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Rebungsmarsch M Zeverloo.

Gedanken von Otto Brües.

Hinter der Kompagnic liegt, im Lauö seiner Parkanlagen
vcrsteckt, das Truppenlager; kaum einer sieht üch danach um,
wie die kleinen, sanbcren Stcinhäuscheir znsammenrücken,
kleiner werden nnd vcrschwinden. Der leise Nebelhauch des
Sommermorgens läßt die leuchtendcn Fluren noch nicht hcr-
vor, verhüllt auch das Dorf vor uns ein meuig und zögert,.
wegzugehen, aus daß die Wnnder der ansgchendeu Sonne uns
nicht'zn früh überraschen. Der Schall des Kcarschtritts, den
der Sandweg verschlnngen hatte, wird loieder wach anf dem
Steinpflastcr am Dorfcingang, zugleich wirbelt ein Lied auf
nnd weckt die schlafenden Belgier, keincr aber erscheint an den
Fenstcrn und Türen: die deutschen Soldaien sind, wie stets,
zuerst aufZestanden.

Wie hell unser Lied klingt! Giebel nnd Wände halten's
fcst, lassen's lnstig widerhallen. Jeder fühlt: dies Lied, jcde
Strophe, an dieser Stelle gesnngen, wird hier in Feindesland
von sekbst ein klingender Zeuge deutschen Soldatengeistes.
Von vier bcsonders eigenartigen Punkten läßt sich das Leben
des Soldaten überschauen, und alle vier sind in die kurzen
Verse gebaunt, die — jeder kennt sie — wir jetzt singen: der
Rekrut, der Soldat und sein Mädel, der Soldat im Krieg,
der Reservist.

„Musketier seins lustge Brüder,

Haben's frohen Mnt,

Siugen's kautcr lustge Lieder,

Sein's den Madeln gut." > ,

Das ist eine Lyrik, die geht ohne Umstände keck auf ihr
Ziel los nnd sagt iu vier Zeilen alles.

Spiegelblank sind nnsre Waffen,

Schwarz das Lederzeug —

Können wir znfrieden schlafen,

Sind tzoir Kaisers Leut."

Da steht er schon vor nns, Kamerad Pufteback aus Apfel-
blüh am Gänsewasser, mit seinen siegessicheren, lacht,nden
Augen, der unwiderstehlich ist und in zesegneteren Zeiten
manche Speisekammer kennen lernte.

„Unser Hanptmann steigt zn Pserde,

Zieht mit nns ins Fcld,

Siegreich woll'n wir Frankreich schlagen,

Sterben als cin tapfrer Hcld."

Hier bricht ans dem Volkslied lvie e:ne Goldider .ein
innerer Spannnngsbogen anf, nnd in n.ner wunderbaren
Prägung ist Kriegslust und -leid gepackt — cine Fülle von
Kraft und Klarheit, Siegeswillen und Lebensgcist'. wcr seiuem
Frennd einen Band Liliencronscher Gcdichte schenkt, sollte
dies Lied hineinschreiben; was dann den Pedanten verwM-
dern würde, erfaßte der Schauende als eine goldene Formel
für Meister Detlov's jnbelndes Schaffen. ,

„Haben wir zwei Jahr gedienet,

Jst die Kriegszeit ans,

Dann schickt uns der. Hauptmann wiedcr
Ohne Geld nach Haus."

Wieder bricht die Linie in dem Lwd nm mit einem lchft«
lichen Lachen. Warnm ich so lange veriveile bei dcm Lieo?
Es denkt einer manchcs dabei, wenn er Ohren nm sich weiß,
die dicsen Sang uicht gerne hören, Blickc fühlt, die nns nicht
gern begegnen. Dann hat man umso mehr der Licder achh-
die man singt, nnd gewinnt sie, Trutzworte, doppelt lieb.

Wie das in den Bäumen wirbelt nnd eauscht! Morgan-
wind wünscht ihnen einen schönen guten Tag, anch den Heckett
ringsum, den Wiesen und Wäldern, auch den Dünen fexn,
die — schmale gelbe Bänder, den Horizont strcifen. Ei«
Graben zur Seite umzieht einen alten Herrcnsttz. Dic werße
Stirnseite des Gebäudes steht in cinem selisamen Gegensatz'
zu dem Grau-Schwarz dcr Fichten, die sie umrahmen. Aus
den Weiden und Wiesen fchanen ein Paar spitze Giebcl Vor--
witzig wie Stupsnäschen hervor, und ein paar schmalc Wind-
mühlenflügel, rechts hinter dem Hügclrand, wiröeln, schat--
tengrau, wie ein Spielzeug hernm. Der Weltcnmeiftcr läßt
alles in Silber und Grau erscheinen, und er lvird allem mit
dem Sonnenlicht die Farbe geben, dem köstlich zarlen flächi-
gen Schattenspiel die zitternde Seele schenken. AhnungsvoNl
rauscht es in den Wipfeln, von schlafenden Herrlichkeitev
 
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