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Malkowsky, Georg [Red.]
Die Pariser Weltausstellung in Wort und Bild — Berlin, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.1250#0324
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Die Pariser Weltausstellung in Wort und Bild.

und reichen, ja auch an Impulsen für die Eisenbahn geschieh te
der Welt reichen, Entwicklung ist. Hat doch Oesterreich mit
seiner Semmeringbahn (gebaut 1848 bis 1853) die erste grosse
Gebirgsbahn Europas geschaffen, „in Oesterreich empfing die
Kunst des Tracierens und des Tunnelbaues kräftigste Impulse
und hier entstand die Eisenbahnbrücke, deren kühn gespanntes
Gewölbe noch von keiner anderen übertroffen wird. Der
Wagenbau entnahm hier manch seither unentbehrlich ge-
wordenes Element und das Problem der Sicherung von
Weichen und Signalen gelangte.hier zu vorbildlich gewordener
Lösung." (Oesterr. Katalog, Heft 49, Seite 42). — Es ist bei
der Veranstaltung der retrospektiven Ausstellung dieser Klasse
auch gelungen, ein des bedeutsamen Inhaltes würdiges Bild
zu geben; die Entwicklung des Eisenbahnwesens wird hierin
anschaulichen aber auch anziehenden Darstellungen vorgeführt.
Vor dem schön ausgeführten grossen Reliefplan der Semme-
ringbahn staut sich beständig die Menge der Ausstellungs-
besucher, ebenso vor jenem, welcher den Bestand des Wiener
Nordbahnhofes von heute dem des Jahres 1838 gegenüber-
stellt. . . . Auch sonst sieht man hier mit einer den Fachmann
befriedigenden, dem Laien imponierenden Vollständigkeit alles
vom historischen Gesichtspunkte Wichtige vereinigt, was zum
„Materiale der Eisenbahnen und Strassenbahnen" gehört oder
sich unter dem Titel „Modelle und Zeichnungen für öffent-
liche Arbeiten" (Klasse 29) daran schliessen lässt. Auch die
retrospektiven Objekte der Eisenbahntelegraphie und -Tele-
phonie (Klasse 26) erscheinen sinngemäss in dieser Umgebung.
Als Aussteller nennen sich eben so oft das k. k. Eisenbahn-
ministerium namens der österreichischen Staatsbahnen, wie
die einzelnen Privateisenbahngesellschaften.

In der ebenfalls zur Gruppe VI gehörigen Klasse 30:
„Bau von Kutschen und Lastwagen" wird die „Retrospektive"
durch das Modeil eines „Benzinautomobilwagens", System
Markus, aus dem Jahre 1875 vorgeführt.

Ein geschlossenes Bild der Rückschau über die Ent-
wicklungsphasen einer grossen Industrie und der ihr dienenden
Techniken bildet auch die in Gruppe X der zeitgenössischen
einverleibte retrospektive Ausstellung der österreichi-

schen Zuckerindustrie. Dieselbe besteht aus Modellen
und Apparaten, die durchwegs Eigentum des Zuckerfabriks-
Museams an der k. k. böhmischen technischen Hochschule in
Prag sind; besonderes Interesse müssen aber speziell jene
der ausgestellten Objekte erregen, die zur Illustration des sog.
„Diffusionsverfahrens" (Saftgewinnung mittels Diffusion) dienen
— ein Verfahren, welches in den sechziger Jahren aus
Oesterreich hervorgegangen und seither vielfach verbessert
und vervollkommnet, die Rübenzuckerindustrie auf ganz neue
Grundlagen gestellt hat.

In der Gruppe „Bergwesen und Metallverarbei-
tung" (XI) hat Oesterreich eine Reihe historisch interessanter
Geräte und Arbeitsbehelfe des Bergbaues und Hüttenwesens,
darunter einen Grubenkompass österreichischer Einteilung,
verschiedene Gattungen Leuchten etc. — sämtlich der k. k. Berg-
akademie in Pfibram gehörig — ausgestellt; in der Gruppe
XIV „Chemische Industrien" eine Anzahl von Objekten,
die, teils als Roh- oder Endprodukte chemischer Erzeugung,
teils als hierbei Verwendung findende Apparate für die Ent-
wicklung der „angewandten Chemie" in Wissenschaft und
Praxis gleich bedeutsam scheinen.

