Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus <Berlin> [Hrsg.]
Nachlass Wilhelm Trübner: Versteigerung (Nr. 1806b): Eigene Gemälde, Arbeiten seiner Gattin Alice, Werke aus dem Freundeskreise: Versteigerung: Dienstag, den 4. Juni 1918 — Berlin, 1918

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16994#0010
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Auf Grund der hier zur Versteigerung gelangenden Arbeiten
Wilhelm Trübners ließe sich eine ausführliche Würdigung seines
künstlerischen Werdens schreiben. Man könnte an den Arbeiten
aus der ersten Hälfte der siebziger jähre, die hier mit der vor-
nehmen, in der diskreten farbigen Haltung an Velasquez gemahnenden
„Dame im Sessel" des Jahres 1876 einen Gipfel erreichen, die
Beziehungen Trübners zu Leibi, die Anregungen mehr äußerlicher
Art durch Italien und die Einflüsse altniederländischer Gemälde
auf die Lichtbehandlung nachweisen. In den Gemälden, die
der am Anfang der zwanziger jähre stehende Künstler im Sinne
Leibis schuf, hat er eine so überlegene Sicherheit und erstaunlich
abgeklärte Meisterschaft erlangt, daß darüber hinaus kaum eine
Steigerung möglich war. Hätte er sich damit benügt, fortan mit
schmiegsamem Pinsel flockig und fließend seine Gebilde zu malen,
die in gedämpften grauen, braunen, grünen Tönen gehalten sind,
hätte er weiter seine ruhevollen durchseelten Bildnisse geschaffen —
so würde man ihn auch dann als einen der besten deutschen Maler
verehren müssen. Trübner fing von vorn an. Auf die Zeit der frühen
Meisterschaft folgt erst jetzt eine Periode, die äußerlich nach „Sturm
und Drang" aussieht. Es entstehen von der Mitte der siebziger
Jahre an jene bunten und kräftigen Kompositionen, die erregte
religiöse Szenen, kämpfende Zentauren, Giganten- und Amazonen-
schlachten darstellen. Man hat diesen plötzlichen Umschwung auf
literarische Anregungen zurückführen wollen. Eine Konzession an
den Geschmack des damaligen Publikums, das an Geschichtsmaierei
Gefallen fand, sind diese Werke jedenfalls nicht. Trübner bedurfte
jener wildbewegten, von Leidenschaft erfüllten Vorgänge, um sich
von der stillen Feinmalerei frei zu malen. Wie wenig diese Motive
seiner Art lagen, zeigen manche eckige und unbeholfene nackte
Idealgestalten. Es wäre dem großen Könner ein leichtes gewesen,
die Akte schnellfertig und blendend in der landläufigen Manier
herunterzumalen. Umso bewundernder blickt man auf das
ehrliche Ringen des mannhaften Künstlers, der auf seinem
eigensten Gebiet von Anfang an über souveränes Können verfügt
und der sich jetzt mit großen Kompositionen, mit grellen Farben-
klängen auf seine Art abquält. Neben ein paar steifen und leeren
Bildern gelingen ihm auch auf diesem Gebiete so eindrucksvolle
Schöpfungen wie die „wilde Jagd." Diese Garbe durcheinander-
wirbelnder Menschenleiber und Pferde, die, von Nachtvögeln um-
flattert und von Hunden umheult, vor bewölktem Himmel diagonal
durch den Bildraum hindurchschießt, ist als Vision ebenso gut wie
als Malerei. Den Zusammenhang mit der frühen Zeit verlor Trübner
in den Jahren des Suchens und erbitterten Ringens nicht völlig.
Bildnisse stellen die Verbindung her. Sie weichen freilich von Jahr
 
Annotationen