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Lübke, Wilhelm
Geschichte der Architektur von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart — Leipzig, 1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.26748#0285

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Zweites Kapitel. Styl der mohamedanisclien Baukunst.

263

Gebrauch in der Art bestimmte, dass jene den östlichen Theil erhielten, während
die Christen im Besitz des westlichen blieben. Für die Raumanlage waren
die Erfordernisse des Cultus, dessen wichtigste Bestandtheile Gebete und
Waschungen ausmachten, massgebend. Da das Gebäude also auch hier eine
Menge der Gläubigen zu umfassen geeignet sein musste, so erklärt es sich da-
durch schon, dass man in der Grundform den heidnischen Tempel eben so
wenig nutzen konnte, wie das Christenthum es vermocht hatte. Vielmehr
boten die christlichen Kirchen weit eher die geeigneten Räumlichkeiten dar,
weshalb der Islam in der Bildung des Grundrisses gewisse Einwirkungen,
namentlich vom byzantinischen Bausystem aus, aufnahm. Wirklich wird auch
vom Kalifen Walid berichtet, dass er auf seine Bitte vom griechischen Kaiser
Baumeister zur Ausführung seiner Bauten erhielt. Wie verwandt aber auch
die frühesten Moscheen mitunter den byzantinischen Kirchen sein mochten,
in dem einen Punkte unterschieden sie sich von ihren christlichen Vorbildern
auf’s Bestimmteste: in der Versclimähung jeder bildlichen Darstellung, an
welcher der Islam in seinen heiligen Gebäuden fast ohne Ausnahme festhielt.

Wie aber der Mohamedanismus ein Kind des Orients war und im Morgen- Orientale
lande seine weiteste Verbreitung erfuhr, so konnte es nicht fehlen, dass auch E1^n'ejt
in seiner Architektur die orientalischen Elemente die vorherrschenden wurden.

Daher ist ihr die Vorliebe für phantastisch geschweifte, üppig schwellende
Formen, für das Spiel mit einer reichen Ornamentik vorzüglich eigen. Doch
mischt sich in diesen Gesammtcharakter wieder ein besonderes Anknüpfen an
die bereits Vorgefundene Denkmälerwelt der einzelnen Länder, so dass unter
dem allgemeinen Gesammttypus doch wieder viele charakteristische Besonder-
heiten sich bemerklich machen.

Aus diesen verschiedenen Factoren gestaltete sich im Laufe derZeit durch Umfang um
Verschmelzung der Grund-Elemente ein selbstständiger Baustyl, der, seit Dauer'
länger als einem Jahrtausend in den ausgedehnten Ländergebieten des Moha-
medanismus herrschend, eine Menge prachtvoller und grossartiger Schöpfungen
hervorgebracht hat und trotz einer gewissen Stabilität, die allen Gestaltungen
des Orients anhaftet, bis auf den heutigen Tag eine nicht zu leugnende Lebens-
fähigkeit bekundet. Nur ist freilich dies Leben des Orients wesentlich ver-
schieden von dem des Abendlandes, da jenes auf ewiger Ruhe, dieses auf
ewiger Entwicklung, Umgestaltung, Erneuerung sich auf baut.

ZWEITES KAPITEL.

Styl der moliamedanisclien Baukunst.

Wie sich überall der höhere Styl der Architektur an den heiligen Gebäuden Moscheen,
entfaltet, so fassen wir auch bei den Mohamedanern die Bauart ihrer Cultus-
stätten, der Moscheen, vornehmlich in’s Auge. Da ergibt sich denn gleich
bei der Betrachtung des Grundrisses, dass von einer feststehenden Form, aus
 
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