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© a $ © e m ü t
Son $an^3ood)im Jrfjr. t>. Iftetfcenffein
©3 mar in ber guten, alten geit, ba bie
Herren ©djojjröde in allerijanb fröf)licj)en
Farben unb gt)linberf)üte mit fdjmalen, geraten
Krempen trugen, bie ein -Dien»
fdjenalter au3f)ielten unb nod)
mel)t. ©ie ©amen aber führten
ftolg bie ^ßrad)t iljrer Sfrinolinen
au3 billigem ©arlatan {parieren.
Unb wenn ein luftiger SBinb
weljte, bann tändelten bie funft*
boll getreten tpangeloden unter
bem fleinen ?5'IorentinerX)ütc^ien,
unb bie Urinoline bläl)te unb f)ob
fid) unb geigte — of), rtidjt etma
ein göttlid) runbe3 93ein, fonbent
— mit bem fünften ©rröten jener
berflungenen ©age fei'3 geftan»
ben — bie meijjlinnenen SneEa
preffible3 mit felbftgeftidten San*
guetten, bie güdjtig unb flug bi3
faft auf bie ©d)üf)e f)inabreicf)ten.
©o unau3fpred)lid) inejpreffible
mar, ma3 fid) ba unberljofjlen
geigte, baff nid)t einmal ein Riegel
e§ gemagt f)aben mürbe, bon einer
ipofe gu fpred)en. ©3 mar gur
guten, alten geit, ba bie pteujjifdje
©parfamfeit nod) eine ©igenfdjaft
ftatt eine3 ©d)lagmort3 mar.
gur geit mar e3, ba ba3 g-räu»
lein ©Ijarlotte bon 23arbeleben unb
ber §err 9ßremier*Seutnant bon
Siebermann bie 23rautbefud)e be*
enbet Ratten unb in ber Stemife
bie ©taat3talefd)e mieber mit ber
meinen 9ßlane bedangt mürbe;
ba ba3 gingerfpißenglüd ber erften
2öod)en nad)Iiejj gu pridelrt, unb
bie Siebe fid) anfd)idte, ifjre 23afi3
in gemäd)Iid)e SSreite gu rüden.
©a3 Fräulein bon 23arbeleben
mar nid)t meljr gang jung, aber
fie mar feljr fd)ön. Unb fie Ijatte
biete ®örbe au3geteilt; benn fie
mar feljr mobern. ©o mobern
mar fie, baff fie nur einen ©atten
fjaben mollte, ber audj mitflidj
unb mal)rl)aftig ben f)of)en
©djmang bon ©emüt befajj, ben
bie bamalige SDtobe berlangte.
Unb ber §err Premier < Seut-
nant bon Siebermann fjatte ©e*
müt. ©a3 mar fie gewifj.
2113 eine3 ©age3 ber 33räut;gam
gur Sßeffmtftunbe fid) einftellte,
rod) ba3 §au3 nadj gliebertee.
©ie 23raut fajj in ber ©de be3
©ofa3 unb t)atte bie güfje in
marme ©eden cingefdjlagen. ©ie
berfud)te fid) aitfgurid)ten, fanf
aber mieber gurüd, mobei fie einen
gierlid)en, fleinen ©d)mergen3*
fd)rei au3ftiefj.
„Sötte f)at ba3 Steifjen," belehr*
te bie SBittfrau bon Sarbeleben.
„Dl) Sola, id) leibe namenlo3,"
feufgte ber Bräutigam.
Unb Sötte quittierte, mie e3 fidj
fdjidte. ©ie betupfte mit ber ©de
be3 gufammcngefalteten, großen
©f3i|entafd)entud)e3 bie 2lugen
unb blidte banfbar gu iljm auf. —
21ber ba3 Seiten be3 23rau-

