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Lindau, Martin B.
Lucas Cranach: e. Lebensbild aus d. Zeitalter d. Reformation — Leipzig, 1883

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https://doi.org/10.11588/diglit.22583#0349
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Iohann Richius und seiu Trostcarmen.

331

solcher besonderen Gunst Luther's erfreute, auch in seinem Gedichte mehr
den Ausfluß selbstündiger Aufrichtigkeit erkennen, als in jenen Lob- und
Preisgedichten, womit manche Poeten jener Zeit empfangene Wohlthaten
bezahlen oder Gunstbezeigungen erkaufen wollten. Sein langes lateinisches
Trostcarmen geht in Kern und Schale nicht wesentlich über die bängliche
Bannmeile jener zeitublichen Schulpoesie hinaus, welche, das lebendige
Gefühl in das metrische Joch einer todten Sprache spannend, uns nicht
den warmen Pulsschlag des Herzens, höchstens die phrenologische Linie
eines kalten Schüdels sühlen läßt; dennoch ist darin eine gewisse Einfachheit
kenntlich, welcher man es anmerkt- daß der Dichter zur wahren Verherr-
lichung seines Gegenstandes nicht so sehr der Phrase bedurfte wie z. B.
Stigel in seinem Bemühen, aus Johannes Cranach einen vollendeten und
unsterblichen Maler zu machen. Was den Jnhalt des Gedichtes anlangt, das
1541 gedruckt zu Wittenberg erschien und unter den wenigen bekannten Schristen
des Richius besonders aufgeführt wird, so ist auf denselben bereits mehrfach
Bezug genommen worden? Er giebt wenig mehr, als die Contouren des Bildes,
das wir uns von Cranach's Gattin zu entwersen gesucht haben. Besonders
anmuthend erscheinen die.Züge, womit der Dichter Barbara's mütterlichen
Einfluß auf ihre Kinder hervorhebt, indem er der letzten Stunden ihres Sohnes
Johannes und der damit verknüpsten Umstünde gedenkt, und die Vorzüge ihrer
Tochter Ursula schildert, die als jugendliche Witwe in das älterliche Haus
zurückgekehrt, allerdings bis zu ihrer Wiederverheirathung ein Gegenstand
eifriger Bewerbung sein mochte? Eigenthümlich ist der Schluß des Gedichtes,
mit welchem der Dichter dem hinterlassenen Gatten für die Dahingeschiedene
eine Grabschrift empfiehlt, die wenigstens für Cranach kein Vorwurs ist,
wenn er das Grab seiner Gattin unbezeichnet ließ. Von einem tröstenden
Zusprnch LutheUs bei diesem schweren Verluste seines Freundes erfahren
wir nichts, aber wir dürsen annehmen, daß Cranach für die nächsten Jahre
seines so weit vereinsamten Lebens, in dem Besitze seines Sohnes, seiner
jüngsten Tochter Anna, sowie der heimgekehrten verwitweten Tochter Ursula
und seiner Schwiegertochter Barbara, den Trost fand, in welchem er sich

starb tn Münden, wie es scheint, im Dienste des Herzogs Erich von Braunschweig, aber
wir erfahren nicht mit Bestimmtheit, in welcher Eigenschaft, wie es fast scheint ats Leib-
arzt des Herzogs. Er wäre demnach ein ttniversalgenie gewesen. S. ^ruiguu: 1)6
xereK-riuis Hn88ig.6 1'rol6S8. S. 10; Hartmann's Histor. Hnssine, I, S. 348.

^ Der Titel des Gedichtes lautet: „tVcl pruäoutissiiuum 6t o^tiruuiu viruiu,
urtisguc; siictoriao. tüoüo kriueipoiu, luieaiu N'ruiuioluuiu, (lousuluiu VVittoulmr^.
Ü6 ruorto uxoris osus 1g.uüg,ti8sium,6 1o6iuiug.6, cgrrumi oousolutoriuiu" (Wittenberg
1541, 4°). — S. Von Hardt: ^utOArggilm. luitNori, II, S. 235.

?S. S. 291 und 293.
 
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