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Die Leuchtkugel: Kriegs-Lager-Zeitung — 1.1918

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Heft 5 ( Beverloo,April 1918 1. Decade)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22628#0044
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Briefe aller Deverloser.

Lieber Dürre. Ende MLrz 1918.

Abends 10 Nhr. Dic Kameraden, die mit niir eine vällig
Tahle Ltube drei Tage lang teilten, sind soeben nach vorn
gezogen, zur Bereitstellung in die Sturmausgangsstellnng.

'Cs ist der Borabend des Tages, der Weltgeschichte machen
soll. Mich hat cin besrndercs Kommando gelrossen. mar-
schiere erst morgen früh ab. Bei Selt nnd Rotwein haben
wir den Al-end festlich begangen, ans den Hänse-rn rnigs
herum schallt Singcn nnd Hurra-Nufe, alles ist oom Erselge
überzengt nnd die Stim.mung steht der der Angnsttage 1914
nichts nach. Im Torfe liegen 30 600 Mann. Tas -chmmer
unserer Baraclen nnd Brdannanzen, cine wüste Bndc mit
dreckiaer Holztvolle bat schon die jeht einrückende Reserve-
Division m.it Beschlag belegt. Zwölf Mann wollen Unter-
kunft sindcn, sür cine Nacht -nur, denn beim Morgengrauen
rücken sie schon ab, um sich hinter unserem Abschnitt bereit zn
stellen. Porgestcrn und gestern Rcgen! Tie Strasien, cin
fußtieser Schwmm, dic Autos bespritzen feden, der sich, trotz
strcngcn Berbotcs aus dum Straßen zcigt. Einigc -c ranaten
schweren Kalibcrs, Flieaerhomben sorgen für Bermehrung
der Aufregung. Ebcn empfing noch jedcr Dffizier eine Pulle
Kognak und eine Pull-e Notwein, die Mannschaften dieselben
Quantitäten. Holz zum stzeuernnmachen ist nicht aufzutrei-
ben, die meistcn Truppen sind ausgebrannt, die Boden durch-
weg nicht benutzbar. Seit drei Tagen heute wieder die ersten
Zigarren nnd Zigaretten aufgetrieben, dazu jetzt die Pulle
Rotwein, d-er Leste Genosse sür diese Nacht, in der an Schlafen
doch nicht zu denken ist, jetzt wcgen der andauernden srlieger-
bomben nnd morgen früh wegen unseres Feuers. Wird das
rin Trommeln werden! Jm Div.-Abschnitt, fünfmal so viel
Battericn wie drüben der Engländer hat, nach dem Stande
der Fliegerbilder von gestern. Wie haben wir diese Flieger-
bilder studiert, stundenlang mit der Lupe drübergebeugt, bis
wir unseren Weg bis ins einzclne kannten. Wie haben wir
die Vnterstände 'in den Graben gesucht, die Stüvpunkte nach
Schußfeld und Anzahl ihrer M.-G. durchsucht, jeden Trampel-
weg versolgt, bis wir das Gelände kannten, als wären wir cs
oft'gegangen. Wir sind vor jeder Ueberraschung sicher. Ich
glanbe kaum, daß je so ins einzelne gehende-Poröereitunacn
für eine Dffensive getroffen sind, und das Trommelfeuer
inorgen früh wird das stärkste dieses Krieges sein. Was in
diesem Dorf hcrum wimmelt ist ganz unglaublich, trotzd<un
es den einauartierten Mannschafteh streng verboten ist, ihrc
Quartiere zu vcrlassen. Hätte der Gegner eine Ahnung, wie
vollgepsropst wir hier sitzen, er' würde uns schön zudecken.
Schade, daß ich über so manches schweigen muß, es würde
Dir zeigen, wie sicher man oben vom Erfolg überzcugt ist.
Sogar die Fcsselballons sind gesüllt heute abend vorgezogen!
Der Kcfser ist auch auf dem Wagen, mein Rucksack aepackt,
genau wie Herbst 1914. Qb hier die Stelle ist, die den Be-
'wegunaskrieg schaffen soll, mitten durch die von uns so gründ-
lich zerstörte (Legend unseres Somme-Rückzuges? -Jch glaube
kaum. An wieviel Stellen wird morgen anacariffen! Don-
nerwetter, ganz in der Nähe ein dicker Einschlag, und kcin
Heldenkeller, na, diese Zicken werden wir ihm auch bald aus-
weiben! So, nun will ich wcitcrlesen, „Meine Diplomatcn-
fahrt ins verschlossene Land" von Dr. v. Hentig. Ein tadelloses
Buch. Kennst Du es? Sonst gebts mir gut. Hofse es auch
von Dir und den lieben Kameraden. Grüße sie alle. Dir
bestherzlichen Grüße Dein Fritz D u ck m a n n.

Arma kwackküpfel an ihren Hemr!ch.

Geliebter Heinrich!

