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Lüdemann, Wilhelm von
Neapel wie es ist — Dresden: P. G. Hilschersche Buchhandlung, 1827

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https://doi.org/10.11588/diglit.53366#0176
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Cola Calzato war der Sohn eines Wein⸗
bergsbeſitzers aus Coſenza in Calabrien. In—
fruͤher Jugend zeichnete ihn ſchon ein gewiſſer
ſchwaͤrmeriſcher Sinn fuͤr Freundſchaft und Liebe
aus und eben dieſe Neigung feſſelte ihn mit den
ſtaͤrkeſten Banden einer ſchwaͤrmeriſchen Anhaͤng—
lichkeit an Rafaelle Monzi, den Geſpielen
ſeiner Jugend. Eine lange Trennung hatte dieſe
Bande, als die Juͤnglinge ſich wieder ſahen, nur
feſter gezogen und die Verbindung Colas und
Rafaels war ein Gegenſtand der Bewunderung
und des Geſpraͤchs in der ganzen Gegend. Rafael
war Soldat geweſen und kehrte kaum in ſeine
Heimath zuruͤck, als er ſich mit Gianna Poli,
einer entfernten Verwandten Colas verlobte. Die
Verbindung hatte einige Jahre gedauert, als Ra⸗
faelle zu bemerken glaubte, daß Gianna ihn
nicht mehr liebe. Er beobachtete ſie und hatte
den Kummer zu entdecken, daß ſein und ihr
Beichtvater, der verworfene Fra Bartolomeo,
vom Orden der Capuziner, Nachts zu ihr ſchlich
und daͤs entweihte Haus vor den anbrechenden
Morgen nicht verließ. Lange trug der Arme ſeinen
Schmerz in tiefſter Bruſt verborgen; endlich je—
doch wurde ihm die einſam getragene Laſt zu ſchwer
und er ſchuͤttete ſeinen Gram in den Buſen ſeines
Freundes aus.

„Ich raͤche Dich,« erwiederte dieſer, „verlaß
Dich auf mich.“ Weiter war kein Wort hieruͤber
zwiſchen den Freunden gewechſelt worden.

In der folgenden Nacht gab Rafaelle eine noth⸗
wendige Reiſe nach Reggio vor und verließ ſein
 
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