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MARTIN SCHONGAUER

357

Waagen rechnet die Folge zu den reifsten Arbeiten Schongauers, und v. Wurzbach
folgt ihm darin. Auch Scheibler betrachtet sie als die allerspätesten Blätterl und bemerkt,
daß sie, wie der Augustinus, Laurentius und Stephanus eine ganz reine Kreuzschraffierung,
d. h. eine durch zwei Gruppen vollkommen gerader, gleichlaufender Linien hervorge-
brachte Schraffierung zeigen, während die übrigen Blätter, je früher, desto mehr, von
dieser regelmäßigen Weise abweichen, indem sie, im Gegensatz zu jener streng
stecherischen Art, mehr zeichnerisch frei behandelt sind, oft mit Anwendung von
Häkchen und dergleichen. — v. Seidlitz zählt die Folge ebenfalls zu den spätesten
Arbeiten und läßt sie auf die der klugen und törichten Jungfrauen folgen. Wendland
setzt sie in die vierte Periode unmittelbar hinter die Evangelistensymbole Nr. 72—75,
deren Eigenart sie stilistisch fortsetze. Daß dabei der Marrhaeus-Engel dem Wappenhalter
auf Nr. 95 gegenseitig als Vorlage gedient habe, scheint mir eine etwas gewagte Be-
hauptung. Ich würde stilistisch den Wappenengel und damit die ganze Folge früher
ansetzen als die Evangelistenzeichen, die klarer und einfacher behandelt sind, auch im
Faltenwurf. Mit Recht hebt Wendland die schöne und wohlbedachte Einfügung der
Figuren in die Runde hervor, besonders bei Nr. 95, 103 und 104.

GERÄTE

105 EIN BISCHOFSTAB

Der nur in seinem oberen Teil sichtbare vielseitige Schaft ist über Taf. 143 Nr. 388
dem zehnseitigen Knauf von Nischen umgeben, unter deren fialen-
gezierten Spitzbögen dreiFigürchen: S.Margaretha mit dem Drachen, ein
König mit Szepter und Reichsapfel und S. Barbara mit dem Kelch auf
Konsolen stehen. Darüber erhebt sich die mit sieben Krabben besetzte,
nach links gebogene Krümme, in deren Rund die Madonna mit Krone
und Mantel auf breitem Thron zwischen zwei Engeln mit Laute und
Orgel sitzt. Sie hält mit beiden Händen das nackt auf ihrem Schoß '
stehende segnende Jesuskind. Die hohe Rücklehne des Thrones, deren
drei Kreuzblumen die Krümme oben teils durchbrechen, teils
überragen, ist zu beiden Seiten der großen Krabben des Spitzbogens
von vier nackten Männern belebt. Zu Füßen der heiligen Jungfrau ein
kleiner leerer "Wappenschild. Unten am Schaft das ungewöhnlich kleine
Monogramm **».

274:127 mm. Bl.

1 Sechste Stufe (reine Kreuzschraffierung.)
 
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