Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Wanner, Peter [Red.]
Heimatbuch der Stadt Lorch: Lorch: Beiträge zur Geschichte von Stadt und Kloster — Lorch, 1990

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7424#0224
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Rückblick

Der Stifter des Klosters Lorch, Herzog Friedrich von Schwa-
ben, wächst in eine erregende Zeit hinein, in das heraufkom-
mende hohe Mittelalter. Es ist die Epoche, in der die Auseinan-
dersetzung zwischen dem römisch-deutschen Kaiser Heinrich
IV. und Papst Gregor VII. kulminiert in Bannspruch und
Canossagang (1077). Die von religiösem Ernst erfüllte Zeit ge-
biert Klosterreformen und treibt an zum ersten Kreuzzug
(1096).

Herzog Friedrich, entschiedener Parteigänger des Kaisers, wird
von diesem mit dem Herzogtum Schwaben belehnt (1079) und
erhält dessen Tochter Agnes zur Frau. Die Anerkennung und
das Wohlwollen des höchsten weltlichen Herrschers wird Stre-
ben und Verlangen des Herzogs gefördert haben, sich in der
Welt des Hochadels einzurichten, auf ihre Weise zu agieren, sich
auch darzustellen. Eines der Mittel und Zeichen war die Stiftung
des Dynastenklosters in Lorch. Frommes Bedürfnis und poli-
tischer Ehrgeiz hatten das gleiche Ziel.

Die Zeit des Kloster-Entwurfes und der frühen Anlage liegt
noch in der salischen Epoche (1024 - 1125). Große, auch stil-
bildende Bauten sind damals in Süddeutschland entstanden,
sicher nicht gänzlich außerhalb des Weitblickes und Erfahrungs-
bereiches der Staufer, so in Limburg an der Hardt, in Speyer,
Konstanz und Hirsau. Kloster Lorch bietet nichts Ebenbür-
tiges, weder in den Dimensionen, noch den baukünstlerischen
Ansprüchen. In der Folgezeit findet es sich bestätigt, daß die
Staufer größeres Interesse dem Burgenbau als der Sakralarchi-
tektur abgewannen. Und wem noch an einer Einordnung der
Lorcher Architektur in europäische Maßstäbe gelegen ist, ma-
che sich bewußt, daß die Klosterkirche in jenen Jahren fertig
wurde, als das Frühwerk der französischen Gotik, die Choran-
lage von St. Denis, aus dem Boden wuchs (1137).
Den Blick zurückgeführt und eingeengt auf das Land um Lorch
ist anderes zu sagen. Hier entstand mit dem Monasterium auf
dem Liebfrauenberg erstmalig große Architektur. Und die dort

222

behausten Benediktiner-Mönche lebten und machten vor, was
Askese, Wissenschaft und kulturelles Streben ist und bewirken
können. Sie waren die frühen, entscheidenden Förderer dieses
Landstrichs an der oberen Rems - mit den Staufern, die in Sicht-
weite ihrer Klostergründung einen majestätischen Bergkegel be-
setzt und seinen Namen und zugleich ihren Namen in die Welt
hinausgetragen haben.
 
Annotationen