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Viertes Aapitel.

des Cranach'schen Kupferstiches eine derartige Verschiedenheit des Alters
herauszusinden. Ein Vergleich desjenigen Kopfes des Cranach'schen Kupfer-
stiches z. B., der nach der erwähnten Behauptung Heinrich den Frommen
darstellen solh mit einem lebensgroßen vorzüglichen und unzweifelhaft echten
Cranach'schen Porträt dieses Fürsten, das sich, wie später erwühnt werden
wird, im Dresdner Rathhause befand, giebh wenn man auch einen Hauch
von Familienühnlichkeit gelten lassen muß, nicht der leisesten Vermuthung
Raum, daß dieser Fürfh der hier allerdings in seinem 64. Jahre abgebildet
ist, jemals eine Aehnlichkeit mit dem Kopfe jenes Kupferstiches gehabt haben
könne. Dagegen sind die beiden Köpfe des Kupferstiches dem Alter des
damals 47 jährigen Churfürsten Friedrich und seines 43jührigen Bruders
Johann vollkommen entsprechend; außerdem aber ist eine brüderliche Aehn-
lichkeit zwischen den beiden Köpfen, namentlich in der Form der Nase nnd
in dem hervortretenden Untertheile des Gesichts unverkennbar, und wenn
Friedrich's Portrüt nicht ganz mit anderen nachweislichen Portrüts des-
selben übereinstimmt, so mag einestheils der abweichende Schnitt des Bartes,
der damals ebenso gut wie jetzt der Wandelbarkeit der Mode nnterlag,
daran Schuld sein, anderentheils aber ist wohl in Betracht zn ziehen, daß
die meisten Cranach'schen Porträts des Churfürsten Friedrich aus späterer
Zeit stammen, während wir in den beiden Köpfen, welche das Wittenberger
Heiligthumsbuch schmücken, jedensalls die frühesten uns erhaltenen Cranach'-
schen Portrüts Friedrichs des Weisen und seines Bruders Johann besitzen,
wodurch diese Schrift noch eine besondere Bedeutung erhält?

i Es existirt ein sehr seltener Kupferstich Cranach's (k. Kupferstichkabinet in Dres-
den) mit der Schlange und iC 6 und mit der Jahreszahl 1509, welcher in etwas
kleinerem Formate ebensalls einen sächsischen Fürsten im Pelzkleide unter einer Art
Fensterbogen und an einer Brustlehne stehend darstellt und mit der Anordnung sowohl
als auch in anderer Beziehung einem der beiden Porträts obigen Kupferstiches voll-
kommen entspricht, nur scheint es im Ausdruck älter und im Blicke der Angen weniger
kräftig zu sein. Heller a. a. O. S. 122 erklärt consequenter Weise auch dies für das
Bildniß des Herzogs Albrecht von Sachsen, während es nach Schuchardt den Chur-
fürsten Friedrich den Weisen darstellt. Ein vorzüglicher Cranach'scher Holzschnitt z. B-, der
vielleicht ebensalls dem Jahre 1509 angehört, aber nur mit dem Zeichen der Schlange ohne
Jahreszahl versehen ist, wird bezeichnet als „Churfürst Friedrich III. die Madonna an-
betend". Der hier vor der Madonna mit dem Kinde knieende Fürst ist dem Porträt des
Wittenberger Heiligthumbuches vollständig ähnlich. Während ein Cranach'scher Holzschnitt
nur mit denWappenschildern versehen, dcr von einigenfür einDürer'schesBlattgehaltenwird,
Johann den Beständigen darstellend, in gleicher Weise dem anderen Porträt auf dem Titel
jenes Buches vollkommen ähnlich ist. Dürer's Kupferstich, Friedrich der Weise vom Jahre
1524, zeigt uns Friedrich in Vollem Barte, ganz in der gewöhnlichen Weise der Porträts
dieses Fürsten.
 
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