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Wanner, Peter [Red.]
Heimatbuch der Stadt Lorch: Lorch: Beiträge zur Geschichte von Stadt und Kloster — Lorch, 1990

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https://doi.org/10.11588/diglit.7424#0091
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Die Karriere im Lorcher Stift stand auch akademisch gebildeten
Bürgersöhnen offen: der Kustos des Stifts von 1289, Magister
Düring, stammte aus der alten und vornehmen Gmünder Fami-
lie Schopp (Graf 1984, S. 127). Ebenfalls aus Gmünd stammte
Magister Konrad von Gmünd, Sohn der Geschlechterfamilie
Taler, der 1324 seinen juristischen Handapparat dem Kloster
Lorch vermachte (Hummel 1981, S. 150). Sicher hat dieser vor-
nehme Kanoniker, der später Propst des benachbarten Chor-
herrenstifts Faurndau wurde, in Bologna seinen Magistertitel
erworben (Graf 1984, S. 155). Ulrich Brenzer, der 1319 Konrads
Schüler in Gmünd heißt (UASp 12, UAG 108) und später Chor-
herr in Lorch war (UAG 137), dürfte eine jener Lorcher Schü-
lerpfründen innegehabt haben, auf die sich 1452 ein Vergleich
zwischen dem Kloster Lorch und dem Domkapitel Augsburg
bezieht (Mehring 1911, S.54). Damals ging es um vier Schüler-
pfründen, die seit alters dem Kloster Lorch zustanden. Augs-
burg konnte sich mit seiner Forderung, zwei davon zu besetzen
oder die Einkünfte zum Nutzen aller vier Pfarrer zu verwenden,
nicht durchsetzen.

1327 werden die Inhaber von sechs Pfründen namentlich ge-
nannt, deren Patronat dem Kloster Lorch zustand: Engelhard
von Enzberg, zugleich Kanoniker am Domkapitel Augsburg,
ein gewisser Graf (Comes) von Schorndorf, Kirchherr in
Wäschenbeuren, und Berthold Carnifex in Stuttgart, Heinrich
von Beringen, zugleich Kanoniker am Domkapitel Augsburg,
Magister Konrad von Gmünd, Marquard, Propst der Stuttgar-
ter Stiftskirche. Je zwei Kanoniker dürften ihren Wohnsitz in
Augsburg und Stuttgart gehabt haben, und auch die beiden
übrigen werden sich in Lorch bzw. Wäschenbeuren durch einen
Vikar haben vertreten lassen.

Das Kloster Lorch war 1297 und 1327 in der mißlichen Lage,
Patronatsrechte über Stiftspfründen an das Domkapitel Augs-
burg abtreten zu müssen, da es auf die Inkorporation anderer
Pfründen durch den Augsburger Bischof dringend angewiesen
war. Vor 1297 läßt sich im oberen Remstal kein Besitz des Dom-
kapitels Augsburg nachweisen - entsprechende Angaben Büh-
lers (Bühler 1977, S.10) konnten widerlegt werden (Graf 1981).
1297 mußte Lorch die Gmünder Pfründe dem Domkapitel
schenken, obwohl sich auch der Gmünder Rat interessiert ge-
zeigt hatte (Graf 1989b), und erhielt im Gegenzug die Pfründe
der Lorcher Pfarrkirche, mit der die Versehung von Alfdorf ver-

bunden war. 1327 übergab Lorch drei Pfründen dem Domkapi-
tel und erhielt drei inkorporiert. Man wird annehmen dürfen,
daß Kloster Lorch im 12. oder 13. Jahrhundert durch staufische
Schenkung in den Besitz aller Stiftspfründen gelangt ist.
Das Rechtsgeschäft von 1327 leitete gewiß das Ende des Stifts
ein, das man nach der Mitte des 14. Jahrhunderts ansetzen kann,
doch ist es unrichtig, von der Auflösung des Stifts im Jahr 1327
zu sprechen. 1333 gab ein Hildebrand von Herteneck sein Ka-
nonikat dem Kloster Lorch auf - er wird ebensowenig wie die
1328 und 1333 als Chorherren bezeugten Ulrich Brenzer und
Sifrid von Böbingen (UAG 156) in den beiden Urkunden von
1327 erwähnt.61 Noch 1351 heißt Konrad Argenhaß Kanoniker,
1354 richtet sich ein Mandat an den Dekan und die einzelnen
Kanoniker der Lorcher Kirche (Mehring 1911, S. 36). Dann folgt
in Mehrings Quellen eine Überlieferungslücke für die zweite
Hälfte des 14. Jahrhunderts. Damals muß es zur endgültigen
Aufhebung des Stifts und zu jener Regelung gekommen sein, die
erstmals 1406 bezeugt ist: vier Priester versehen in Lorch und
den Orten seines Sprengeis gemeinsam den Gottesdienst (Meh-
ring 1911, S.38).

Die Oberamtsbeschreibung gibt an, von den vier Pfarrpfründen
habe »Augsburg zwei, worunter die Dechanei, zu besetzen,
während die zwei andern, darunter die Custorei, im Patronat
Lorchs verblieben« (1845, S. 195). Soweit ich sehe, findet sich bei
Mehring keine einzige Quellenstelle, die für vorreformatorische
Zeit belegt, daß eine der beiden Domkapitels-Pfarrstellen »De-
chanei« bzw. »decania« genannt würde. Die Ausführungen
Mehrings (1911, S.XXIV) über die angebliche Pfründe des
Stiftsdekans lassen sich mit den von ihm edierten Quellen nicht
stützen. Aus den von Bruder Augustin niedergeschriebenen
Texten ergibt sich nur, daß der vom Kloster bestellte Kustos der
eigentliche Pfarrer in Lorch war. Mehring hat anmerkungsweise
zugegeben, daß ihm die Rückschlüsse von den Verhältnissen um
1500 in die Zeit um 1350 Kopfzerbrechen verursachten (1911,
S.XXIX). Da von den in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhun-
derts getroffenen Regelungen nichts bekannt ist, wird man bei
solchen Rückschlüssen - anders als Mehring - größte Vorsicht

61 Ob 1333 eine Verwechslung mit dem gleichnamigen Lorcher Benedik-
tiner Sifrid von Böbingen vorliegt?

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