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Lindau, Martin B.
Lucas Cranach: e. Lebensbild aus d. Zeitalter d. Reformation — Leipzig, 1883

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https://doi.org/10.11588/diglit.22583#0211
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Bilderftürmer in Mittenberg.

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hett man ettlichen Thumherren vnd anderen Pfasfen die Fenster auß-
geworffen!" u. s. w. Nach anderen Mittheilungen aber ersahen sich jene
Unruhen besonders das Franciscanerkloster und die Stadtkirche zu ihrem
Schauplatze/ von deren Bilderschmucke damaliger Zeit nichts Genaues
bekannt ist; dagegen hätte die wilde Fluth, namentlich von Karlstadt's
Neid gegen den ihm vorgezogenen jugendlichen aber kraftigen Stiftsprobst
Justus Jonas gelenkt, wahrscheinlich auch die Stiftskirche mit ihren DüreU-
schen und Cranach'schen Meisterwerken ergrifsen, wenn nicht Luther zur
rechten Zeit erschienen wäre, um zu retten, was noch zu retten war. „Die
Bilder sollen abgestellet sein, wenn sie angebetet werden, sonst nicht", ertönte
sein gewichtiges Wort in Ansehung dieser Bilderstürmerei; „wiewohl ich
wollte, sie wären in der ganzen Welt abgethan von wegen des Mißbrauchs;
man kann's nicht leugnen, daß die Bilder böse seien wegen ihres Miß-
brauchs; doch habeu wir sie nicht zu verwerfen; denn es sind viele
Menschen, welche die Sterne anbeten, sollen wir darumb zu-
sehen, und die Sterne vom Himmel werfen?" Jmmerhin aber be-
zeichnen diese Ereignisse, mit welchen der alte ikonoklastische Streit der
srühesten christlichen Jahrhunderte wieder aufgenommen worden war, um
schließlich im Jnteresse der neuen Kirche nach Luther's Anschauung ent-
schieden zu werden, kenntlich genug den Zeitpunkt, wo durch die Refor-
mation und durch die politischen Wirren, welche dieses Zeitalter herbei-
fiihrte, die Kunst im Allgemeinen auf längere Zeit in den Hintergrnnd
gedrängt, die deutsche Kunst insbesondere aber zu frühzeitig für ihre
volle Entwickelung aus jenem Bunde mit der Kirche herausgerissen wnrde,
welchen A. W. Schlegel besungen hat und welchem die italienische Kunst
unstreitig einen wesentlichen Theil ihres Anfschwungs und ihrer Blüthe zu
danken hatte.

Der Rath der Stadt, in welchem Cranach noch immer als Kämmerer
saß, lohnte die Heimkehr und das Wirken des Langentbehrten alsbald mit
einem, alle leiblichen Bedürfnisse berücksichtigenden Geschenke; denn in der
Kämmereirechnung vom Jahre 1522 heißt es: „2 ß. 37 gr. 6 pfg. Doctori
Martino verrechnet, do er aus dem Gefanknis gekommen, an 8 Ellen
zu einer Koppeu, die Elle zu 18 gr. bei Hans Modden genommen und
Mathes Globig; ingleichen 14 gr. 5 pfg. an zwei Kannen Rheinfall,
4 Kannen Frankenwein und zwei Kannen Kotschberger (Kötzschenbrodaer?)".
Cranach aber malte bald nachher den Heimgekehrten auf's neue in seiner
priesterlichen Gestalt, ein Bild, das mit dem Monogramme und der Jahres-

* Vgl. Stier: Wittenberg im Mittelalter. S. 68 ff.

Lindau, Lucas Cranach.

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