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Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus <Berlin> [Hrsg.]
Sammlung von Gemälden alter Meister des 15. bis 18. Jahrhunderts: ausschließlich aus dem Besitze des Herrn Professor Dr. Wedewer, Wiesbaden (1507 Band 1): Versteigerung: 17. März 1908 — Berlin, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.16468#0005
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er die nun zum Verkauf gestellte Galerie Wedewer durchwandert, wird un-
willkürlich Halt machen vor Tafelbildern des 15. Jahrhunderts, die eine so
unbekannte und dabei so frappierende Physiognomie zeigen, daß es sich
wohl der Mühe lohnt, sie näher zu betrachten. Niederländische Farbe und
italienische Form sind hier eine seltsame Kreuzung eingegangen, eine
Kreuzung, bei der doch viel Bodenständiges geblieben ist und die man
ohne weiteres versteht, sobald erst der Hinweis auf Spanien gegeben wird.
Ja, Namen wie Juan Sanchez de Castro, Antonio del Rincon usw. verdichten
sich vor diesen Altarstücken zu festen Begriffen, und man ist dankbar,
einmal Meistern vorgestellt zu werden, die mit zu den seltensten Gästen
auf dem deutschen Kunstmarkt gehören. Wie wunderbar mögen diese Retablos in
ihrer Umgebung, in dem Halbdunkel gotischer Kirchen mit ihren gleißenden, gold-
reliefierten Ornamenten, einem Erbteil von den Vivarini und Crivelli her, gewirkt haben,
stark in der Pracht ihrer flandrischen Farbe, beinah herb in dem bewegten, männlichen
Typ und süß in jener leisen Liniensprache der Madonnen, die wir erst bei Murillo
zu hören gewohnt sind. Möchte diesen eigenartigen Kunstwerken ein dauerndes Heim
in deutschen Sammlungen beschieden sein. —

Aber nicht nur spanische Kunst des 15., sondern auch niederländische Kunst
des 16. und 17. Jahrhunderts ist in allen Vorwürfen malerischer Betätigung gut ver-
treten. Der Antwerpener Flügelaltar um 1530 von einem jener namenlosen Meister,
die gemeinhin unter dem Namen „Bles" gefaßt werden, leitet zu ähnlich-formatigen
Stücken religiösen Inhalts von Heemskerk, Veen, Marten de Vos über, und aus dieser
Gruppe tritt vor allem die reich bewegte und farbenschöne Kreuzschleppung des
jüngeren Peter Brueghel hervor, der ja immer außer der heiligen Geschichte dem
Beschauer noch ein Privatissimum über die Kultur seiner Zeit liest. In Pateniers
reizender „Ruhe auf der Flucht'' mit seinen grünen Fernen und dem reichen Detail
findet man die flämische Landschaft vertreten, die sich dann in guten Exemplaren mit
Michau, Bril u. a. fortsetzt, bis sie ihren Höhepunkt in Lucas van Uden erreicht.
Von den vielen Stilleben-, Genre- und Architekturstücken greife ich nur die zwei
glänzenden Allegorien „Krieg und Frieden" des Jan Brueghel und das seltene Kirchen-
interieur heraus, das die Meistersignaturen eines Pieter Neefs und David Teniers trägt.
Das flämische Porträt ist durch die große Familiengruppe eines bedeutenden Rubens-
schülers stattlich repräsentiert.
 
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