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Christus und den Mächten der Hölle, wodurch die großen Volks-
szenen der Passion wegfallen; in dem ganzen Stück wird die
Chorstimme nicht ein einziges Mal verwandt. Die Engel im
Gefolge der Erzengel und die Juden im Gefolge der Priester
und Pharisäer, die sich von Johannes dem Täufer taufen lassen,
sind stumme Gruppen. In der Schar der Jünger sind nur drei
Sprecher; die anderen reden nicht.
Einen Gebrauch der Massenstimme kennt das Schuldrama
nicht; ein, höchstens zwei Sprecher vertreten die Masse. In
Schöppers „Monomachia Davidis et Goliae“ findet sich ein
„Isschail, unus militum, ac reliquorum veluti os“, in seinem
„Joannes decollatus“ (II, 2) „Telones, os publicanorum“ und „Em-
pollemus, os militum“.1) Manchmal werden einfach Zahlen bei-
gefügt: „Populus christianus haereticus, I. II., Gens Judaica,
I. II., Plebs gentilis, I. II.“1); ebenso in Rinckharts „Bauern-
krieg“ (II, 9) „Herr Omnes I, Herr Omnes II, usw.“2) Irgend
eine mimische Belebung der Gruppen darf man in diesen rein
deklamatorischen Dramen nicht annehmen, die nicht einmal in
der Einzelrolle schauspielerische Kunst verlangten.
Die Zahl der Statisten, die sich diesen Vorsprechern und
den einzelnen Personen des Dramas anschlossen, hing ganz von
den Bedingungen des Raumes ab. Die einzige Schranke, die der
äußeren Massenentfaltung in den Schulkomödien gesetzt war,
bildete der allmächtige nervus rerum, das Geld. Den Schul-
aufführungen standen nur an ganz wenigen Orten die reichlichen
Mittel für Kostüme zu Gebote, wie sie die Stadtkassen bei den
geistlichen Spielen gewährt hatten. Am ehesten ließ man sich
bei biblischen Stücken zu größeren Ausgaben herbei. In diesen
liebte man es offenbar, mit pomphaften Aufzügen, besonders
kriegerischen Charakters, zu prunken, man legte Wert auf „prech-
tigen aus und auffzug und fröhliche widerkunfft“.3) Wo das Geld
für Massendarstellung also vorhanden war, pflegte man die äußere
') Exp. Schmidt, a. a. O., S. 178 ff.
2) M. Rinckhart, Monetarius seditiosus oder der Müntzerische Bawren-
krieg, 1625.
3) A. Pape, David victus et victor, in Adulterium, Zwo christliche Spiele
vom Laster des Ehebruchs, Magdeburg 1602, Vorrede.
Christus und den Mächten der Hölle, wodurch die großen Volks-
szenen der Passion wegfallen; in dem ganzen Stück wird die
Chorstimme nicht ein einziges Mal verwandt. Die Engel im
Gefolge der Erzengel und die Juden im Gefolge der Priester
und Pharisäer, die sich von Johannes dem Täufer taufen lassen,
sind stumme Gruppen. In der Schar der Jünger sind nur drei
Sprecher; die anderen reden nicht.
Einen Gebrauch der Massenstimme kennt das Schuldrama
nicht; ein, höchstens zwei Sprecher vertreten die Masse. In
Schöppers „Monomachia Davidis et Goliae“ findet sich ein
„Isschail, unus militum, ac reliquorum veluti os“, in seinem
„Joannes decollatus“ (II, 2) „Telones, os publicanorum“ und „Em-
pollemus, os militum“.1) Manchmal werden einfach Zahlen bei-
gefügt: „Populus christianus haereticus, I. II., Gens Judaica,
I. II., Plebs gentilis, I. II.“1); ebenso in Rinckharts „Bauern-
krieg“ (II, 9) „Herr Omnes I, Herr Omnes II, usw.“2) Irgend
eine mimische Belebung der Gruppen darf man in diesen rein
deklamatorischen Dramen nicht annehmen, die nicht einmal in
der Einzelrolle schauspielerische Kunst verlangten.
Die Zahl der Statisten, die sich diesen Vorsprechern und
den einzelnen Personen des Dramas anschlossen, hing ganz von
den Bedingungen des Raumes ab. Die einzige Schranke, die der
äußeren Massenentfaltung in den Schulkomödien gesetzt war,
bildete der allmächtige nervus rerum, das Geld. Den Schul-
aufführungen standen nur an ganz wenigen Orten die reichlichen
Mittel für Kostüme zu Gebote, wie sie die Stadtkassen bei den
geistlichen Spielen gewährt hatten. Am ehesten ließ man sich
bei biblischen Stücken zu größeren Ausgaben herbei. In diesen
liebte man es offenbar, mit pomphaften Aufzügen, besonders
kriegerischen Charakters, zu prunken, man legte Wert auf „prech-
tigen aus und auffzug und fröhliche widerkunfft“.3) Wo das Geld
für Massendarstellung also vorhanden war, pflegte man die äußere
') Exp. Schmidt, a. a. O., S. 178 ff.
2) M. Rinckhart, Monetarius seditiosus oder der Müntzerische Bawren-
krieg, 1625.
3) A. Pape, David victus et victor, in Adulterium, Zwo christliche Spiele
vom Laster des Ehebruchs, Magdeburg 1602, Vorrede.