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Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus <Berlin> [Hrsg.]
Katalog / Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus, Berlin: Katalog von Gemälden alter Meister: nachgelassene Sammlung Sir Charles Turner London ; Versteigerung: 17. November 1908 — Berlin, Nr. 1528.[1908]

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https://doi.org/10.11588/diglit.19437#0008
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und der gleichzeitig mit Memling in Brügge arbeitete. Die dem grossen
Holländer Geertgen tot St. Jans zugeschriebene merkwürdige Komposition
ist kunstgeschichtlich von ebenso erheblicher Bedeutung wie das aus der
Zeit um 1520 stammende Triptychon mit der Beweinung Christi, das
unter dem Namen „Herri met de Bles" verzeichnet werden musste. Die
Forschung hat die grosse Gruppe, zu der dieses Werk gehört, noch nicht
richtig geordnet, so dass nichts übrig bleibt, als den Verlegenheitsnamen
beizubehalten. Dem verständigen Kunstfreund wird die Qualität wichtiger
sein als der Name. Und es gibt wenige so feine Schöpfungen dieser Stilart.

Zur deutschen Malkunst der kurzen Blütezeit gehören das schöne
Doppelporträt von der Hand des älteren B. Bruyn, des Hauptmeisters
zu Köln, und das Bildnispaar, das durch die Meistersignatur als Schöpfung
des vortrefflichen Dürer-Schülers Hans von Kulmbach beglaubigt ist.

Die Vlamen des 17. Jahrhunderts sind spärlich vertreten. Das unge-
wöhnlich gute Bildnis von Cornelis Janssens und unter den Teniers-
Bildern der schlafende Bauer, ein frühes Meisterwerk, noch in der Art
Adriaan Brouwers, werden nicht übersehen werden. Sehr reich entfaltet
sich die Malerei der Holländer des 17. Jahrhunderts. Von Rembrandt
zwei kleinere Stücke. Dann die Landschaftsmaler, sowohl die Meister
der südlichen Landschaft, Berchem, Both und Moucheron, wie die Maler
der heimischen Erde, Jacob van Ruisdael, Aart van der Neer und vor allen
Jan van Goijen, der in überraschender Fülle mit sechs Werken erscheint.
Von der interessanten Entwickelung van Goijens können wir eine Vor-
stellung gewinnen, da mehrere dieser Landschaften neben der Meister-
signatur ein Datum aufweisen. Den Preis verdient wohl die unter Nr. 24
verzeichnete Landschaft mit Gewitterstimmung. In langer Reihe ziehen
die holländischen Genremaler vorbei: Jan Steen, Adriaan Ostade, Bega,
Dusart, Ochtervelt, der ältere Frans Mieris, Schalcken und Slingeland.

Fast alles Gute, was die deutschen Museen und Privatgalerien in den
letzten Jahrzehnten gewinnen konnten, kam aus britischem Privatbesitz:
eine bequemere Gelegenheit, auf einer deutschen Versteigerung aus dieser
ergiebigen Quelle zu schöpfen, hat sich kaum jemals geboten.
 
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