DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.47454#1162
Frauen-Akt habe ich früher gemalt,
Manchmal täglich zwei volle Stunden.
Alles Geld war umsonst bezahlt!
Längst nun hab’ ich herausgefunden:
Gegen den wahren Künstlerblick
Ist die Natur zu weit zurück!
Fehlerhaft scheint es mir und ab-
norm,
So ich die Frauen genauer betrachte,
Daß die Natur sie ganz uniform
Alle außen fleischfarbig machte.
Eintönig wirkt dieses fleischerne All
Wahre Kunst schafft von Fall zu Fall!
Das neue Weib.
(Betrachtungen eines Modernen.)
Maler, sähest du gerne einmal
Grüne Busen und blaue Beine?
Such’ dir Modelle im Malaktsaal,
Und ich wette: du findest keine!
Alle Frauen, die ich beschaut,
Ewig das Gleiche! Fleischerne Haut!
Und ihre Zöpfe! Blond, schwarz, rot!
Immer die gleiche Kopfbehaarung!
Knalliges Giftgrün täte uns not,
Wirkungsvoll leuchtend als Offen-
barung!
Doch die Natur klebt fest wie Harz
Immer am Schema: Blond, rot, schwarz.
Aber derSchmutz, derverbessertdaviel.
Wird ein Modell sich sechs Wochen
nicht waschen,
Muß das entstehende Farbenspiel
Schließlich dich selber überraschen.
Bald den Effekt gibt’s, den ich erheisch —
Schmutziges Fleisch ist höheres Fleisch!
Blauschwarz zeigt sich das Lippenpaar,
Grünlich glänzet das Bein und der Busen,
Violett verfilzt sich das Haar,
Dankend neigest du dich den Musen:
Heil! Der fleischerne Einton ist weg!
Es lebe das Neuweib! Es lebe der Dreck!
G. H.
Berliner JMalfcbule,
profeffor: Sic miiffen mehr arbeiten, fr’aulein KrauFe, angeFtrenqter, Sie haben auch gar kein Sitz-
fleifch-FozuFagen!
8
No. 22
■.■
Manchmal täglich zwei volle Stunden.
Alles Geld war umsonst bezahlt!
Längst nun hab’ ich herausgefunden:
Gegen den wahren Künstlerblick
Ist die Natur zu weit zurück!
Fehlerhaft scheint es mir und ab-
norm,
So ich die Frauen genauer betrachte,
Daß die Natur sie ganz uniform
Alle außen fleischfarbig machte.
Eintönig wirkt dieses fleischerne All
Wahre Kunst schafft von Fall zu Fall!
Das neue Weib.
(Betrachtungen eines Modernen.)
Maler, sähest du gerne einmal
Grüne Busen und blaue Beine?
Such’ dir Modelle im Malaktsaal,
Und ich wette: du findest keine!
Alle Frauen, die ich beschaut,
Ewig das Gleiche! Fleischerne Haut!
Und ihre Zöpfe! Blond, schwarz, rot!
Immer die gleiche Kopfbehaarung!
Knalliges Giftgrün täte uns not,
Wirkungsvoll leuchtend als Offen-
barung!
Doch die Natur klebt fest wie Harz
Immer am Schema: Blond, rot, schwarz.
Aber derSchmutz, derverbessertdaviel.
Wird ein Modell sich sechs Wochen
nicht waschen,
Muß das entstehende Farbenspiel
Schließlich dich selber überraschen.
Bald den Effekt gibt’s, den ich erheisch —
Schmutziges Fleisch ist höheres Fleisch!
Blauschwarz zeigt sich das Lippenpaar,
Grünlich glänzet das Bein und der Busen,
Violett verfilzt sich das Haar,
Dankend neigest du dich den Musen:
Heil! Der fleischerne Einton ist weg!
Es lebe das Neuweib! Es lebe der Dreck!
G. H.
Berliner JMalfcbule,
profeffor: Sic miiffen mehr arbeiten, fr’aulein KrauFe, angeFtrenqter, Sie haben auch gar kein Sitz-
fleifch-FozuFagen!
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