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Wanner, Peter [Red.]
Heimatbuch der Stadt Lorch: Lorch: Beiträge zur Geschichte von Stadt und Kloster — Lorch, 1990

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https://doi.org/10.11588/diglit.7424#0107
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Anlage des Klosters

Überblick

Auf dem 230 m langen und maximal 80 m breiten, zungenförmi-
gen Plateau richtete sich das Benediktinerkloster ein. Hier
entstand eine autarke Siedlung unverwechselbarer Gestalt be-
sonderer Inhalte und Aufgaben. Diese Siedlung vereinte Kult-
stätte mit Ordensbehausung, Gutshof mit Handwerkersied-
lung-2

In dieser Gliederung zeichnet sich schon ein innerer und äuße-
rer Bezirk ab. Der innere umfaßt die Klausur, das Kloster (lat.
claustrum) im Kloster mit Kirche, Kreuzgang und Konventge-
bäuden, die Gebets-, Wohn- und Arbeitsstätten der Mönche.
Im äußeren Bereich haben die Versorgungsbetriebe ihren Stand-
ort. Diese beiden Bereiche, so sehr sie aufeinander angewiesen
waren, blieben bei aller zweckmäßigen Orientierung deutlich
getrennt. Die Westseite des Klausurareals markierte eine in Ver-
längerung der Vorhofwand gezogene Mauer. Die östliche Klau-
surgrenze dürfte zumindest anfänglich identisch gewesen sein
mit der Ostwand des Klausurgevierts. Nicht auszuschließen
sind jedoch Grenzkorrekturen im Laufe der Jahrhunderte, etwa
im Zusammenhang mit Klausuranbauten, auch der Erstellung
der Abtei, die in anderen Klöstern Verbindung oder nahen Zu-
gang zum Klausurbereich hatte. Im Ostteil des Klosters umstel-
len profane Gebäude, angelehnt an die Ringmauer, den Hof. In
diese Gebäude einbezogen war das mit Zugbrücke, Halsgraben
und Torturm gesicherte Osttor, der Haupteingang für Besucher
und Güter. Gäste f ührte der Weg vom Eingang unmittelbar zum
Abtshaus, dem zentralen Bau dieses Ostbereiches.

Aus der topographischen Mitte der kleinen Hochebene etwas
westwärts herausgerückt baut sich das eigentliche Kloster auf.
Das geordnete Gefüge seiner Bauten erscheint gegenüber dem
malerischen Ensemble des Wirtschaftshofes wie auf einem
Reißbrett entworfen unter Beachtung der Symmetrien und des

rechten Winkels. Eine geistige Konzeption, umgesetzt in funk-
tionelle Logik, prägt die Teile und das Ganze, das mehr war als
die Summe seiner Teile: die Heimat eines schwäbischen Bene-
diktinerklosters, Kultort und Missionszentrum, geistige und
geistliche Mitte der Umgebung, kultureller Erfahrungsort,
Stützpunkt der Verwaltung, Treffpunkt hoher Gäste.
Der Lageplan bezeichnet die Standorte der erhaltenen und
nachgewiesenen Bauten. Die Situation im Klausurbereich ver-
deutlicht eine eigene Zeichnung.

Die überkommenen Gebäude werden nachfolgend im einzel-
nen beschrieben. Hier zuvor Bemerkungen über die abgegange-
nen Bauten. Sie vorzuziehen sei damit gerechtfertigt, daß die
ursprüngliche Ganzheit, Fülle und Struktur des Klosters dem
Leser und Betrachter von Anfang an in den Blick kommen
sollte. Erst aus dem Wissen um das Ganze ist der Stellenwert der
noch existierenden Objekte gerecht und gültig zu beurteilen.
Schließlich sollen mit dieser Vorgehens weise sich wiederholende
Aussagen möglichst vermieden werden.

Die Kenntnis verlorener Bauten verdanken wir bildhaften und
schriftlichen Quellen. Jene, mit den ersten brauchbaren Wieder-
gaben des Klosters, stammen von Andreas Kieser um 1685 (s. S.
210). Weiter zurück gehen Schriftquellen. Die ergiebigste für die
Zeit des Mittelalters ist das Rote Buch des Klosters Lorch, ein
um 1500 angelegtes Kopialbuch mit chronikalischen Texten. Für

2 So vom Ordensgründer gewollt, der im Kapitel 66 seiner Regula sagt:
»Das Kloster soll womöglich so angelegt sein, daß sich alles Notwen-
dige innerhalb der Klostermauern befindet, nämlich Wasser, Mühle,
Garten und die verschiedenen Werkstätten, in denen gearbeitet wird.
So brauchen die Mönche nicht draußen herumlaufen, was ihren See-
len ja durchaus nicht zuträglich wäre«.

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