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Lübke, Wilhelm
Geschichte der Architektur von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart — Leipzig, 1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.26748#0668

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646

Sechstes Buch.

Charakteri-

stik.

ZWEITES KAPITEL.

Die Renaissance in Italien.

Erste Periode: Erührenaissance.

(1420— 1500.)

Um das Jahr 1420 taucht zuerst die bewusste Wiederaufnahme der antiken
Formen in der Baukunst auf. Von da bis gegen 1500 lässt sich die erste
Periode der Renaissance datiren*). Diese „Frührenaissance“ trägt den
Charakter des Schwankens, des Suchens an sich. Erfüllt von dem Gefühl für
grossartige Räumlichkeit, welches schon die frühere Epoche in Italien ge-
weckt und genährt hatte, vermag sie sich von manchen Traditionen des mittel-
alterlichen Baustyles nicht gänzlich loszureissen und bemüht sich, die antiken
Formen damit in Uebereinstimmung zu bringen, sie in freier Weise für die
neuen baulichen Zwecke zu verwenden. So schwankt sie vielfach in der Bil-
dung der Gesimse; so wendet sie die durch ein schlankes Säulchen getheilten
Bogenfenster der mittelalterlichen Bauweise gern an; so greift sie zumal in
der Anlage der Kirchen zu der niemals in Italien ganz aufgegebenen Säulen-
basilika mit offenem Dachstuhl zurück; so knüpft sie auch namentlich an die
kühnen technischen Leistungen der vorigen Epoche an. Für die antike Be-
handlung der Gliederung kam es ihr zu Statten, dass auch der gothische Styl
hier die tief ausgekehlten, scharf zugespitzten Profile schon abgestreift odei
doch gemildert hatte, so dass in dieser Hinsicht kein zu grosser Sprung zu
machen war. Bei imposanter, oft äusserst schlichter Gesammthaltung verfällt
sie sodann bisweilen, durch einen gewissen phantastischen Zug getrieben, in
ein überreiches Anwenden von Decoration, so dass ein bunter, aber durch
Wärme der Phantasie anziehender Eindruck hervorgebracht wird. Mit einem
Worte: es ist noch kein bestimmter Canon festgestellt, die Erfindung hat noch
ziemlich weiten Spielraum, und dieses rührige Suchen verleiht den Werken
dieser Epoche einen eigenthiimlichen Reiz der Frische und Unmittelbarkeit.
Dazu kommt, dass in der guten Zeit der italienischen Renaissance niemals
ein Mörtelverputz sich als täuschender Quaderbau geben will, dass vielmehr

*) Für die Geschichte der einzelnen Baumeister und ihrer Werke bietet eine dankenswerthe Ueber-
sicht Quatrem'ere de Quincy, Histoire de la vie et des ouvrages des plus cölfebres architectes etc. 2 Vols.
8. Paris 1830. — Eine vollständige Geschichte der italienischen Renaissance bis in die späte Zeit des Ver-
falls enthält in knappster und doch reichhaltigster Darstellung der „Cicerone“ von Jac. Burckhardt (Basel
1S55J ein Buch von seltener Feinheit und Schärfe der künstlerischen Anschauung', dessen Studium bei
einem' Besuch Italiens oder beim Durchgehen der zahlreichen guten Kupferwerke den Architekten nicht
genug empfohlen werden kann. Unsere Behandlung dieser Epoche stützt sich hauptsächlich auf diese
Arbeit. — Zahlreiche Risse ausserdem in dem ziemlich planlosen, aber reichhaltigen Sammelwerke von
Wiebeking , Theoretisch-praktische bürgerliche Baukunde. 4 Bde. 4. u. 2 Bde. Fol. München 1821—•
pgo0_ _ Architektonische Aufnahmen, meist von französischen Architekten, sind in folgenden Haupt-

werken zu finden: P. Letarouilly, Edifices de Rome moderne. 2 Vols. 4. u. Fol. Paris 1840 (in jeder
Hinsicht mustergültige Prachtpublication).— Percier et Fontaine, Choix des plus cdlfebres maisons de plai-
sance ä Rome. Fol. Paris 1S09, neue Ausg. 1824. — Dieselben, Palais, maisons et autres ddifices modernes
dessinds ä Rome. Fol. Rom 1798.— Grandjean de Montigny et Famin, Architecture Toscane. Fol. Paris
X846. — Gauthier, Les plus beaux ddifices de la ville de Gfenes et de ses envirous. Fol. Paris 181S. —
Cicognara, Le fabbriche piii cospicue di Venezia, 3 Vols. Fol. Venezia 1815 —1820.— F. Cassina: Le
fabbriclie di Milano. Fol. 1847.
 
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