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96

Fünftes Kapitel.

den Weisen, andere den Churfürsten Moritz haben erkennen wollen, wo-
mit freilich, wenn die eine oder die andere dieser Meinungen irgend
eine Begründung für sich hätte, die Beziehung dieses Bildes zur ursprüng-
lichen Bestimmung des Hauses verschwände. Cranach schmückte den ge-
wölbten Thorweg seines Hauses mit seinem Wappen, der geflügelten und
gekrönten Schlange und daneben mit einem anderen der Gestalt nach ähn-
lichen, das zwei halbe Monde in blauem Felde zeigte und wahrscheinlich
das Familienwappen seiner Gattin, der Barbara Brengbier war. Diese
beiden Wappen haben sich bis in die neueste Zeit an dem Hause erhalten, so
wesentlichen baulichen Veränderungen und Bergrößerungen dasselbe auch unter-
worfen worden ist. Ein späterer Besitzer, Ernst Friedrich Wernsdorf (1761),
hat über diesen Wappen eine Tafel anbringen lassen, auf welcher, in Er-
innerung an die Bedeutung des Hauses, sämmtliche Besitzer desselben von
Lucas Cranach an, in dessen Familie, namentlich weiblicher Linie, das
Haus Jahrhunderte lang geblieben ist, mit vergoldeten Lettern verzeichnet
sind. Jn dieses Haus nun, das gewissermaßen die Basis seines sich
mehrenden Reichthums und Grundbesitzes wurde, verlegte Cranach sein
Atelier und nach und nach seine anderen gewerblichen Unternehmungen,
deren später gedacht werden wird; hier war mehr als dreißig Jahre sein
dauernder Wohnsitz, bis er das Haus im Jahre 1544 seinem Sohne Lueas
Cranach dem Jüngeren überließ, der wenigstens in diesem Jahre nach dem
Wittenberger Stadturbarium als Besitzer genannt wird; von hier aus
wanderten die zahlreichen Werke seiner Hand in alle Welt, von hier aus
zog der Meister selber allein oder mit seinen Gesellen und Gehilfen auf
den Ruf seiner Fürsten nach deren Schlössern, um mit seinem praktischen
Verstande, seiner Welterfahrung oder seiner Kunst zu nützen, oder um die
fürstlichen Wohnsitze für besondere Feste oder für deren alltäglichen Bedarf
mit Malereien oder auch nur decorativem Farbenschmuck zu bekleiden; hier
war die Stätte, wo die Fürsten ihrem Hofmaler so manche Ruhestunde
widmeten, um sich an seinen fertigen oder entstehenden Kunstleistungen zu
erfreuen, oder wie Scheurl sagt, „nicht um wie Alexander bei Apelles
durch unsachkundige Ausstellungen das spöttische Lächeln der farbenreibenden
Gehilfen zu erregen, sondern um mit dem höchsten Staunen die Denkmäler
seines Genies zu bewundern und mit höchstem Seelenvergnügen seine
Bilder zu loben;" und hier endlich war es, wo die hervorragendsten Geister
der Hochschule, der Rechtsgelehrte, der Dialektiker und der Arzt, der ernste
Theolog im Mönchsgewand und der heitere Poet aus- und eingingen, um
am gastlichen Herde, im trauten Familienkreise des biederen in seiner
Lebensstellnng nach oben und unten einflußreichen Kunstmeisters mit ihrem
 
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