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Lübke, Wilhelm
Geschichte der Architektur von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart (Band 2) — Leipzig, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.26746#0204
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Fünftes Buch.

ftändigen Umgang mit drei polygonen Kapellen. Die Anlage ift für Schweden
ungewöhnlich, fchließtfich dagegen ziemlich nahe an verfchiedene Vorbilder des mitt-
leren Deutl'cblands an. Noch mehr als der reiche und wohlberechnete Plan zieht
die glänzende Ausfchmückung aller Theile die Aufmerkfamkeit auf fich. Ur-
fprünglich waren alle Fenfter mit reichen Maaßwerken und gemalten Glasfcheiben
geziert; von beiden finden fich noch bedeutende Ueberrefte vor. — Die Pfeiler
des Umganges haben nach außen Figuren, welche gleichfam einen Theil der Bö-
gen tragen, nach innen Sacramentshäuschen, die fehr fchön und in den Sand-
ftein felbft hineingearbeitet find. Auch die Gewölbebildung ift ungewöhnlich reich
und edel, und die Strebepfeiler waren früher mit großen Standbildern gefchmückt.
Das große Südportal*), ein Meifterwerk von leichter Behandlung des Steins aus
derfelben Schule, ift vor kurzem vortrefflich wieder hergeftellt worden.

Der letzte bedeutendere Kirchenbau, welchen wir aus dem Mittelalter für
Oftergötland zu nennen haben, entftand etwa gleichzeitig mit der Vollendung des
Vadftena. vorgenannten Chorbaues; es ift die Stadtkirche von Vadftena, heute beinahe gänz-
lich niedergeriffen mit Ausnahme des Thurmes. Sie foll etwa 1464 erbaut wor-
den fein und war ein ziemlich einfaches Ziegelfteingebäude mit gerader Altarwand,
viereckigem Weftthurm und breiterem Mittelfchiff. Im Uebrigen befchäftigte man
fich während der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts hauptfächlich mit dem Ein-
fetzen von Gewölben, wie dies aus mehreren erhaltenen Infchriften, befonders in
Oftergötland und Smäland zu erfehen ift. Die kleineren Dandkirchen hatten bis
dahin faft ohne Ausnahme einfache Bafilikendecken gehabt und behielten, auch
nachdem Gewölbe eingefetzt worden waren, im Uebrigen ihre romanifche Ge-
flaltung. Im Zufammenhang mit dem Bau von Gewölben ftand gewöhnlich deren
Ausmalung; vor Allem im Erzftift, während der Zeit des eifrigen Jacob Ulffon,
wurde eine Menge derartiger Arbeiten ausgeführt. Der Neubauten find es da-
gegen in der letzten Periode der Gothik weder viele, noch bedeutungsvolle. U11-
stora Tuna. ter ihnen ift noch zu nennen die Kirche von Stora Tuna in Dalekarlien, welche
einen dreifeitigen Chorumgang und einen viereckigen Weftthurm befitzt, im Ue-
brigen der Kirche von Romfartuna darin gleich ift, daß die Seitenfchiffe und der
Umgang mit geneigten Kreuzgewölben gedeckt find, wobei letztere durch halbe
Spitzbögen gefchieden find, welche von kleinen Kragfteinen an den Umfaffungs-
mauern auffieigen. Das Gebäude ift aus Ziegelftein, ausgenommen der untere
Theil der Umfaffungsmauern, der aus Granit befteht. Die Marienkirche in
Faiun. Falun gleicht in der Anordnung fo ziemlich den gewöhnlichen fpätgothifchen
Kirchen, — gerade Altarwand, äußere Strebepfeiler, Fenfter im Weften und
Offen, die den einzelnen Schiften entlprechen. Ungewöhnlich einfach, ja fogar
Nykoping. etwas roh, erfcheint die Allerheiligenkirche in Nyköping, welche wohl in die-
felbe Zeit wie die vorigen Kirchen gezogen werden darf, obwohl die UmfafTungs-
mauern von Granit find. -—■ Der Umbau der Nikolaikirche dafelbft, welcher
wahrfcheinlich den Chor und das füdliche Seitenfchiff umfaßt, dürfte ebenfalls
in die letzte Zeit der Gothik gefetzt werden. Auch fie bietet kein irgend hervor-
ragendes Beifpiel für diefe Kunftgattung. Bemerkenswerther ift noch die kurz
Thorfang. y0r der Reformation entftandene Kirche von Thor fang in der Nähe von der
Stora Tuna (in Dalekarlien). Sie befteht aus einem Schiff aus behauenem

*) Abgebildet in „Ny illustrerad tidning“ 1870, Nr. 47.
 
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