplunder,
Den ich mit reifenden Augen geschaut,
Blieb mir das größte technische Wunder —
Das Wäglein, das mir die Muhme gebaut.
Wie lang schon, daß sie hinaus getragen I
Auf ihre Züge besinn’ ich mich kaum —
Doch manchmal rollt noch ihr kleiner Wagen
Auf leichten Rädern durch meinen Traum.
Rudolt Presber.
No. 51
Die Krawatte.
55crr SCQeier lauft bei einem feinet Gieferanten
einen großen poften Qßate unb glüeft ißm,
bem ßieferanten bafür 280 9JZarf in bat gu
gablen unb iljm noch einen Zöecbfel übet
20 9C2arf anjubteben. 2(1$ et gebt fagt et:
„55ab’ icb bei 3ßncn getauft füt btcibunbctf
£Deatf Qßarc, ba fönnten Gc met boeb auch a
Qöräfcntcben geben?" ’S)et Ciefctant gibt ibm
eine febwarge Krawatte. „Äeibt a ^väfentebe,"
ruft 9D2eier, „a Krawatte! Steine fünfunbgWangig
Pfennige ift fe wert, unb fot breibunbett 9?<art
bab’ icb getauft!" „92a, febön," fagt bet Lieferant,
„Weil Gc finb a anftänbiger 5\unbe von mir.
will icb Sbnen a anftänbiger Gcfcbent geben;
biet haben Gic ihren Qöechfel gurücfl" 9C2eier
nimmt ben QBecbfcl, brebt ibn bin unb bev,
trabt fiel) am Sx’opfc unb fagt bann: „Geben
Ge mir boeb lieber bar ^rawattl!"
Öerrltcbe Zelten.
5xlcin Gbith war auf ihrem Gpagiergange vor
einem Gchaufenffet fteben geblieben, in bem, wie
ihr ihr Fräulein ertlärte, ßh ar atter pupp en
aiirgcftcllt waren. 3u Äattfe angelangt erzählt
fie folgenber: „9D2utfi, ich habe heute puppen
gcfchen, er war aller aur Gharatter, nur bet
M'opf tvar aur QZorscllan!"
Ich hatt’ eine Muhme, da ich noch klein war,
Die war so schüchtern und sprach nicht viel;
Doch alles was zierlich, knifflich und fein war,
Das richtet’ sie mir zum Kinderspiel.
Gütig war sie und leise und fleißig,
Viele Worte machte sie nie:
Und nur mit ihrem zahmen Zeisig —
Hänschen hieß er — plauderte sie.
Sie saß bei der Lampe und schnitzte und
klebte,
Hantierte behutsam mit Faden und Bast;
Das Holzpferd sprang und das Püppchen lebte,
Wenn es die Muhme bloß angefaßt.
Ein Pferdesattel, ein oft geflickter,
Ward wieder wie neu so wunderschön -
Finger, die flinker und geschickter,
Hab’ ich mein Lebtag nicht mehr gesehn.
Und einmal—jetzt weiß ich’s, es ging schon
zu Ende,
Draußen im Garten lockte der Fink —
Und ihre guten müden Hände
Waren wie sonst nicht so sicher und flink;
Da hat sie dem kleinen Egoisten,
Der sich bittend nichts Böses gedacht,
Aus Garnspulen und Zigarrenkisten
Einen richtig rollenden Wagen gemacht.
Morgens starb sie; am Tag nach dem zahmen
Grünen Zeisig, der Hänschen hieß-
Als die Eltern vom Kirchhof kamen,
Rollte mein Wäglein über den Kies.
Ich ließ mir so manche Erfindung dienen
Und hab’ mich in manche Karosse gesetzt,
Doch Autobusse und Flugmaschinen
Haben mich nie, wie das Wäglein, ergötzt.
Und in all dem Erfindungsplunder,
Den ich mit reifenden Augen geschaut,
Blieb mir das größte technische Wunder —
Das Wäglein, das mir die Muhme gebaut.
Wie lang schon, daß sie hinaus getragen I
Auf ihre Züge besinn’ ich mich kaum —
Doch manchmal rollt noch ihr kleiner Wagen
Auf leichten Rädern durch meinen Traum.
Rudolt Presber.
No. 51