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Wanner, Peter [Red.]
Heimatbuch der Stadt Lorch: Lorch: Beiträge zur Geschichte von Stadt und Kloster — Lorch, 1990

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https://doi.org/10.11588/diglit.7424#0045
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Staufisches Hauskloster

Die Stifter

Die sogenannte Gründungsurkunde der Abtei Lorch vom
3. Mai 1102, deren Ausfertigung sich heute in der Kärntner Ab-
tei St. Paul im Lavanttal befindet, wurde von Herzog Friedrich
von Schwaben, seiner Frau Agnes und ihren beiden Söhnen
Friedrich und Konrad ausgestellt. Sie übergaben die Abtei
Lorch - Loricha - dem heiligen Petrus, also dem heiligen Stuhl,
mit einem jährlichen Anerkennungszins von einer Goldmünze.
Der jeweils älteste seines Geschlechts sollte Vogt und Schirm-
herr der Abtei sein. Der jeweilige Abt sollte aus den Mönchen
der Abtei, bei Fehlen eines geeigneten Kandidaten in Lorch aber
nach Rat der Äbte von Hirsau, Komburg und Zwiefalten ge-
wählt werden.

Aus der Urkunde von 1102, die man im strengen Sinn nicht als
»Gründungsurkunde« bezeichnen darf, geht der Zeitpunkt der
Gründung nicht hervor, doch darf man annehmen, daß die
feierliche Übertragung der Abtei an den heiligen Stuhl in Rom
eine bereits einige Jahre bestehende klösterliche Gemeinschaft
bestätigte. Kurz: um 1100 dürfte das Kloster Lorch gegründet
worden sein. Als Gründer erscheinen: Herzog Friedrich von
Schwaben und seine Gemahlin Agnes, die Tochter Kaiser Hein-
richs IV, der 1079 das schwäbische Herzogtum dem Lorcher
Stifter verliehen hatte, sowie die Söhne Friedrich, der spätere
Herzog Friedrich II. von Schwaben, und Konrad, der spätere
deutsche König Konrad III. Nicht zuletzt die Bestimmung, daß
der jeweilige Senior des Hauses die Lorcher Vogtei innehaben
sollte, weist Lorch als staufisches Hauskloster aus. Nach dem
Wortlaut einer Papsturkunde von 1136 hat Herzog Friedrich mit
der Gründung Lorchs einen Wunsch seines Vaters (Friedrich
»von Büren«) ausgeführt."

Die Vorfahren der Hochadelsfamilie, die man seit den siebziger
Jahren des 11. Jahrhunderts nach ihrer Burg auf dem Hohen-
staufen als »Staufer« benennen darf, sind trotz der Forschungen
von Heinz Bühler kaum greifbar.3 Seit wann sie im oberen

Remstal ansässig waren, ist unbekannt, doch läßt sich die Grün-
dung eines Kollegiatstiftes an der Lorcher Pfarrkirche wohl um
die Mitte des 11. Jahrhunderts als erste gesicherte Etappe ihrer
Herrschaftsbildung in diesem Raum ansprechen. Dieses Stift,
das später ganz unter den Einfluß der Abtei auf dem Berg geriet,
war die erste Grablege des Geschlechts; König Konrad III.
veranlaßte wohl Weihnachten 1139 (DKo III Nr. 38) eine Um-
bettung der Gebeine seines Vaters und anderer seiner Vorfahren
von der Stifts- in die Klosterkirche.

Hans-Martin Maurer hat in seinem Buch über den Hohenstau-
fen überzeugend ausgeführt, daß die spätere Lorcher Tradition,
eine Burg auf dem Lorcher Klosterberg sei in ein Kloster umge-
wandelt worden, das Richtige trifft: »Das Kloster Lorch, das
noch heute schon aus weiter Ferne einen wehrhaften, fast burg-
artigen Eindruck macht, hat die typische Lage eines hochadli-
gen Herrensitzes aus der Zeit, ehe die Hocharistokratie auf
Berggipfel und Felsen hinaufbaute. Ob es sich bereits um eine
Burg im engeren Sinne des Wortes mit hohen starken Mauern

2 Die Urkunde von 1102: WUB I, 334 mit WUB VI, 484 (Abbildung bei
Spranger, in: Zeugen ihrer Zeit 1987, S. 19). Sorgfältige Interpretation
der Urkunden bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts bei Weißenberger
1963. Am ausführlichsten hatte sich zuvor Heuermann 1939 mit der
Klostergründung auseinandergesetzt. Weißenberger 1963, S. 261
nimmt - in der Nachfolge von Brackmann 1923, S. 106 und in Anleh-
nung an die Aussage der Papsturkunde von 1136 - an, der Vater des er-
sten Schwabenherzogs, Friedrich von Büren (nach Decker-Hauff 1977
S. 344, gestorben bald nach 1053, jedenfalls vor 1094) sei der wahre Stif-
ter Lorchs; vgl. dazu jedoch Spranger 1972, S. 44 mit Anm. 4; Maurer
1977 S. 177 Anm. 21. Zu den Eintragungen Lorchs im Zinsbuch der Ku-
rie Brackmann 1923, S. 106.

3 Vgl. auch Spranger/Graf 1984, S. 59. Gegen Bühlers Auffassungen
habe ich wiederholt Stellung bezogen: Graf 1981; 1984c und in einer
Rezension des Sammelbandes, in dem Bühler 1988 erschienen ist, für
die Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte (im Druck).

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