BEMERKUNGEN ÜBER DIE ANTIKE MALEREI.
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allein selbst enkaustische Bilder, sondern gründete auch eine Schule für
diese Kunst.
Es steht ausser Zweifel, dass die Alten zwei Arten enkaustischer Malerei kann-
ten: die eine platt, aus vielfarbigem Wachs, die andere ohne Wachs und mit
Farben, eingelassen in die Furchen, welche man in das Elfenbein mit dem
Stichel gemacht hatte; diesen beiden Arten folgte eine dritte, welche daraus be-
stand, dass der Pinsel in farbiges Wachs getaucht wurde, das man am Feuer
schmelzen Hess. Diese dritte Art wurde namentlich bei Schiffen angewandt,
weil sie der Sonne, dem Meerwasser und allen Witterungseinflüssen widerstand;
man bediente sich ihrer noch zu Zeiten des Boëces. Man hatte zunächst damit
angefangen, in trockenen Farben zu malen, indem man vielfarbige Holzstückchen
mit einander vereinigte: diese Art wird heut zu Tage eingelegte Arbeit genannt.
Indem man verschiedenfarbige Steine mit einander vereinigte, brachte man Mosaik
hervor; indem man sich der Nähnadel bediente, um auf einem festen Untergrunde
vielfarbige seidene oder wollige Stoffe unter einander zu verbinden, wurde die
Stickerei erfunden ; sich derselben Substanzen bedienend, sie aber mit Hilfe des
Weberschiffchens verarbeitend, das nennen wir Weberei.
Manche Völker haben nur einige dieser verschiedenen Arten der Malerei ange-
wendet, welche jedoch sämmtlich der Malerei mit dem Pinsel vorangegangen
sind. Die Alten waren sogar weiter vorgeschritten als wir in der Ausfor-
. schung der Stoffe, die sich zum Coloriren eignen. Wir brauchen dafür keine
andern Beweise, als die Bruchstücke ihrer Malereien, welche, ganz abgesehen
von ihrer materiellen Zusammensetzung, seit zweitausend Jahren ihre frischen
Farben und die zartesten und flüchtigsten Nuancen bewahrt haben; während
unsere Bilder ohne Ausnahme und vorzüglich die Oelgemälde, die doch nur
höchstens einige hundert Jahre alt sind, ihren Farbenglanz fast ganz und gar
verloren haben. Bemerken wir dabei, dass diese beklagenswerthe Wirkung dop-
pelt fühlbar ist, seitdem die Chemie so gewaltige Fortschritte gemacht und in
demselben Masse sich auch das Technische der Malerei dadurch vervollkommnet
hat; die allermodernsten Bilder sind dem Farbenwechsel am meisten unter-
worfen; gehen wir dagegen bis zur Epoche der Renaissance zurück, so bemerken
wir mit Staunen, dass schlechte Bilder, die im 12. und 13. Jahrhundert von
flüchtigen Griechen oder deren Schülern in Italien gemalt worden sind, ihr
Colorit ganz frisch und glänzend bewahrt haben. Wenn unsere tiefe und gründ-
liehe Kenntniss der Chemie uns keine andern Dienste geleistet hätte, so würden
die Künste sich keinesfalls dazu Glück zu wünschen haben. Die Mehrzahl der
Farben, welche die alten Maler anwendeten, sind uns bekannt: wir könnten deren
28 mit ihren Namen aufzählen und zwar nach Plinius, der als Naturalist als eine
Autorität zu betrachten ist, nach Vitruv, ja sogar nach Properz, Plautus u. s. w.
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allein selbst enkaustische Bilder, sondern gründete auch eine Schule für
diese Kunst.
Es steht ausser Zweifel, dass die Alten zwei Arten enkaustischer Malerei kann-
ten: die eine platt, aus vielfarbigem Wachs, die andere ohne Wachs und mit
Farben, eingelassen in die Furchen, welche man in das Elfenbein mit dem
Stichel gemacht hatte; diesen beiden Arten folgte eine dritte, welche daraus be-
stand, dass der Pinsel in farbiges Wachs getaucht wurde, das man am Feuer
schmelzen Hess. Diese dritte Art wurde namentlich bei Schiffen angewandt,
weil sie der Sonne, dem Meerwasser und allen Witterungseinflüssen widerstand;
man bediente sich ihrer noch zu Zeiten des Boëces. Man hatte zunächst damit
angefangen, in trockenen Farben zu malen, indem man vielfarbige Holzstückchen
mit einander vereinigte: diese Art wird heut zu Tage eingelegte Arbeit genannt.
Indem man verschiedenfarbige Steine mit einander vereinigte, brachte man Mosaik
hervor; indem man sich der Nähnadel bediente, um auf einem festen Untergrunde
vielfarbige seidene oder wollige Stoffe unter einander zu verbinden, wurde die
Stickerei erfunden ; sich derselben Substanzen bedienend, sie aber mit Hilfe des
Weberschiffchens verarbeitend, das nennen wir Weberei.
Manche Völker haben nur einige dieser verschiedenen Arten der Malerei ange-
wendet, welche jedoch sämmtlich der Malerei mit dem Pinsel vorangegangen
sind. Die Alten waren sogar weiter vorgeschritten als wir in der Ausfor-
. schung der Stoffe, die sich zum Coloriren eignen. Wir brauchen dafür keine
andern Beweise, als die Bruchstücke ihrer Malereien, welche, ganz abgesehen
von ihrer materiellen Zusammensetzung, seit zweitausend Jahren ihre frischen
Farben und die zartesten und flüchtigsten Nuancen bewahrt haben; während
unsere Bilder ohne Ausnahme und vorzüglich die Oelgemälde, die doch nur
höchstens einige hundert Jahre alt sind, ihren Farbenglanz fast ganz und gar
verloren haben. Bemerken wir dabei, dass diese beklagenswerthe Wirkung dop-
pelt fühlbar ist, seitdem die Chemie so gewaltige Fortschritte gemacht und in
demselben Masse sich auch das Technische der Malerei dadurch vervollkommnet
hat; die allermodernsten Bilder sind dem Farbenwechsel am meisten unter-
worfen; gehen wir dagegen bis zur Epoche der Renaissance zurück, so bemerken
wir mit Staunen, dass schlechte Bilder, die im 12. und 13. Jahrhundert von
flüchtigen Griechen oder deren Schülern in Italien gemalt worden sind, ihr
Colorit ganz frisch und glänzend bewahrt haben. Wenn unsere tiefe und gründ-
liehe Kenntniss der Chemie uns keine andern Dienste geleistet hätte, so würden
die Künste sich keinesfalls dazu Glück zu wünschen haben. Die Mehrzahl der
Farben, welche die alten Maler anwendeten, sind uns bekannt: wir könnten deren
28 mit ihren Namen aufzählen und zwar nach Plinius, der als Naturalist als eine
Autorität zu betrachten ist, nach Vitruv, ja sogar nach Properz, Plautus u. s. w.
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