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Malkowsky, Georg [Red.]
Die Pariser Weltausstellung in Wort und Bild — Berlin, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.1250#0137
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Die Pariser Weltausstellung in Wort und Bild.

merksamkeit auf sich lenken wird. Es ist ein riesengrosses
Bild, das die Arbeiterversicherung des Deutschen Reichs in
Gestalt eines Stammbaumes zur Darstellung bringt, der auf
einem Bilde von 3 Meter Breite und 5 Meter Höhe ausgeführt ist.
Der Baum der Versicherung, der seine Kraft aus dem
Erdreich, das ist aus der Gesamtbevölkerung (55,1 Millionen)
und den Versicherten, zieht, hat vier Wurzeln:

1. Die Beiträge der Arbeiter

1885—97: 1308,1 Millionen Mark, und zwar:
Krankenversicherung 952,5; 1897: 102,9 Millionen Mark,
Unfallversicherung — — —
Invalidenversicherung 355,6; 1898: 59,0 „ „

2. Die Beiträge der Unternehmer

1885—97: 1303,9 Millionen Mark, und zwar:
Krankenversicherung 401,1; 1897: 45,5 Millionen Mark,
Unfallversicherung 547,2; 1898: 75,1 „ „

Invalidenversicherung 355,6; 1898: 59,0 „ „

3. Der Reichs-Zuschuss (nur zur Invalidenversicherung)

1891—97: 98,4; 1898: 24,4 Millionen Mark;

4. Die Zinsen und sons igen Einnahmen

1885—97: 197,8 Millionen Mark, und zwar:
Krankenversicherung 61,9; 1897: 7,4 Millionen Mark,
Unfallversicherung 66,6; 1898: 12,3
Invalidenversicherung 69,3; 1898: 21,2 „ „

Diesen Einnahmen von insgesamt: 2908,2 Millionen Mark
(1885—97) entstammt zunächst das Vermögen, das in diesen
Jahren für die 3 Zweige zusammen auf 889,5 Millionen Mark
angewachsen ist.

Die Ausgaben der Arbeiterversicherung beHefen sich
1885—97 auf 2034,9 Millionen Mark, und zwar für

Krankenversicherung 1285,3; 1897: 139,9 Millionen Mark,
Unfallversicherung 456,0; 1898: 83,7

Invalidenversicherung 293,6; 1897: 59,0 „ „

Die Einzelleistungen und Verwaltungskosten der Ver-
sicherungszweige werden auf den Aesten des Baumes dar-
gestellt, deren linker den ältesten Zweig, die Kranken-, deren
rechter die Unfallversicherung aufnimmt, während der jüngste
Zweig, die Invalidenversicherung, höher rechts und links Platz
gefunden hat. Die Schilde geben in ihrer verschiedenen
Grösse einen Ueberblick über die Höhe der einzelnen Aus-
gabeposten.

Für die Krankenversicherung kommen in Betracht:
Arzt, Arznei und kleine Heilmittel, Krankengeld an Mitglieder
und an Angehörige, Wöchnerinnen, Krankenhaus und Rekon-
valeszenz, Sterbegeld; sonstige Leistungen (Krankentransport-
kosten u. s. w.); Gesamtverwaltung.

Die Entschädigungen der Unfallversicher
teilen sich auf: Heilverfahren, Fürsorge
Krankenhaus, Angehörigen-, Verletzten-
rente, Beerdigung, Hinterbliebenen-
rente , Witwen - Abfindung, Ausländer-
Abfindung; dazu: Unfallverhütung, Ent-
schädigungsfeststellung, Schiedsgerichte,
übrige Verwaltung.

Bei der Invalidenversicherung
schliesslich gliedern sich die Entschä-
digungen in Ausgaben für Heilverfahren,
Invalidenrente, Altersrente, Beitragser-
stattung bei Heirat und bei Tod, während
sich die Gesamtverwaltungskosten ver-
teilen auf die Beitragserhebung und
Kontrole, Rentenfeststellung, Schieds-
gerichte, übrige Verwaltung. Die
Entschädigungsfälle finden in der
Krone der Eiche in unten abgerundeten
Schilden ~ ihre Darstellung.

