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CRANACH IM HUMANISTENKREIS

Dr. Scheurls Brief an Lucas Cranach, den geistreichen,
schnellen und vollendeten herzoglich-sächsischen Hofmaler

Von jener Rede, die ich im vorigen Jahr, als unsere vor-
trefflichsten Gönner ein öffentliches Schauspiel veran-
stalteten, im Beisein vieler Fürsten, Vornehmen und
Gelehrten von nah und fern bei der Verleihung der
Doktorwürde an unseren Kantor und unseren Schola-
stikus hielt, haben mich viele um Abschrift gebeten.
Auch Du, mein gefeierter Lucas, hast es auf Anregung
anderer getan, weil aus unserem täglichen Umgang
eine so große Vertraulichkeit, solches Wohlwollen und
solche Freundschaft entstanden sind, daß ich Dir nichts
abschlagen könnte und, wenn ich es könnte, nicht
möchte. Denn es liegt durchaus in meiner Natur, daß
ich alle, die sich durch Geist und Herzensgüte aus-
zeichnen, liebe, wertschätze, bewundere und verehre.
Wer aber kennt nicht Deine Tugenden? Wem wären die
außerordentlichen Eigenschaften Deines Herzens ent-
gangen? Wahrlich, wenn ich den einzigen Albrecht
Dürer, meinen Landsmann, dieses unzweifelhafte Genie,
ausnehme, so gewährt, nach meinem Urteil, nur Dir
unser Jahrhundert den ersten Platz in der Malerei, die,
bei den Korinthern erfunden, lange vernachlässigt
wurde und erst jetzt wieder ins Leben gerufen worden
ist. Die übrigen Deutschen treten zurück, die Italiener,
sonst so ruhmsüchtig, bieten Dir die Hand, die Fran-
zosen begrüßen Dich als ihren Meister.

Beweis dafür sind Deine Gemälde in dem heiligen Tem-
pel zu Wittenberg, die außerordentlich bewundert wer-
den, an denen — wie bei allen denen von Thimantes 1

1 Ebenso wie die im folgenden erwähnten Apelies, Zeuxis usw.
einer der Maler des klassischen Altertums, von deren Schaf-
fen die antike Literatur berichtet.

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