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Lranach's bürqerliche Stellung.

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unter den Einwürfen, die man gegen die Begründung der neuen Universität
an diesem Orte geltend machte und die beinahe noch in der zwölften
Stunde dem ehrwürdigen Wittenberg den Bernf entzogen hätten, „eine
Schule des menschlichen Geschlechts" oder nächst Rom die berühmteste
Stadt damaliger Zeit zu werden/ die Dürftigkeit der Einwohner, die üble
Condition der Häuser, den sandigen, unfruchtbaren Boden hervorgehoben
und daran die Befürchtung geknüpft sindet, „daß die Alimenta für eine
nombreuse Academia nicht jzulünglich sein dürften." Bezeichnete doch der
erste Rector der Universität, Ur. Pollich, die Stadt als „an der äußersten
Grünze der Civilität" liegend, und Melanchthon, der erst 1518 nach
Wittenberg kam, nannte die Stadt noch ein „elendes Nest"; ja selbst
Luther konnte nicht begreifen, wie sich in solcher Barbarei eine Universität
habe entwickeln können, nachdem durch sein Werk sich die prophetischen
Einweihungsworte des Priors Fleck zu erfüllen begonnen hatten, daß „von
diesem weißen Berge sich Flüsse und Ströme der Weisheit und des Lebens
in die ganze Welt ergießen würden."^ Cranach aber war bereits ein ange-
sehener Mann, als er sich dort niederließ, geachtet wegen seiner Kunst,
womit er sich bei den Wittenbergern durch seine Altargemülde für die
Schloßkirche in bewunderter Weise eingeführt hatte, und wegen seines Ver-
hältnisses zu dem Hose und zu den Fürsten; denn so oft der Churfürst
oder dessen Bruder nach Herstellung des Residenzschlosses hier sein Hof-
lager aufschlug, gehörte Cranach vor allen zu denjenigen Personen, die
nicht bloß die Etiquette des Dienstes, sondern das Bewußtsein engerer
Zugehörigkeit in unmittelbarster Nähe des fürstlichen Hofes erhielt, und
wenn die Fürsten in Torgau, in Weimar oder auf irgend einem anderen
ihrer Schlösser Hof hielten, war es gewiß wieder Meister Lucas, den
jedenfalls nicht bloß seine Unentbehrlichkeit als Künstler mehr und öfter
als irgend einen anderen Wittenberger dorthin beries. Außerdem aber
hatte Cranach, wie gesagt, als er sich in Wittenberg niederließ, theils durch
den Ertrag seiner Knnst, theils durch seine Heirath mit Barbara Brengbier
den Grund zu jenem Wohlstand gelegt, den er nach und nach durch fort-
gesetzte rührige Thütigkeit auf dem Gebiete der Kunst, sowie gewerblicher
Unternehmnngen, so ansehnlich vermehrte. Denn wenn auch, wie erwähnt
worden ist, die Nachrichten über die Familie seiner Gattin sowie über
seine Gattin selber leider nur dürftig sind, so wissen wir doch, daß die

* Wie der „Päpstler" Muziano sagt: „Iirter oraiiks iirüks, u Roiiiu äistuntos
66l6l»6rrillia.iri 6886 WlttetiM'Aurii."

^ Bgl. u. a. Seckendorf: öistoria laitlior. D. III., p>. 378° Kirchinaier: Do
iVenliomino ^VittcmliorA. ori^ine 6t proA'rossiono, p. 221 ff.
 
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