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Lehmann, Alfred
Das Bildnis bei den altdeutschen Meistern bis auf Dürer — Leipzig: Verlag von Karl W. Hiersemann, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.51438#0108
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burger Privatbesitz, und eine Auferstehung Christi im Museum
zu Sigmaringen, No. 18.*)
Der Kalvarienberg, ein in Anordnung, Zeichnung und Farben-
gebung gleich hervorragendes Werk, mag etwa in den siebziger Jahren
des 15. Jahrhunderts entstanden sein. Gleichwie in den Stichen des
Meisters, scheinen sich auch in ihm Anregungen von verschiedenen Seiten
her gekreuzt zu haben. (Meister E. S„ Schongauer, H. Holbein d. Ä.
u. a.) Die Köpfe sind edel und lebendig, kaum die der Schergen
grimassiert. Porträts vermag ich in ihnen nicht zu erkennen, äusser in
denen des unbekannten Stifterpaares, das in sorgfältiger Ausführung und
feiner Individualisierung und Charakterisierung, nur wenig kleiner als die
übrigen Personen der Handlung, kniend und wie an dem Vorgänge
beteiligt, dargestellt ist und weder anmasslich hervortritt noch in der
Fülle der andern Figuren verschwindet.
Der Auferstehung in Sigmaringen und den in Freiburger
Privatbesitz befindlichen Gemälden ist keine Stifterfigur beigegeben
worden, dagegen ein vortreffliches Donatorenbildnis einem anderen Werk,
das auf Grund der Stilvergleichung mit dem Kalvarienberg als ein früheres
Bild demselben Meister zuzusprechen sein dürfte. Es ist dies ein Kru-
zifixus mit Maria und Johannes in Darmstadt, No. 175, dort „nieder-
rheinisch mit flandrischem Einfluss“ genannt. Der Stifter, in geistlicher
Tracht, ein wenig kleiner als die grossen schwungvollen Gestalten der
Maria und des Johannes, hält kniend den Kreuzesstamm umschlungen.
Ueber ihm ein Spruchband: sum quem genuisti ora pro me.
Auch in einer Anzahl anderer Gemälde lassen sich gewisse Eigen-
arten des Meisters verfolgen, doch sind jene unter sich zu verschieden
und meist auch künstlerisch weniger bedeutend, als dass ich sie
anders als Richtung oder Schule bezeichnen möchte. Zu diesem
Kreise gehört ein grosser Altar in der Darmstädter Galerie,
No. 211 bis 215, vermutlich aus Seeligstadt stammend. Er be-
steht aus vier Tafeln mit dem Marienleben und den überlebensgrossen
Bildnissen der Apostel Paulus und Petrus, die in ihrer Auffassung
einem würdigen Dorfältestenpaare gleichen. Die Gesichter auf dem
Marienleben sind höchst individuell, aber schwerlich Porträts, jedenfalls
nicht von Personen jener Kreise, in denen man die Stifter vermuten
*) Lehrs, Jahrbuch der Preussischen Kunstsammlungen. 20. Band. 1899.
S. 173 ff.
 
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