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Wanner, Peter [Red.]
Heimatbuch der Stadt Lorch: Lorch: Beiträge zur Geschichte von Stadt und Kloster — Lorch, 1990

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https://doi.org/10.11588/diglit.7424#0209
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Zur neueren Geschichte des Klosters

Das Kloster im 16. und 17 Jahrhundert

Das Drama der Klosterschließung und der Vertreibung müssen
die Mönche wie apokalyptische Schrecken erlebt haben. Vor-
bote war der Bauernsturm am 26. April und die Brände am 2.
Mai 1525. »Sebastian, Abt, und Konvent des abgebrannten Got-
teshauses Lorch« klagen in einem Schreiben am 7. Juni 1525 dem
Augsburger Bischof Christoph (von Stadion): »Nachdem uns
(vor) kurzvergangenen Tagen unser Gotteshaus von den aufrüh-
rigen Bauern geplündert und nachgehends (bis) auf den Boden
abgebrannt (wurde) und gar nichts aus(ge)kommen (ist) (...)«
(Schriftmuster 1979, 93).

Dann wie ein tödlicher Keulenschlag Anfang Juli 1535 der Erlaß
der neuen Klosterordnung: der alte Gottesdienst ist abzuschaf-
fen und die Mönche sind zum Austritt aus dem Kloster zu be-
wegen. Das war das Aus für die 14 großen Mannsklöster im
Herzogtum Württemberg.94 Lorch und Murrhardt wehrten
sich aber im Unterschied zu anderen Prälaturen energisch:
»Dieser nahezu geschlossene Widerstand der Konvente von
Lorch und Murrhardt war wesentlich darin gegründet, daß bei-
de Klöster seit ihrer Reform zu den innerlich gefestigten und
geistig lebendigen Benediktiner-Konventen gehörten. Lorch
und Murrhardt verteidigten in der 2. Jahreshälfte 1535 deshalb
nicht nur äußeren Besitz und alte Privilegien, sondern auch und
wesentlich ihren katholischen Glauben, ihre Ordenstradition
und Wahrheit und Kraft ihrer Gelübde« (Deetjen 1976, 76).
Die Reformation der Pfarrei Lorch am 11. November 1535
durch den Theologen Erhard Schnepf und den Kirchheimer
Obervogt H. Friedrich Thumb zieht die Schlinge um das Klo-
ster enger. Kaum zwei Monate später, am 30. Dezember dieses
Jahres, werden 14 Mönche des Klosters verwiesen, doch dem
Abt mit 3 Mönchen das Verbleiben in der Funktion als Verwalter
zugesichert.95

Mit der Beschlagnahme der Klöster und ihrer Vermögen sicher-

te sich das Herzogtum eine bedeutende Einnahmequelle, die
seine Einkünfte um etwa ein Drittel erhöhte. Man ging auch
nicht zimperlich mit dem beweglichen Klostergut um. Sogleich
im Januar/Februar 1536 kamen herzogliche Büchsenmacher ins
Kloster, zerschlugen die Glocken und führten alles Metall, des-
sen sie habhaft werden konnten, weg.

Uber die damaligen Bewohner und Bediensteten des Klosters
sind wir im Bild, weil sie bei der Veranlagung zur Türkensteuer-
liste 1542 aufgezählt sind: der Bäcker, Koch, Fischer, Müller,
Torwart, Karrenknecht, Roßknecht, Schweinehirt, Hirtenbub,
die Mönchmagd, Baumeisterin (für die Ökonomie zuständig)
und Viehmagd.

Eine überraschende Wende führt das Augsburger Interim vom
15. Mai 1548 herbei. Die Auflösung der Klöster wird rückgängig
gemacht. Im Herbst kehren Lorcher Konventualen in ihr Klo-
ster zurück. Am 16. Dezember wählen sie im Beisein der Präla-
ten von Murrhardt und Hirsau Benedikt Rebstock zu ihrem
neuen Abt. 1550 bestätigt Kaiser Karl V. dem Kloster seine Privi-
legien. Doch nach dem Tod Herzog Ulrichs und dem Regie-
rungsantritt Herzog Christophs im November 1550 zeichnet
sich schon das Ende dieses Zwischenspieles ab, das schließlich
der Passauer Vertrag 1552 besiegelt. Die Klosterordnung
Herzog Christophs vom 9.1.1556 bewirkt die endgültige Refor-
mierung des Klosters.

Die Mönche werden abgefertigt. Das Kloster verbleibt als Wirt-
schafts- und Verwaltungseinheit in der Form eines Klosteramtes

94 Die 14 aufgelösten Klöster: Adelberg, Alpirsbach, Anhausen (Kr.
Heidenheim), Bebenhausen, Blaubeuren, Denkendorf, Herbrechtin-
gen, Herrenalb, Hirsau, Königsbronn, Lorch, Maulbronn, Murr-
hardt, St. Georgen.

95 Aufgrund dieser Zahlen nimmt Deetjen (1976, 93) an, der Lorcher
Konvent habe zu Beginn der Reformation etwa 17 Mitglieder umfaßt.

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