Stiebel mußt sterben bist uoch so jung jung jung. Tieses
traurige Lied teile ich dir mit, indem dasselbe auf meinen
Zustand paßt bloß statt Stiebel muß es Anna heißen, welches
der Tichter nicht gewußt hat. Denn ich habe deinen geehrten
Brief empfangen und schreibe ich dir, daß ich denselben in gram-
durchfurchtem Zustande gelesen habe. Tenn dieses habe ich
nicht erwartet, daß du solchen Ton anschlägst gegen mir. Und
teile ich dir mit, daß mir kein Essen und Trinken schmcckt
sondern sehne ich mir bloß nach Morrfium und sone Sachen.
Auch schlottern mir alle Kleidcr am Körper indem ich infolge
von der Ausregung ein Psund abgenommen habe und wiege

bloß noch 185. Wodurch ich nun wohl bald iin Grab g-eseugt
werde zwischen Noß und illoßmarien. Diescs wcrde icy dir
zcigcn, wenn du kommst, abcr dann ist es zu spät.

Geliebter Hcinrich! Tenn idieses ist kein schöncr Zug von
dir, daß du mir die Ehre abschneidcst und denkst ich wi'll dir
wehrlos machen indeni ich cin habsüchtiges Mädchen bin und
will kcin Geld rausrückcn. Sowas bild-e dir man nicht cin,
deuu so einc bin ich incht uud lasse die Armeh im Stich, wenn
dieselbe Wasscu braucht uud Moutuhrcn. Geliebter Heinrich!
Ta müßtest du mir doch lennen.

Uud tc-ile ich dir mit, daß alles bloß ein Miswerständnis
ist. Dasselbe ist iufolge vcn dem ollen Kwatschkopp gekom-
meu, welcher im vaterländisch-en Vortrag neben mir g-escsscn
hat und hat gesprochcn ich vcrlängere dcn Kricg, wenn ich
zeichne. Tenselben wcrdc ich schon noch mal wiedcrbcgegnen
im Lebcn uud werde ich densrlbcn alsdaun aufklären 'über
Kricgsanleihe zeichuen, aber daß die Lappcn fliegen, duucs
wirst du sehn. ' Dcnn dieses hat mi'r derselbe ver'chwiegen,
was wird, wenn ich uicht zcichnc. Aber nun ist mir allcs
klar und kann ich mir schou denken, wic es bei uns jetzt aus-
sehn würdc, weun dcr Staat kein Geld gekricht hätte bei d-ui
vorigcn Kriegsanleihen. Da wäre die Angtangte schön in
unser Batcrland reingebrochen und hätie alles ku'rz und klein
getrampelt. So ciue olle gnictschige Bande wic dic sind und
gönuen einem nicht die Nuhe.

Geliebter Heiurich! Da will ich man gans stille sein
von weg-en daß cs mit die Kohlen hapcrt und daß ich Holz-
pantienen anziehen muß, wenn ich Sountags ausgche. Tic-
ses siud nur Baggertellen, wenn ich dadran denke, wic es
werden würde, wenn du dir keine Pattronen mehr kausen
kannst und Mörrser. Wodurch ich mir sofort nach Empfang
von dein wertes Schreiben in mein Schakett gestürzt hab'c
und habe auf unser Postamt 500 Mark Kriegsanleihe für dir
g.ezeichnet.

Geliebter Heinrich! Denn ich habe mir gcsagt 500 Mark
sind ein schönes Stück Geld, womit ein sparsamer Mensch
auskommen kann bis zum Frieden. Ilnd denkc du man nicbt
gleich wieder schlechtW von mir. indem ich die andcren
500 Mark in meine Tasche behalte. Dieses ist keine Selbü-
süchtigkeit von mir mein Schatz, sondern zu deincm Bestcn,
welches auch das Stubenmädckxm von die neucn Mietcr im
dritten Stock gesagt hat. Ticses dürfcn wir nicht riskieren
und stecken unser ganzes Geld in sone unsichern Börrsenman-
nöwer rein und nachher wenn wir im Ehestand trct"n wollen
dann sitzen wir da und haben nichts bares in der Hand son-
dern bloß Kriegsanleihepapier. Nun weißt du, datz ich
einc gutc Hausfrau bin und denke an alle's. Denn icb babe
dir das Qpser gebracht und 500 Mark für dcincn Kriegs-
bedarf gezeichnet und die andere Hälfte bleibt sür wenn dn
nachbause kommst un-d aründcst eine Familie mit dcin
Mädchen.

Wodurch du nun wohl eine andere Meinung von mir
enipfangen wirst und sagsl mir nicgi n ebr ji.ne .. a -. n g
ich die Armch ini Stich lasse. Denn dieses wäre mein Tod,
was ich auch von dir hoffe. Achtungsvoll

deine A n n a.

Lichtspielhaus

Am DonnerZlap, 4. uud Ireckoo, 5. Apri! 1S13

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Schrittleitung: Qberlt. Dürre uud Lcnlnant Reichardt, beide I. E. T. Beverloo, Baracke (1.18. Künstlerische Atitarbeiter:
Unteroff. Müller-Mannhardt, Düsseldorf-Hilden und Max Jriese. Druck: „Belgijcher Kurier", Brüsset, Cornet de Grez-str. 1.
 
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