©ie banb einen frifd)en IMIberbarm um ba3
fd)mergen3reid)e Sörautbein, murmelte einen
Ijeilfräftigen ©fmudj bagu unb befam fünf gute
©rofdjen bafür. 21ber felbft ba3 fjalf nid)t.
©a meinte ber Bräutigam, baff e3 an iljm märe,
in ber 2Inge!egenf)eit ba3 ©ntfdjeibenbe gu tun.
21m näd)ften ©age erfdjien er
mit einem fleinen Ißäddjen. ©ie
23raut mar allein im gimmer.
„Sola," fagte er feierlid), inbem
er ben knoten löfte, „id) trenne
midj nur fcfjwer babon, aber bein
Seiten fdjneibet mir in3 tgerg."
9Jlitguüerfid)t unb Stützung fut)r
er fort: „Ijpalte fie in ©l)ren, Sola;
fd)on mein SSater unb ©rojjoaier
l)aben fie getragen, ©rage aud)
bu fie gur fidqeren ©enefung."
Unb bamit rcidqte er iljr ein 9ßaar
alte, berbe, l)irfd)Ieberne Unter*
l)ofen. —
©a3 Fräulein bon 23arbelebcn
tat nur einen furgen 23Iid auf ba3
©efdjenf unb einen langen auf
iljren 23räutigam, bann lief; fie
iljn fteljen unb raufd)te l)inau3.
©ie Sßitfrau bon 23atbeleben
mar nid)t gu igau3. ©ie befanb
fid) auf einer ©tippoifite. @o mar
benn niemanb ba, ber ben unfjeil*
baren Stifj tjätte ftopfen fönnen.
©enn ba3 fdjöne fjjrüulein bon
Sarbeleben f)atte fid) in iljrer
Kammer eingcfdjloffen unb mollte
bon nid)t3 fjören.
^cpffdjüttelub ging ber £err
lßremier*Seutnant bon bannen.
Unb e3 bauerte fel)r lange, unb er
muffte erft über feine gange Siebe
fjtnwegfommen, efje er begriff, baff
in einem äftf)etifd)en tjjaufe ein
Sdtenfd) nid)t roeniger, aber bei»
leibe aud) nid)t meljr ©emüt Ijaben
burfte, al3 ber gute ©on bor»
fdjrieb.
©efdjüfföfreurtbe
„©inb ©ie aud) Wtrflidj mein
g-reunb ?"
„2IIlemaI. ©elbftberftänblid)."
„91a, nefjmen mir mal an,
©ie gel)en fd)iefe SBege, unb
gljnen fallen babei gmeitaufenb
9Jlärfer in bie Ringer, geben
©ie mir babon einen ab?"
„21ugenblidlid)."
„Unb menn©ie irgenbmo gmei
edjte ©epfndje ermifdjen?"
„©Ijrenmort, einen Wegen
©ie."
„©ann natürlid) ebenfo bei
gmei ißelgen?"
„91ein, ba3 ift etma3 anbre3;
in bem galle bemalte id) beibe
für midj."
„21ber menn ©ie mir bon
allem bie £>älfte fd)enfen, me3»
fjalb mad)en ©ie benn ba eine
Hu3naf)me?"
„ga, ba iftaudjeinltnterfdjieb:
bie gmei tpdge l)ab’ id) bereits
geftoljlen." x.

tigam3 mollte ba3 Steißen ber 23raut nid)t
ltnbern. ©o griff man gu bewährteren Mitteln.
Strötenö! marb eingerieben, Slartoffelaufjdjläge
würben gemacht, ©er gelbfcber farn gum 21betla^.
Unb enblid) Jjolte man gar bie weife 2Bitme
SSirguowen, bte auf ber tpirjd)Iadje wohnte.


hälfet
„©Btffen ©te, toarunt td) - unter t>er CRepubltf - meine Drt)en frage?"
„^etn. 3dj tjabc fdjon ntrfjf getnupf, toarum 6te jTe unter ber
^gonard?tc befomtncn fjaben."

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No. 48
 
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