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Malkowsky, Georg [Red.]
Die Pariser Weltausstellung in Wort und Bild — Berlin, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.1250#0003
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VORWORT.

d *ie Pforten der Pariser Ausstellung haben sich geschlossen, und das Zerstörungswerk; hat begonnen.

:| ß Was sich an beiden Ufern der Seine für den kurzen Zeitraum von wenigen Monaten an Pracht-
bauten erhoben, ist zum weitaus grössten Teil dem Untergange geweiht und nur der Eiffelturm,
die beiden Kunstpaläste und ein paar mächtige Eisenkonstruktionen, wie die Maschinenhalle und der
Pavillon der Gartenbauausstellung, werden von dem Wunderwerk zeugen, das an der Jahrhundertwende
der Menschheit wie eine Fata Morgana ihrer Kulturentwickelung vorgeführt wurde.

Dass die Bedeutung der Jahrhundertäusstellung die ihrer Vorgängerinnen von 1878 und 1889 bei
weitem übertrifft,, ist nicht allein durch ihre räumliche Ausdehnung bedingt- . Genügte doch der mächtige
Rahmen kaum, um das Riesenbild zu fassen, galt es doch, die gewaltigen Fortschritte der Kunst, der
Wissenschaft und der Technik innerhalb des letzten Decenniums im Zusammenhange mit der unmittel-
baren Vergangenheit begreiflich zu machen. Die retrospektiven Abteilungen bildeten ' ein besonders ~
charakteristisches Unterscheidungsmerkmal der Centennal-Ausstellung, sie verliehen ihr einen bleibenden
ideellen Wert, der weit über das Niveau einer internationalen Schaustellung hinausging.

Das Schlagwort, vom „friedlichen Wettstreit der Nationen" hat-sich mit der Verteilung der Medaillen
.und Auszeichnungen im wesentlichen erschöpft, und es mag den Ausstellern überlassen bleiben, das Maass
. ihrer Leistungen mit den Sprüchen der Preisrichter in Einklang zu bringen. Je mehr diese materiellen
Aeusserlichkeiten zurücktreten, um so augenfälliger drängt sich die ideelle Bedeutung der Pariser, aus-
stellung 1900 in den Vordergrund. Nicht um ein Konkurrieren allein handelte es sich, sondern vor allem
um ein lernen. Wie sehr man bestrebt war, die Arena in ein Gymnasium zu verwandeln, dafür zeugte die
Unzahl der Kongresse, die Gelehrte und Techniker, Handels- und Socialpolitiker, Künstler und Litteraten
aller Nationen zum Austausch ihrer Meinungen und Erfahrungen auf dem Ausstellungsterrain zusammenführte.
Nicht die Resultate der mächtigen Fortschrittsbewegung allein wurden, zur Prüfung herbeigeschafft, ihre
'geistigen Urheber vereinigten sich,.'um sie in gemeinsamer Beratung rückblickend zu beurteilen und weit
ausschauend zu regeln. Auch die Kongresse waren ein Wahrzeichen der Pariser Ausstellung von nachhaltiger
.Wirksamkeit, sie wiesen über die geschlossenen: Pforten hinaus auf eine zukünftige Entwickelung hin.

Bedeutsam vor allem und der Zeitströmung entsprechend war die glänzende Vertretung der Socialpolilik
und der Arbeiterwohlfahrtseinrichttmgen, der Sicherheitsventile, die sich unser Jahrhundert, für die unvermeid-
lichen Begleiterscheinungen der Massenproduktion geschaffen hat. Sie setzten dem sich in Paris dokumen-
tierenden Konkurrenzkampf der Völker ein neues ethisches Element zu und schufen gewissermassen. ein
neutrales Gebiet, auf dem man sich ohne Missgnnst in demselben Streben zusammenfinden konnte.-
 
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