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Wanner, Peter [Red.]
Heimatbuch der Stadt Lorch: Lorch: Beiträge zur Geschichte von Stadt und Kloster — Lorch, 1990

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https://doi.org/10.11588/diglit.7424#0074
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ner Nonne des Dominikanerklosters Reutin bei Calw vollendet
wurde. 3

»Der Ruhm des Lorcher Scriptoriums basiert auf drei pracht-
vollen Chorbüchern aus den Jahren 1511/1512. Sie gehören zu
den Spitzenwerken gotischer Buchkunst in Schwaben« (Hum-
mel 1981, S. 138 f.). Da ihre Entstehung im Detail von Hummel
(1981, S. 138 - 147) und Gebhardt (1979, S. 77-84) dargestellt
wurde, kann ich mich hier kurz fassen. Es handelt sich um zwei
Antiphonarien und ein Graduale. Schlußbemerkungen zu den
Büchern heben hervor, daß die Texte »gemäß der Ordnung von
Melk« geschrieben wurden. Die Herstellung der Bände erfor-
derte einen erheblichen organisatorischen Aufwand. Von den
fünf Textschreibern gehörten drei dem Lorcher Konvent an
(Friedrich Schreiber von Schorndorf, Konrad Bayer und Lau-
rentius Autenrieth); der vierte war Konventuale in St. Ulrich
und Afra in Augsburg, der fünfte in Wiblingen. Auch von den
drei Notenschreibern waren zwei, Michael Keuerleber und Ul-
rich Gödelin (Weißenberger 1960) Lorcher Mönche. Der dritte
Notenschreiber war der berühmte Augsburger Kalligraph und
Schreibmeister Leonhard Wagner, ebenfalls aus St. Ulrich und
Afra. Als Illuminator nennt sich der ebenso bekannte Buch-
maler Nikolaus Bertschi aus Augsburg. Daß die Lorcher
Schreibstube in dieser Zeit auch für andere Klöster arbeitete,
geht wohl aus einem Brief in der Briefsammlung des Neres-
heimer Abts Johannes Vinsternau aus dem Jahr 1515 hervor. Da-
mals war Neresheim Lorch 180 Gulden für einige Chorgesang-
bücher schuldig (Weißenberger 1960).

Der spätere Abt Laurentius Autenrieth schrieb 1520 ein
Schreibmusterbüchlein für einen Mönch des Klosters Blaubeu-
ren (Faksimile: Die Schriftmuster 1979). Vermutlich hat er sich
dabei durch eine Handschrift mit Schriftproben inspirieren las-
sen, die der Ochsenhausener Benediktiner Gregor Bock 1510
begonnen hatte. Dies ist nicht zuletzt deshalb wahrscheinlich,
weil der Lorcher Mönch Friedrich Schreiber, ein Mitarbeiter an
den Lorcher Chorbüchern, im Ochsenhausener Schriftmuster-
buch (heute in der Beinecke Library der Yale University) einen
Eintrag hinterlassen hat (John 1988, S. 313).
Die wenigen Nachrichten über die Lorcher Klosterbibliothek
und die sich nach 1525 entwickelnden »Privatbibliotheken« der
Mönche hat Hummel zusammengestellt (1981, S. 148 - 164). Er-

halten ist ein von Hummel veröffentlichtes Verzeichnis der Lor-
cher Klosterbibliothek aus dem Jahr 1538 mit 66 Titeln - »die
mehr oder weniger zufälligen Überreste der im Bauernkrieg
dezimierten Bibliothek« (Hummel 1981, S. 157). Die umfang-
reichere Privatbibliothek des Abtes Autenrieth mit 158 Titeln
könnte, da sie weitgehend Drucke des 15. Jahrhunderts enthält,
weitere Reste der Klosterbibliothek enthalten (ebd., S. 158 f.).

Augustin Seiz und seine Schreibtätigkeit

Besonderen Anteil an der Zunahme der Schriftlichkeit im Zuge
der Ordensreform hatte Bruder Augustin Seiz aus Schwäbisch
Gmünd, der in den Jahren um 1500 als Kustos und zeitweise
auch als Prior unermüdlich schreibend für das Kloster tätig war.
Die Lebenszeugnisse des Mönchs hat Mehring zusammenge-
stellt (1911, S. XXXIII f.). Nach 1481 wurde Augustin Seiz
(Sartoris) aus Gmünd Kustos des Klosters. Als solcher nennt er
sich 1484 zweimal im Roten Buch. Am Roten Buch, das er als
Kustos begann, schrieb er auch noch als Prior. Als Prior ist er
1508 und 1511 belegt; 1517 könnte er altersbedingt das Prioramt
abgegeben haben (Gebhardt 1979, S.90). Im Roten Buch finden
sich jedoch noch Einträge von der markanten Hand Bruder
Augustins bis Ende 1525.

In der archivalischen Überlieferung des Klosters Lorch begeg-
net man den Schriftzügen des Bruders Augustin auf Schritt und
Tritt. Er schrieb Urkunden selbst (z. B. U 413 f.), fertigte
Urkundenabschriften auf Papier (z. B. U 139, 408) und versah
Urkunden mit Rückvermerken (z. B. U 124,412). Auch derTitel
eines Büchleins über die Weingülten Lorchs (HStASt H 102/45
Bd. 1) wurde von ihm formuliert. In dem 1521 angelegten Un-
tergangs- und Vertragsbuch des Klosters stammen das Register
sowie einige Texte von seiner Hand. In dieses Buch trug Seiz
auch einen Bericht über die Geschehnisse von 1525 ein (HStASt
H 14 Bd. 176). Auf seine beiden Handschriften zu Pfarrei und
Landkapitel Lorch wird an anderer Stelle einzugehen sein. Man

33 Hummel 1981, S. 138 mit der Vermutung, der Schreiber könne der Prior
Clemens Aurifaber sein. Im Zinsregister der lorchischen Kapelle von
Schadberg befindet sich eigentümlicherweise ein Jahrtagsverzeichnis
von Reutin (Mehring 1911, S. IX Anm. 3).

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