war, in der er lebte und an deren Auf und Ab er Anteil hatte. Aber die fortschrittlichen Elemente
dominieren in seinem Werk - nicht quantitativ vielleicht, denn die Menge der manierierten Werkstatt-
bilder ist nicht klein, eindeutig jedoch der Qualität der geformten Aussage nach.
Um die Zeit seiner niederländischen Reise erreichte der Meister im ursächlichen Zusammenhang mit
dem antifeudalen Kampf des deutschen und europäischen Bürgertums, der der ersten Entscheidungs-
schlacht zustrebte, den Höhepunkt seiner schöpferischen Reife. Und so irrig es wäre, die von Leiden-
schaft erfüllten Gemälde und Holzschnitte des etwa Dreißigjährigen gering zu achten, so konsequent
wird eine von Modeströmungen unberührte geschichtliche Würdigung festzustellen haben, daß Cranachs
größte Entfaltungsperiode in die Jahre zwischen 1508 und 1522 fällt, wobei der Beginn seiner Freund-
schaft mit Martin Luther nichts prinzipiell Neues, sondern die Folgerung aus seiner schon vorher voll-
zogenen Parteinahme für das Gedankengut der Reformationsbewegung war. Die von uns angeführten
Beispiele sind daher vorwiegend diesem Zeitabschnitt entnommen, der der für Cranachs Schaffen
wahrhaft typische ist, da sich in ihm das Wesen des „Malers der Reformation“ am reinsten heraus-
kristallisierte. Mit seinen damals entstandenen Gemälden, Holzschnitten und Kupferstichen leistete er
seinen gewichtigsten Beitrag zur Entwicklung des Realismus.
Wir erinnern zum Schluß an eine kluge Beobachtung des Literarhistorikers Georg Lukäcs, die nicht
nur für die Weltliteratur, sondern auch für die bildende Kunst und nicht zuletzt für Lucas Cranach
zutrifft: „Jeder volkstümliche Schriftsteller ist ein Antäus, dessen Kraft aus der ständigen Berührung
mit der Mutter Erde stammt . . . Der Schriftsteller kann und soll sich in Gedanken und Gestaltung
über den Klassenboden seines Ausgangspunkts erheben, aber wenn er sich von diesem Boden gänzlich
loslöste, würde er die gerade ihm spezifische schriftstellerische Kraft verlieren.“ (Der Wittenberger
Meister war ein solcher Antäus, und es mag kein Zufall sein, daß er den Kampf des sagenhaften Riesen
mit dem ihn erdrückenden Herkules mehrmals verbildlicht hat. Sein Leben und Werk ist ein eharak- Bild 148
teristisches Stück unserer nationalen Geschichte, von dem wir kritisch und selbstkritisch lernen können.
Verzeichnis der benutzten Literatur
Friedrich von Bezold: Geschichte der deutschen Reforma-
tion. Berlin 1890.
W. F. Seinjonow: Geschichte des Mittelalters. Berlin 1952.
Marx, Engels, Lenin, Stalin: Zur deutschen Geschichte.
Band I: Von der Frühzeit bis zum 18. Jahrhundert. Berlin
1953.
Karl Marx und Friedrich Engels: Über Kunst und Litera-
tur. Eine Sammlung aus ihren Schriften. Herausgegeben
von Michail Lifschitz. Berlin 1948.
Jürgen Kuczynski: Allgemeine Wirtschaftsgeschichte. Von
der Urzeit bis zur sozialistischen Gesellschaft. Berlin 1949.
Wilhelm Zimmermann: Der Große Deutsche Bauernkrieg.
Volksausgabe. Berlin 1952.
Alfred Meusel: Thomas Münzer und seine Zeit. Mit einer
Auswahl der Dokumente des Großen Deutschen Bauern-
krieges, herausgegeben von Heinz Kamnitzer. Berlin 1952.
Julius Köstlin: Martin Luther. Sein Leben und seine
Schriften. 2 Bde. 4.Aufl. Berlin 1889.
Luther im Gespräch. Übertragen von Reinhart Buchwald.
Stuttgart 1938.
Heinrich Boehmer: Der junge Luther. 4. Aufl. Leipzig 1951.
C. Ullmann: Reformatoren vor der Reformation. 2 Bde.
Gotha 1866.
Georg Dehio: Geschichte der deutschen Kunst. Textband 3.
Berlin u. Leipzig 1926.
Heinrich Wölfflin: Die Kunst Albrecht Dürers. 6.Aufl.
München 1943.
W.K.Zülch: Der historische Grünewald. Mathis Gothardt-
Neithardt. München 1938.
Friedrich Buchholz: Protestantismus und Kunst im 16. Jahr-
hundert. Leipzig 1928.
Schweizer Malerei und Zeichnung im 15. und 16. Jahr-
hundert. Einführung von Georg Schmidt. Frankfurt/Main
o.J.
C.v. Mandach und H. Koegler: Niklaus Manuel Deutsch.
Leipzig o. J.
Eberhard Hempel: Michael Pacher. Wien 1931.
Niccolö Macchiavelli: Der Fürst (II Principe). Übersetzt
von Dr. Friedrich Blaschke. 2. Aufl. Leipzig 1940.
Goethes Gespräche. Gesamtausgabe, neu herausgegeben
von Flodoard Frhrn. von Biedermann. 2. Aufl. Leipzig 1909.
Georg Lukäcs: Deutsche Realisten des 19. Jahrhunderts.
Berlin 1951.
Benutzt wurde außerdem ein großer Teil der in der Biblio-
graphie (S. 178f.) zusammengestellten Spezialliteratur.
