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Luz, Wilhelm August; Stoß, Veit [Ill.]
Veit Stoss — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 70: Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.61469#0008
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Lorenz gebildet und den Einfluß eines Nürnberger Mei-
sters empfangen hat, der mit Simon Lainberger zu
identifizieren wäre. Diesem Forscher gelang es auch,
wenigstens teilweise den Schleier zu lüften, der über
der Wanderung des Künstlers lag. Glaubhaft weist er
nach, daß Stoß sich in Passau aufgehalten und Werke
des Nicolaus von Leyen kennen gelernt hat. Auch diesem
Gelehrten blieben jedoch Jugendwerke des Veit Stoß
verborgen, Mimikry ungewöhnlichster Art. Nicht ver-
sucht wurde bisher die Herleitung des Stoßischen Stiles
aus der tirolisch-italienischen wie der burgundisch-nieder-
ländischen Bildnerei. Gern würde man dazu auch die
etwa mögliche Verwurzelung der Stoßischen Form in
der voraufgehenden Krakauer Kunst kontrolliert sehen.
Sollte später einmal V eits verlorener Geburtsschein wieder
beigebracht werden, so würde allerdings dadurch wohl die
kunstgeschichtliche Grenzstreitigkeit zwischen Deutsch-
land und Polen nicht beigelegt. Umgestaltende An-
gleichung und steigernde Unterscheidung in der fremden
Umgebung werden den Künstler hüben wie drüben
bald als Stammesverwandten, bald als Zugewanderten
erscheinen lassen. Das psychologische Problem der Um-
bildung eines persönlichen und völkischen Kunstcharak-
ters tut sich auf.
Im Jahr 1477 traf Veit Stoß, von Nürnberg kommend,
in Krakau ein. Von diesem Jahr ab tritt der Meister
in die Klarheit urkundlichen Blinkfeuers. Ihm wird
der Auftrag zuteil, den Hochaltar in der Marienkirche
auszuführen, ein Werk, das seiner Riesenhaftigkeit wegen
zuerst von den Polen verlacht wurde (Abb. 1—3). Ge-
öffnet mißt der Altar 11 Meter in der Breite, und vom
Boden der Predella bis zur Spitze des Gesprenges ist
er 13 Meter hoch. Was in Deutschland geleistet war,
ist mit diesen Maßen allein schon vielfach überboten.
Unverbrauchte koloniale Prunklust, Polen damals, Ame-
rika heute! Verteilt auf stehenden und beweglichen

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