Von der Krankenversicherung sind
1885—97 insgesamt 32,7 Millonen Er-
krankungsfälle mit 541,9 Millionen Krank-
heitstagen entschädigt worden (1897:
3,2 Millionen Erkrankungsfälle und 55,6
Millionen Krankheitstage). Um mit den
Versicherungen, welche dauernde Ren-
ten gewähren, vergleichbar zu sein, sind
die Krankheitstage, indem sie durch 365
geteilt wurden, zu vollen Krankheits-
jahren (1885 — 97: 1,5 Millionen) zu-
sammengefasst; es ist hiernach die
Schildgrösse bemessen.

Die Unfallversicherung hat 1885—97
insgesamt 616100, (1898: 486 645) Un-

fälle entschädigt, von denen 98 023 im Jahre 1898 fest-
gestellt worden sind. .

Die Invalidenversicherung hat (1891—97) 296 556 Invaliden-
und 318 425 Altersrenten gewährt, während in 213 068 Fällen
Beitragserstattungen eintraten; bis Ende 1898 wurden 381337
Invalidenrenten bewilligt und in 360 856 Fällen Beitragserstat-
tung gewährt.

Ausserdem wurden zur Verhütung der Invalidität zahl-
reiche Personen (1898: 13785) in Heilbehandlung genommen.

Von den zahlreichen Einzelanstahen zur Arbeiter-Versiche-
rung haben sich ebenfalls mehrere beteiligt. So hat die Orts-
krankenkasse Leipzig, die erste in ganz Deutschland, die sich
als Verwaltung grossen Stils eingerichtet hat, ihre Geschäfts-
berichte und ein Modell des Genesungsheims Augustusbad
ausgestellt. Von der Invalidenversicherung ist die Landes-
versicherungsanstalt Berlin mit einer bildlichen Darstellung
ihrer Heilstätte bei Beelitz mit den zugehörigen Verwaltungs-,
Betriebs-, Bade- und Wirtschaftsgebäuden vertreten. Den
breitesten Raum aber nimmt die Unfallversicherung ein. Der
Verband der Berufsgenossenschaften hat die Unfallverhütungs-
vorschriften ausgestellt. Eine Reihe, von Mutoskopen (die
zur Zeit der Besichtigung allerdings noch nicht zugänglich
waren) sollen die Anwendung zur Anschauung bringen. Die
Knappschaften haben von ihren Heilstätten Bergmannstrost in
Halle a. S. und Sülzhayn im Harz Modelle ausgestellt. End-
lich zeigen Modelle der Berliner Unfallstationen, dass die Un-
fallversicherung auch auf Gebiete anregend wirkt, auf denen
eine gesetzliche Verpflichtung nicht besteht. Das „Merkblatt"
das in der Ausstellung unentgeltlich verteilt wird, weist auf
diese und andere Nebenwirkungen der Versicherungsgesetz-
gebung hin: auf das angesammelte Kapital, dessen zinsbare
Anlegung gleichzeitig zur Förderung von Wohlfahrtszwecken
benutzt werden kann, namentlich aber auch auf
die Stellung, die der Arbeiter in Deutschland erhalten
hat, seitdem es eine derartig umfangreiche Organisation giebt,
an deren Verwaltung bis in die höchsten Spitzen hinein er
unter voller Gleichberechtigung beteiligt ist. Diese und andere
Drucksachen (auch der auf früheren Ausstellungen bewährte
Zachersche Leitfaden ist neu aufgelegt, eine umfangreiche
Denkschrift von Läss und Zahn angekündigt) liegen in deut-
scher und französischer Sprache aus.

Die Jenabrücke und der Trocadero.
 
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