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Lustige Blätter: schönstes buntes Witzblatt Deutschlands — 29.1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.19917#0028
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Sag ©wett in 93evfrefuttg.

(fine ©efcbicbfe mit beglaubigtem Einfang unb ernpfeblenSmerter

Uortfefjung.

'“‘Pierre Coti, ^arifer Siebter unb 99cifglieb ber 9lfabemte,
iff ein meitgerciftcr 93cann. £lnb auf feinen oielbefcbriebenen Wahrten
bat er fiel) eine ffarfc ©ürfenfreunbfd)aft angereift. 933er aber bie
dürfen liebt, bafst bie fycinbe ber dürfen; unb fo fam e3, ba§ Ceti
eineö ©agc3 31m 'ffeber griff unb bie 93u(garen fürchterlich belcibigte.

©ie yyolgc mar ein ©uell. ©er bulgarifcbe £eufnanf ©orfom
fam eigene nach ^arid, um ben Coti 31t forberu. ©iefer nahm bie
Joerausforberung an, unb man mar allgemein gefpannt, ob ber
fransöfifebe ©id)fer ben bulgartfcbcn Offizier abfteeben mürbe, ober
umgefebrt.

©a ereignete fiel) cfma3 Clncrmarfefe^: Coti mürbe pilzlich
feebäig Sabre alt, unb erachtete cß in biefem Clltcr nicht mehr für
angemeffen, ba3 ©itclX perfönlid) au^ufeebfen. (fr ernannte mithin
einen Stellvertreter in ber ^erfon feinet ‘ffreitnbe^, be3 ScbrifP
ftellerö 93retffmat)cr. ©amit maren bie 93eteiligten einoerftanben,
unb ba3 ©uell follte am 9)confag ftattfinben.

Das arme Mädchen im

Schaufenster.

Ich war einst das schönste Mäd-
chen der Stadt

Und braucht’ ’s nicht zu ver-
schweigen;

Nicht jede darf was sie kann und
Wie ich, so ehrlich zeigen! [hat,

Der Schnürleib saß und das Hös-
chen so gut,

Und was da sonst zu erspähen,

War alles so rein wie Milch und
Blut —

Da hatte der Neid nichts zu
schmähen!

Und das Linnen so zart, und die
Spitzchen so fein,

Das Leibchen ohne Falten —

Nicht jedes Mädchen hält so rein
Und wird so rein gehalten.

Jetzt aber, pfui, dringt die Polizei
In meinen gläsernen Kerker
Und runzelt dieStirn undsagt,das
EinePikanterieindem Erker, [sei

Das störte da draußen den
munter’n Fluß

Des Publikums auf der Gasse,

Weil ich hinterm Glase zu viel
Dessous

Und anderes sehen lasse.

Es hätte schon manchen Jungen
verführt

Und verlockt zu sünd’gem Be-
gehre —

Und ältere Herren, vom Schlage
gerührt,

Seien hinderlich dem Verkehre.

Ich sei ein Erzeugnis verderbten
Geschmacks.

Und die gute Sitte erheische,

Daß man nicht neckisch zeige in
Wachs,

Was höchst erfreulich im Fleische.

Und weil die Lebenden, fett und
krumm,

Die Konkurrenz bemängeln,

Schmilzt man für’s nächste Jahr
mich um

Zu lauter Weihnachts-Engeln.

M. Sp.

9111cm an biefem 90?ontag batte ber bulgarifcbe Ceutnant
gerabe ©eburf^tag, unb ba man fiel) an feinem ©eburf^fag nicht gern
febiefif, fo bat er einen 9UffacI>e ber bulgarifcbcn ©efanbtfcbaft, für
ibn ba3 ©uell 3U übernehmen, ©er 9lffad)e mar natürlich mit
taufenb ffreuben basu bereit unb beftellfe feinen SXlubfreunb, ben
jungen Vicomte des Ombrelles 31t feinem 0telloertreter.

3nämifcben mar auch £oti’$ ©rfafjmann, ber @cl)riftfteller
93reitfmat>er, nicht müfiig gemefen: er batte fiel), ber 3abre^äeit
enffpreebenb, einen 9\beumafi£mu3 im 9Irm angefebafft unb muffe
baran benfett, einen (frfabmann 3U beffellcn. ©emsufolge marf er
ftd) in ein 91ufo, um irgenb einen befrevtnbefen 3ournaliffen 31t
biefem Ciebc^bienft 3« bemegen.

3l(lein bie ©Parifer 3ournaliffen batten um biefe 3eit feine
Seit, ba fie alle bamif befd)äftigt maren, ba$ neue 9D(inifterium 311
ffitrsen ober 31t ffütjen. flnb al3 93reiftmaper biefe 9Xot feinem
(foiffeur flagte, meinte biefer: id) fanit 3bnen helfen; mein erftcr ©c-
bilfe, Monsieur Pinceau, metf mit fo(d)eit ©tngen 93efcl)eib; er mirb
eoentuell gegen eine deine ©ntfebäbigung ba£ ©uell für Sie übernehmen.

Monsieur Pinceau erdärfe fid) gern hierzu bereif; er habe

3'oar febon einen ä()nlid)en 91uf-
trag 00m Vicomte des Om-
brelles angenommen, aber ba
hier bie ©bre 3mcier Staaten
auf bem Spiel ffänbe, fo gäbe e£

fein 3aubern.-

9lni 9Dconfag erfebien ber
^rifeurgebilfe Pinceau mit ber
übltd)en 93egleifung oon Sefun--
banfen unb 9h’3fen auf bem
&ampfpla(3. ©a bei folcber
^erfonaleinbeif ein rid)fige£
©uell teebnifd) unmöglich er-
febien, fo begnügte ficb ber ‘Jrifeur--
jüngling bamit, bie Scfunbanfen
unb 91r3fe ber 9\eibe nach 3U
rafieren. Qß mar ein3 ber
blutigften Scbaufpiele in ben
91nnalen ber ‘parifer 9Ö3affcn-
gänge.

©a3 ‘protofoll ffellte feft,
bafj nunmehr ber fitrfifeben mie
ber bulgarifd)cn ©bre oolle
Sati^faftion miberfabren märe,
unb Mr. Pinceau fd)üftelte fid)
3ur 93erfö()nung bie rechte Joanb.

m.

©ie Selßpf)Oittffin.

9Dceine f^reunbin iff oon 93e-

ruf ©elepbon*Fräulein.

3u ihrem ©eburt^fag münfebfe
fie fid) oon mir ein beftimmfeä
90Xärcbenbud), ba3 fie früher
einmal gelefen batte, beffen ©ifel
ihr aber entfallen mar.

„Sx’ommff bu bemt gar nicht
mehr auf ben 9?amen?" brängte
id). — Sie befamt ficb. —
31)r 91uge begann 3« blit3en.

„3a," rief fie, „jebf toeiü Wß
mieber. ©a£ 93ucb bie§: —
bie 9J?ärd)en auS 3 e b n-
nulPeiner 9Xacbtl“ h.

Gottfried von Bouillon.

Er [türmte vor Uerufalem zur Schlacht,
Zufammen brach der Mosleminen Macht;

Haff er mit „Amt Jerufalem“ gefprodien,
Er wäre [elbff dabei entzweigebrodien.

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No. 2
 
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