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Lübke, Wilhelm
Geschichte der Architektur von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart — Leipzig, 1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.26748#0075

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Viertes Kapitel. Phönizische und hebräische Baukunst.

53

Die ältesten und wichtigsten Städte des phönizischen Landes waren Sidon,
der „Markt der Heiden“,*) und Tyrus, deren „Kaufleute Fürsten sind und die
Krämer die herrlichsten im Lande“.**) Von hier aus wurden zuerst die Inseln
Ivypros, Rhodos und Kreta kolonisirt, und schon im Laufe des 13. Jahrhun-
derts v. dir. bedeckten die phönizischen Niederlassungen alle Gestade und
Inseln des Aegäischen Meeres. Um 1100 waren sie bis an die Säulen des
Herkules vorgedrungen und gründeten als westlichsten Stützpunkt ihrer Macht
die Stadt Gades. Indem sie den noch in schlichten Naturzuständen lebenden
Bevölkerungen Griechenlands und der übrigen Länder des Mittelmeeres die
Cultur des Orients und selbst ihre eigene Buchstabenschrift mittheilten, er-
langten sie für die Geschichte des Menschengeschlechts eine hohe Bedeutung.
Aber sie waren nicht blos Vermittler fremder Erzeugnisse, sondern sie nahmen
in manchen Kunstgewerben selbstthätig eine hervorragende Stellung ein. Im
Bauwesen, im Erzguss', in der Verarbeitung edler Metalle, in feinen Webereien
waren sie hoch erfahren. Besonders aber rühmte man im Alterthum ihre Glas-
fabriken und ihre Purpurfärbereien. Die meisten dieser Techniken mögen sie
von früheren Culturvölkern sich angeeignet haben, so die Weberei von den
Babyloniern, die Glasfabrikation von den Aegyptern; doch gelten sie im home-
rischen Zeitalter als die ausschliesslichen Träger aller höheren Kunstfertigkeit.
Die kostbaren Mischkrüge von Erz oder Silber, die Geschmeide aus Gold und
Elektron stammen aus Sidon, der Stadt voll schimmernden Erzes, sind von
kunstreichen sidonischen Männern gefertigt, wie die prachtvollen bunten Ge-
wänder als Erzeugnisse sidonischer Frauen gerühmt werden. Als Baumeister
werden die Phönizier von den ihnen benachbarten und befreundeten Juden
beim Tempel zu Jerusalem verwendet; aber selbst Euripides weiss zu berichten,
dass die Mauern von Mykenä nach pliönizischem Kanon erbaut waren.***)

Je wichtiger nach alledem dies merkwürdige Volk für die Uebertragung
orientalischer Kunstformen nach dem Abendlande war, um so mehr haben wir
es zu beklagen, dass von der ganzen Herrlichkeit seiner Städte so gut wie
nichts übrig geblieben ist. Nur gewaltige aus Riesenquadern aufgeführte
Damm- und Uferbauten haben sich auf der Insel Arvad, sowie nördlich von
dort zu Marathus erhalten. Sie legen Zeugniss ab von dem grossartig prak-
tischen Sinn des Volkes und der unverwüstlichen Gediegenheit seiner Bau-
technik. Die Quader sind scharf gefugt, an den Rändern glatt gearbeitet, der
übrige Theil der Flächen aber ist rauh stehen gelassen, so dass der Eindruck
derber Festigkeit noch verstärkt wird. Es sind wohl die ältesten Werke der
sogenannten Rustika.

Wie der Oberbau phönizisclier Tempel und Paläste beschaffen war, wissen
wir nicht, da aber die häufige Anwendung von Cedernholz, von kostbaren
Metallbekleidungen und ehernen Säulen erwähnt wird, so dürfen wir eine Ver-
wandtschaft mit der babylonisch-assyrischen Architektur annehmen. Bekannt
ist Ezechiels Anrede an Tyrus: „Deine Gränzen sind mitten im Meer, und deine
Baumeister habest deine Schönheit vollkommen gemacht. Sie haben all dein
Getäfel aus Cypressen, deine Mastbäume aus Cedern vom Libanon, deine Ruder
von Eichen aus Basan und deine Bänke von Elfenbein gemacht.“— Die Tempel
in Gades und Utika waren mit ehernen Säulen und Balken von Cedernholz ge-
schmückt; derTempel des Apollo am Markte zu Karthago war im Innern mitGold-
platten bekleidet. Ueber die Form der phönizischen Tempel erfahren wir nichts.

*) Jesaias 23, ,3. **) Ebenda 23, 8. ***) Eurip. Here. für. 948.

Ihr Handel.

Ihre Kultur.

Baukunst

Damm-

hauten.

Bau-

Material.
 
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