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Lübke, Wilhelm
Geschichte der Architektur von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart — Leipzig, 1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.26748#0031

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ERSTES KAPITEL

Aegyptische Baukunst.

1. Allgemeines.

Ehe die Schönheit ihren siegreichen Einzug hält und in vollem Glanze
aus dem Gliederbaue der griechischen Architektur hervorleuchtet, finden wir
einen langen Zeitraum der Vorbereitung, in welchem von verschiedenen Völ-
kern die Aufgabe einer idealen Gestaltung des unorganischen Stoffes von ver-
schiedenen Seiten her den Versuch einer Lösung erfahren hat. Man kann es
eine Theilung der Arbeit nennen, kraft welcher jedes Volk, gemäss der in
ihm vorwiegenden Seite geistiger Anlage, eine Architektur geschaffen hat, in
der die Besonderheit des jedesmaligen Volksgeistes sich mit aller Schärfe der
Einseitigkeit ausspricht. Erst dem Volke der Griechen, in welchem die
widerstrebenden Richtungen menschlicher Natur zu edler Harmonie verbunden
waren, gelang es, in den Werken seiner Architektur jene Widersprüche zu
schöner Einheit zu verschmelzen; erst durch sie verliert die Architektur das
Gepräge streng nationaler Gebundenheit und wird fortan die gemeinsame Auf-
gabe der verschiedenen, nur durch das Band verwandten Culturstrebens ver-
bundenen Völker.

Auf jenen Vorstufen werden wir den Geist noch im Banne der Natur
antreffen. In der Kindheit der Völker, avo der Mensch zuerst der umgebenden
Natur als ein Besonderes, Geistiges sich gegenübergestellt fühlt, beginnt sein
Ringen nach Befreiung von dieser Fessel, sein Streben nach Beherrschung der
Natur. Aber indem er mit ihr kämpft, bleibt er von ihr abhängig, unter dem
Einfluss ihrer Gestaltungen. Daher drückt sie Allem, Avas er schafft, in über-
mächtiger Weise ihr Gepräge auf. Je freier der Mensch im Laufe fortschrei-
tender Bildung sich losringt, desto weniger unterliegt er dem Einfluss der
Natur ; und wenn cferselbe auch niemals ganz verschwindet, so äussert er sich
zuletzt doch so gelinde, dass das Werk geistiger Thätigkeit nur wie mit eigen-
thümlichem Dufte davon angehaucht scheint.

Wenn irgend ein Land unter dem Banne scharf ausgeprägter Naturbedin-
gungen liegt, so ist es Aegypten *). Durch einen Wall hoher Felsgebirge von
der afrikanischen Wüste getrennt, ertrotzt es seine Existenz von dem verhee-
renden, alles Leben überdeckenden Sandmeere. Aber die Dürre des regen-
losen Klimas würde das Land dennoch zur Unfruchtbarkeit verdammen, wenn

*) Literatur: Description de l’Egypte. Antiquitds. — C. R. Lepsius. Denkmäler aus Aegypten und
Aethiopien. Berlin lS49ff. — J. Rossellini. Monumenti dell’ Egitto e della Nubia. 3 Vols. Pisa 1834—44. —
G. Erbkam. Ueber den Gräber- und Tempelbau der alten Aegypter. Berlin 1852. — Gau. Neuentdeekte
Denkmäler von Nubien. Fol. Stuttgart und Paris 1822.

Geschicht-

liche

Stellung.

Naturbe-

dingtheit.

Das Land.
 
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