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Zweiter Abschnitt. Sechstes Rapitel.

Jn soweit auch die Kunst in ihrer Wirksamkeit für kirchliche Zwecke
durch die Anschauungen, welche der Sturm hervorgerufen, wesentlich ge-
fährdet war, hatte Cranach gewiß ein besonderes Jnteresse, die Ankunft
desjenigen, von dessen Einflusse man allein eine Abwendung der dringendsten
Gefahr erwarten konnte, mit Freude zu begrüßen. Es ist nicht nachzu-
weisen, daß der blinden Wuth, womit nach den allgemeinen Berichten die
Neuerer, mit Karlstadt an der Spitze, „die Bilder aus den Kirchen stürmten,
um sie zu zerhauen und zu verbrennen", auch Cranach'sche Kunstwerke
zum Opfer gefallen seien. Grohmann sagt zwar in seinen Annalen, daß
diese Bilderstürmerei die Stadt jedenfalls um viele merkwürdige Denkmäler
jener Zeit gebracht hütte und daß Karlstadt jedenfalls auch die Schloßkirche,
die einen so reichen Schatz von Gemälden, Bildnissen und anderen Kost-
barkeiten enthalten, in seinem excentrischen und revolutionüren Reformations-
eifer nicht verschont haben dürftest aber wir stnden nirgend eine genauere
Andeutnng hinsichtlich der Bilder, welche jener Bilderstürmerei erlagen, ob-
gleich das übrige kostbare Jnventar der Kirche schon damals manchen räube-
rischen Eingriss erduldet haben mag, ehe es von der fortschreitenden Refor-
mation gänzlich beseitigt ward. Jn der oben erwähnten Urkunde heißt es:
„Jm Schloß auffn Stiefft aller heylichen kirchen habens pißher jr horas, meß
vnd andere stiefftung gehalten, wywol sy derholben vill schympsfirung sehen,
hören vnd leiden müssen, die Studenten und gemeyn man fürchten den
Chursürsten, als obersts haupt vnd Styfstherren, der hart darob helt, noch

„Zu Wartburg Doctor Luther war
Verborgen fast ein ganzes Jahr.

Eiu großer Bart ihm war gewachsen,

Wie damals trugen auch die Sachsen,

Und ganz verändert sein Gestalt
War 39 Jahr gleich alt. —

Gen Wittenberg geritten kam
Zu Niclas Amsdorf, da er nahm
Die Herberg, eh' er seinen Bart
Hat abgelegt, alsbald er ward
Von Lucas Cranach abgemalt
Also wie er ist hier gestalt."

Derselbe Holzschnitt befindet sich auch in Schurf's Disssrtutio äa Nurt. Duttmr»
ouruiuiu tbooIoAoruiu eoiuiuuui p»ru6L6x»tor6," mit der Ilmschrift: „Nurt. Dutlrorus
6u boriuu, c^uu illo uuuo 1522 6 putluuo suu 6xul rocliit IVittodor^uiu, äupietus u
Du6L 6ruuu6liio." Ein Oelportrait in dem berliner Museum mit dem Cranach'schen
Monogramm nnd der Jahreszahl 1528, das für „Luther als Junker Georg" aus-
gegeben wird, hat mit dem Cranach'schen Original-Holzschnitt wenig Aehnlichkeit. (Vgl.
Waagen, Verz. der Berliner Galerie.)

^ S. Grohmann's Annalen I, S. 142.
 
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