Beispielsweise wären zu nennen: Die Kompressions appa-
rate von O. Natterer zur Verflüssigung der Kohlensäure und
zur Verdichtung der Gase, zwei Wandtafeln, die das Gas-
verdichtungsverfahren von Prof. Olszewski in Krakau dar-
stellen, Schrötters roter (amorpher) Phosphor (Gipsmodell),
Weilhöfers ersten Zündhölzchenhobel (1819), Paraffin aus
Buchenholztheer von Reichenbach, Ozokerit aus Galizien etc. etc.
Alle diese Objekte sind in der Mittelvitrine von Oesterreichs
chemischer Ausstellung untergebracht; die Aufgabe, sie zu
sammeln und zustande zu bringen, lag in erster Linie in den
Händen des Professors an der Wiener technischen Hoch-
schule, D. Alexander Bauer, selbst einer Zierde der chemischen
Wissenschaft, dem, als Obmann des „Spezialkomitees für die
retrospektive Ausstellung Oesterreichs", auch ein Haupt-
verdienst an dem Zustandekommen dieser die zeitgenössische
in vielen Gruppen so glücklich ergänzenden historischen
Ausstellungen gebührt.

Theater-Beleuchtung.

Pehr bald, nachdem die elektrische Glühlicht-Beleuchtung
durch die Erfindungen eines Werner von Siemens und
Thomas A. Edison technisch brauchbare Formen ge-
wonnen hatte, erkannte man, dass diese Lichtquelle in erster
Linie für die Beleuchtung von Theatern am Platze sei. Kata-
strophen, wie z. B. diejenige des Wiener Ringtheaters, zeigten
deutlich, dass ein Theaterbesuch mit Lebensgefahr verbunden
war, solange mit offen brennen den Gasflammen oder Kerzen
zwischen den leicht brennbaren Coulissen und sonstigen Requi-
siten der Bühne hantiert wurde. Das elektrische Glühlicht,
bei welchem der leuchtende Kohlenbügel hermetisch einge-
schlossen ist, gewährt die Möglichkeit, eine durchaus feuer-
sichere Theater-Beleuchtung zu erreichen und wenn auch,
namentlich im Anfang der achtziger Jahre des vorigen Jahr-
hunderts, das elektrische Licht nicht unwesentlich teurer als die
Beleuchtung durch Gas war, so sprachen doch gerade in diesem
Falle so schwerwiegende Gründe für die Einführung des elektri-
schen Lichtes, dass in der That die Installationen in Theatern
die ersten grösseren Glühlicht-Beleuchtungsanlagen darstellen.
Erfolgte die Einführung in erster Linie aus Gründen der
Sicherheit, so gewährte im weiteren die Eigenart des elek-
trischen Lichtes die Möglichkeit, die Bühneneffekte ganz be-
trächtlich zu steigern. Wie bekannt, ist es möglich, durch
Vorschalten von Widerstand die Leuchtkraft einer Glühlampe
von der üblichen Stärke herunter zu regeln, bis sie eben noch

Nachdruck ohne Quellenangabe verboten..

schwach glüht. Diese Eigenschaft, giebt, zweckmässig ange-
wendet, das Mittel, um die überraschenden Effekte moderner
Bühnentechnik zu erreichen. Es werden jedoch neben Aende-
rungen der Beleuchtung auch Variationen der Farben verlangt.
Die Beleuchtung einer Bühne ist eine andere, wenn ein heller
Sonnentag dargestellt wird; sie ist eine andere, wenn ein
Sonnenaufgang stattfindet und sie zeigt wieder andere Töne,
wenn eine Mondnacht zur Darstellung kommt.

Häufig wird es, um die Illusion des Zuschauers zu wahren,
nötig sein, diese verschiedenen Lichttöne allmählich in einander
übergehen zu lassen. Bei Verwendung des elektrischen Glüh-
lichtes erfolgt dies in der Weise, dass die Glühlampen, welche
entsprechend den früheren Gasflammen oder Kerzen angeordnet
werden, in dreifacher Anzahl vorhanden sind. Ein Satz ist weiss,
* wie wir dies an den üblichen Lampen gewohnt sind, bei dem
zweiten Satz sind Glasbirnen rot, bei dem dritten grün gefärbt.

Für jede Gruppe sind besondere Widerstände vorgesehen
und es ist nun möglich, je nachdem man in die eine oder an-
dere Gruppe mehr oder weniger Widerstand einschaltet, sie
zu hellerem oder weniger hellem Leuchten zu bringen. Es
lassen sich auf diese Weise alle denkbaren Färbungen kompo-
nieren, in welchen je nach Wunsch ein rötlicher, ein weisser
oder ein grünlicher Ton vorherrscht.

Unter Berücksichtigung dieses Dreifarbensystems wird
man nun die Bühnenbeleuchtungskörper in der hergebrachten
 
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