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Lübke, Wilhelm
Geschichte der Architektur von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart — Leipzig, 1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.26748#0175

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Erstes Kapitel. Griechische Baukunst.

153

tragen, ein Aufsatz empor, ungemein reich wie ein üppiges korinthisches
Kapital mit Akanthusblättern behandelt. Viel einfachere Form, bedingt durch
seine besondere Lage, zeigte das erst neuerdings zerstörte, wenige Jahre
jüngere Monument des Thrasyllos, für einen im J. 320 errungenen Sieg auf- Monument
geführt. Eine Grotte an der Südseite der Akropolis, die den Dreifuss um- Tiu-as^iios.
schloss, musste hier künstlerisch behandelt werden. Dies geschah, indem man
eine einfache dorische Pilasterstellung anordnete, die ein entsprechend geglie-
dertes Gebälk trug. Am Friese befanden sich statt der Triglyphen, in einer
Anspielung an den errungenen Sieg, plastisch gearbeitete Lorbeerkränze, am
Architrav aber eine Reihe von Tropfen. Nachmals, als dem Oberbau eine
Statue des Bakchus aufgesetzt wurde, erhielt das Gebälk in der Mitte eine
Unterstützung durch einen schlanken Pfeiler.

Aus der spätesten Zeit griechischer Kunst ist endlich noch ein interes- Thurm der
santes kleines Bauwerk zu Athen erhalten, das in seinen Details bereits ein Vuu,k-
theilweises Verschmelzen griechischer Formen mit ausländischen bekundet.

Dies ist der sogenannte Thurm der Winde oder das Horologium (die Uhr)
des Andronikos von Kyrrhe. Es ist ein achteckiger, thurmartiger Bau mit
zwei kleinen von je zwei Säulen getragenen Vorhallen und einem halbrunden
Ausbau. Obeu unter dem Gesims sind die Gestalten der acht Winde im Relief
angebracht, und ein eherner Triton auf dem Dache wies als Windfahne mit
einem Stäbchen auf den jedesmal wehenden Wind hernieder. Darunter sind
die Linien eiuer Sonnenuhr eingegraben. Die Säulenkapitäle, in Kelchform
gebildet, zeigen unten einen Kranz von Akanthusblättern, darüber einen andern
von schwergeformten Schilfblättern (vgl. Fig. 87 auf S. 123). Mit diesem
letzteren Denkmal steht eine Wasserleitung in Verbindung, die, durch eine
Reihe von Rundbögen gebildet, der Uhr das nöthige Wasser zuführte. Diese
Bögen sind aber keineswegs durch Keilsteine, sondern in ganzer Ausdehnung
monolithisch hergestellt, je aus einem einzigen Marmorblock von 9 Fuss Länge,

43/4 Fuss Höhe und 2 Fuss Dicke. Charakterisirt sind sie als dreifach ge-
theilter, gebogener Architrav, dessen Bekrönung eine kleine Welle mit einer
Platte bildet. Die Pfeiler, von welchen die Bögen aufsteigen, zeigen dorische
Antenkapitäle. Wir haben also hier ein merkwürdiges Beispiel, wie die
Griechen die ihnen fremdartige Form des Bogens in der Zeit, als ihre schöpfe-
risch-architektonische Kraft bereits erloschen war, gelegentlich rein decorativ
auffassten und behandelten. Es ist damit die Grenze bezeichnet, welche ihrem
baukünstlerischen Schaffen gesteckt war.

Werfen wir nun einen vergleichenden Rückblick auf den Entwicklungs- ver-
gang der Architektur, soweit wir denselben bis jetzt betrachteten, um uns noch
einmal klar vor Augen zu stellen, welchen Höhenpunkt die Griechen darin
bezeichnen. Zwei Völker aus der Reihe der bisher genannten dürfen wir, als
baugeschichtlich minder bedeutend, gleich ausscheiden. Es sind die Perser
und die Babylonier. Nicht ohne eine massenhafte und in’s Kolossale gehende
Architektur, haben doch beide keinen bedeutsamen Schritt in der Weiterent-
wicklung derselben getlian. Sie brachten es nur zu prachtvoll aufgethürmten,
reich gruppirten, glänzend ausgeschmückten Werken, die gleichwohl die con-
sequente Entwicklung eines constructiven Gedankens, mithin auch die Dar-
legung und künstlerische Ausprägung eines ästhetischen Princips vermissen
lassen. Das wichtigste Merkmal baulicher Construction, die Ueberdeckung der
 
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