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Lübke, Wilhelm
Geschichte der Architektur von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart — Leipzig, 1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.26748#0087

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Viertes Kapitel. Phönizische und hebräische Baukunst. 05

2. Jahrh. vor Chr. bei Modin errichtet wurden, waren gleich diesen letzteren
mit pyramidalen Aufsätzen, sechs kleineren um eine mittlere grössere Pyra-
mide, bekrönt.*) Endlich wissen wir aus der Bibel, dass die Pharisäer zu
Christi Zeit den von ihren Vätern getödteten Propheten Denkmäler errichteten
und „die Gräber der Gerechten schmückten“.**) Hält man mit diesen That-
sacken zusammen, dass die Identität des jetzt vorhandenen sogenannten Ab-
salomgrabes mit dem in der Schrift erwähnten nicht zweifellos festzustellen ist,
so wird eine vorsichtige Untersuchung etwa Folgendes als wahrscheinlich an-
nehmen dürfen.

Die primitivsten Grabfagaden, wie sie in den Höhlen des Dorfes Siloa
vorliegen, und auch in der eigentlichen Nekropolis von Jerusalem Vorkommen,
zeigen nur schlichte Thürgewände, ähnlich den ältesten Grabfagaden Etruriens.
In einzelnen Fällen kommt ägyptischer Einfluss vor, der jedoch nur in dem
bekannten Kranzgesims mit der Hohlkehle sich ausspricht: einer Form, der
wir selbst in Assyrien und Persien begegnet sind. Alle diese einfachsten Ele-
mente der Gestaltung mögen wohl dem höchsten jüdischen Alterthum ange-
hören, wie sie denn vielleicht auch auf die äussere Ausstattung des salomonischen
Tempels einen Rückschluss zulassen. Selbständige, dem jüdischen Boden
eigentümliche Kunstformen vermögen wir in jenen einfachen Denkmalen
nicht nachzuweisen. Die zweite Gruppe der Gräber von Jerusalem muss da-
gegen einer Zeit angehören, in welcher die vollendete griechische Kunst sich
über die Völker der alten Welt auszubreiten begann. Wie dieselbe in Italien
ungefähr um die gleiche Zeit, etwa 250 v. Chr. eindringt, so sehen wir es auch
in Palästina; und wie die ersten Epochen dieser hellenistischen Kunst auch in
Rom die strengeren, einfacheren Ordnungen des dorischen und ionischen Styles
fast ausschliesslich begünstigen, und die prunkvollere korinthische Bauweise
erst von der beginnenden Kaiserzeit mit Begierde aufgenommen wird, so
finden wir es in den jüdischen Monumenten. Auch jene Mischung der Ord-
nungen ist für eine solche Zeit des beginnenden Studiums bezeichnend. Wie
mischte man in unserer Zeit gothische und romanische Elemente, ehe man
beide streng scheiden und consequent anwenden lernte! Dabei war es in
Palästina naheliegend, die althergebrachten ägyptischen Ueberlieferungen fest-
zuhalten, vor Allem das Kranzgesims und selbst in vereinzeltem Falle die
Pyramide. Was sich inzwischen an selbständigem Kunstgeist entwickelt hatte,
floss in reichem Laubschmuck mit ein, für welchen man sich an die Vegetation
des Landes, an das Weinblatt und die Traube, an Oel- und Palmzweige, an
Eplieu- und Lorbeerblätter hielt. Wie gesagt, war es das strenge mosaische
Bildverbot, welches die jüdische Kunst zur Laubornamentik trieb und hier eine
vegetative Flächendekoration hervorrief, die dem Kunstcharakter des übrigen
Altertlmmes fremd ist. Unter ähnlichen Voraussetzungen sollten später die
Araber, jener in vielfacher Beziehung den Israeliten verwandte Volksstamm,
dies Prinzip des Flächenschmuckes weiter ausbilden.

*) I. Maoo. 13. 27—30.

**) Matth. 23. 29. Luc. 11. 47 und 48.

Alter der
Gräber.

Liibke, Geschichte d. Architektur.

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