die Hochzeit des Figaro. Aus Paris ſind von allen groͤßeren
Blaͤttern die Vertreter hier, und man bekommt kaum Platz.
Die Muͤnchener Architektur hat in den letzten Jahren wieder
enorme Fortſchritte gemacht. Von dem Trrlichteliren zwiſchen
den Extremen aller Epochen ſeit der Gothik (incluſive), das
Berlin ſo unbehaglich und unruhig macht, iſt gar keine Spur,
denn die Muͤnchener haben ſich reſolut auf den heimiſchen Boden
geſtellt. Sie ſind die Einzigen in Deutſchland, die das fertig ge—
bracht haben. Der Fuͤhrer ſcheint mir Gabriel Seidl zu ſein,
ſtark beeinflußt von Lenbach. Thierſch hat ſich mit dem Bern—
heimer'ſchen Geſchaͤftshaus und dem Juſtizgebaͤude angeſchloſſen,
wirkt aber mehr als genialer Decorateur, waͤhrend Seidl und
ſeine Schule fuͤr das Beduͤrfniß des Buͤrgerthums ſorgen. Cha—
rakteriſtiſch iſt das Haus, das Seidl an der Stelle des alten
beruͤhmten Reſtaurants Grosdemange errichtet hat. Schlichte
Faſſade auf Tuff, rothes, maleriſches Dach, von zwei lebhaft
bewegten Sandſteinfiguren uͤberſchnitten, ſehr wenig Ornament,
aber dies Wenige ſehr anſtaͤndig. Ein Muſter. Und bei den
Einzelhaͤuſern in den Vorſtaͤdten verfaͤhrt man gerade ſo. Mit
ihren graugelben Waͤnden in dem dauerhaften derben Spritz—
bewurf, einer altheimiſchen Technik des Cementirens, dem rothen
Dach daruͤber und gruͤnen Jalouſien vor den Fenſtern, geben ſie
einen ſtarken Klang in das von faſt ſchon ſuͤdlichem Licht in—
ſtrumentirte Gelaͤnde. Wundervolle goldige Stimmungen ſieht
man gegen Abend, die die Muͤnchener noch nicht malen. Es
geht ihnen faſt ſo wie den Dresdenern. Sie ſuchen bei Muͤn—
chen Partien, die nach Schottland, nach Holland, nach Frank—
reich ausſehen, nach uͤberall. Aber was Muͤnchneriſch iſt, laſſen
ſie bei Seite liegen. Doch faͤngt es hie und da ſchon an, ſich zu
regen.
Fuͤr die Verſchoͤnerung der Stadt wird ſchon viel gethan. In
dieſem Jahre ſehe ich zuerſt den neuen Hildebrand'ſchen Brun—
nen auf dem Maximiliansplatz. Breit hingelagert ſchließt er eine
der Schmalſeiten und ſchneidet mit kraͤftiger Silhouette gegen
das Gruͤn einer jungen Baumwand. Wenn dieſe erſt einige
Jahrzehnte aͤlter iſt, wird der Brunnen noch beſſern Anſchluß
214
Blaͤttern die Vertreter hier, und man bekommt kaum Platz.
Die Muͤnchener Architektur hat in den letzten Jahren wieder
enorme Fortſchritte gemacht. Von dem Trrlichteliren zwiſchen
den Extremen aller Epochen ſeit der Gothik (incluſive), das
Berlin ſo unbehaglich und unruhig macht, iſt gar keine Spur,
denn die Muͤnchener haben ſich reſolut auf den heimiſchen Boden
geſtellt. Sie ſind die Einzigen in Deutſchland, die das fertig ge—
bracht haben. Der Fuͤhrer ſcheint mir Gabriel Seidl zu ſein,
ſtark beeinflußt von Lenbach. Thierſch hat ſich mit dem Bern—
heimer'ſchen Geſchaͤftshaus und dem Juſtizgebaͤude angeſchloſſen,
wirkt aber mehr als genialer Decorateur, waͤhrend Seidl und
ſeine Schule fuͤr das Beduͤrfniß des Buͤrgerthums ſorgen. Cha—
rakteriſtiſch iſt das Haus, das Seidl an der Stelle des alten
beruͤhmten Reſtaurants Grosdemange errichtet hat. Schlichte
Faſſade auf Tuff, rothes, maleriſches Dach, von zwei lebhaft
bewegten Sandſteinfiguren uͤberſchnitten, ſehr wenig Ornament,
aber dies Wenige ſehr anſtaͤndig. Ein Muſter. Und bei den
Einzelhaͤuſern in den Vorſtaͤdten verfaͤhrt man gerade ſo. Mit
ihren graugelben Waͤnden in dem dauerhaften derben Spritz—
bewurf, einer altheimiſchen Technik des Cementirens, dem rothen
Dach daruͤber und gruͤnen Jalouſien vor den Fenſtern, geben ſie
einen ſtarken Klang in das von faſt ſchon ſuͤdlichem Licht in—
ſtrumentirte Gelaͤnde. Wundervolle goldige Stimmungen ſieht
man gegen Abend, die die Muͤnchener noch nicht malen. Es
geht ihnen faſt ſo wie den Dresdenern. Sie ſuchen bei Muͤn—
chen Partien, die nach Schottland, nach Holland, nach Frank—
reich ausſehen, nach uͤberall. Aber was Muͤnchneriſch iſt, laſſen
ſie bei Seite liegen. Doch faͤngt es hie und da ſchon an, ſich zu
regen.
Fuͤr die Verſchoͤnerung der Stadt wird ſchon viel gethan. In
dieſem Jahre ſehe ich zuerſt den neuen Hildebrand'ſchen Brun—
nen auf dem Maximiliansplatz. Breit hingelagert ſchließt er eine
der Schmalſeiten und ſchneidet mit kraͤftiger Silhouette gegen
das Gruͤn einer jungen Baumwand. Wenn dieſe erſt einige
Jahrzehnte aͤlter iſt, wird der Brunnen noch beſſern Anſchluß
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