127
dominieren in seinem Werk - nicht quantitativ vielleicht, denn die Menge der manierierten Werkstatt-
bilder ist nicht klein, eindeutig jedoch der Qualität der geformten Aussage nach.
Um die Zeit seiner niederländischen Reise erreichte der Meister im ursächlichen Zusammenhang mit
dem antifeudalen Kampf des deutschen und europäischen Bürgertums, der der ersten Entscheidungs-
schlacht zustrebte, den Höhepunkt seiner schöpferischen Reife. Und so irrig es wäre, die von Leiden-
schaft erfüllten Gemälde und Holzschnitte des etwa Dreißigjährigen gering zu achten, so konsequent
wird eine von Modeströmungen unberührte geschichtliche Würdigung festzustellen haben, daß Cranachs
größte Entfaltungsperiode in die Jahre zwischen 1508 und 1522 fällt, wobei der Beginn seiner Freund-
schaft mit Martin Luther nichts prinzipiell Neues, sondern die Folgerung aus seiner schon vorher voll-
zogenen Parteinahme für das Gedankengut der Reformationsbewegung war. Die von uns angeführten
Beispiele sind daher vorwiegend diesem Zeitabschnitt entnommen, der der für Cranachs Schaffen
wahrhaft typische ist, da sich in ihm das Wesen des „Malers der Reformation“ am reinsten heraus-
kristallisierte. Mit seinen damals entstandenen Gemälden, Holzschnitten und Kupferstichen leistete er
seinen gewichtigsten Beitrag zur Entwicklung des Realismus.
Wir erinnern zum Schluß an eine kluge Beobachtung des Literarhistorikers Georg Lukäcs, die nicht
nur für die Weltliteratur, sondern auch für die bildende Kunst und nicht zuletzt für Lucas Cranach
zutrifft: „Jeder volkstümliche Schriftsteller ist ein Antäus, dessen Kraft aus der ständigen Berührung
mit der Mutter Erde stammt . . . Der Schriftsteller kann und soll sich in Gedanken und Gestaltung
über den Klassenboden seines Ausgangspunkts erheben, aber wenn er sich von diesem Boden gänzlich
loslöste, würde er die gerade ihm spezifische schriftstellerische Kraft verlieren.“ (Der Wittenberger
Meister war ein solcher Antäus, und es mag kein Zufall sein, daß er den Kampf des sagenhaften Riesen
mit dem ihn erdrückenden Herkules mehrmals verbildlicht hat. Sein Leben und Werk ist ein eharak- Bild 148
teristisches Stück unserer nationalen Geschichte, von dem wir kritisch und selbstkritisch lernen können.
Verzeichnis der benutzten Literatur
Friedrich von Bezold: Geschichte der deutschen Reforma-
tion. Berlin 1890.
W. F. Seinjonow: Geschichte des Mittelalters. Berlin 1952.
Marx, Engels, Lenin, Stalin: Zur deutschen Geschichte.
Band I: Von der Frühzeit bis zum 18. Jahrhundert. Berlin
1953.
Karl Marx und Friedrich Engels: Über Kunst und Litera-
tur. Eine Sammlung aus ihren Schriften. Herausgegeben
von Michail Lifschitz. Berlin 1948.
Jürgen Kuczynski: Allgemeine Wirtschaftsgeschichte. Von
der Urzeit bis zur sozialistischen Gesellschaft. Berlin 1949.
Wilhelm Zimmermann: Der Große Deutsche Bauernkrieg.
Volksausgabe. Berlin 1952.
Alfred Meusel: Thomas Münzer und seine Zeit. Mit einer
Auswahl der Dokumente des Großen Deutschen Bauern-
krieges, herausgegeben von Heinz Kamnitzer. Berlin 1952.
Julius Köstlin: Martin Luther. Sein Leben und seine
Schriften. 2 Bde. 4.Aufl. Berlin 1889.
Luther im Gespräch. Übertragen von Reinhart Buchwald.
Stuttgart 1938.
Heinrich Boehmer: Der junge Luther. 4. Aufl. Leipzig 1951.
C. Ullmann: Reformatoren vor der Reformation. 2 Bde.
Gotha 1866.
Georg Dehio: Geschichte der deutschen Kunst. Textband 3.
Berlin u. Leipzig 1926.
Heinrich Wölfflin: Die Kunst Albrecht Dürers. 6.Aufl.
München 1943.
W.K.Zülch: Der historische Grünewald. Mathis Gothardt-
Neithardt. München 1938.
Friedrich Buchholz: Protestantismus und Kunst im 16. Jahr-
hundert. Leipzig 1928.
Schweizer Malerei und Zeichnung im 15. und 16. Jahr-
hundert. Einführung von Georg Schmidt. Frankfurt/Main
o.J.
C.v. Mandach und H. Koegler: Niklaus Manuel Deutsch.
Leipzig o. J.
Eberhard Hempel: Michael Pacher. Wien 1931.
Niccolö Macchiavelli: Der Fürst (II Principe). Übersetzt
von Dr. Friedrich Blaschke. 2. Aufl. Leipzig 1940.
Goethes Gespräche. Gesamtausgabe, neu herausgegeben
von Flodoard Frhrn. von Biedermann. 2. Aufl. Leipzig 1909.
Georg Lukäcs: Deutsche Realisten des 19. Jahrhunderts.
Berlin 1951.
Benutzt wurde außerdem ein großer Teil der in der Biblio-
graphie (S. 178f.) zusammengestellten Spezialliteratur.
127