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Malkowsky, Georg [Red.]
Die Pariser Weltausstellung in Wort und Bild — Berlin, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.1250#0223
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Die Pariser Weltausstellung in Wort und Bild.

dieser Anlage auf nur 1500 Mark für den laufenden Meter
ohne Bahnhöfe.

Ob die Schwebebahn eine wehere Ausbreitung finden
wird, oder ob die gewöhnliche zwelschienige Bahn eine
elegantere und durchsichtigere Gerüst-Ausbildung erhalten
wird als bisher, darüber können nur die Betriebserfahrungen
ausgeführter Anlagen entscheiden. Das eine ist aber gewiss:
in deutschen Städten werden Hochbahnen nur dann zugelassen
werden, wenn sie der Forderung nach einem gefälligen
Strassenbild ebenso nachkommen werden wie der Forderung
nach sicherem, ruhigem und billigem Betrieb.

Langsamer als sonstwo bricht sich Neues bei uns zu Lande
Bahn überall da, wo nicht die technische Einsicht einzelner,

sondern die mangelnde technische Bildung von Verwaltungs-
körpern zu entscheiden hat. Mit rechtem Wort hat unser
kaiserlicher Herr dies getroffen: „Wir brauchen sehr viel
technische Intelligenz in unserem Land!" Wenn diese als
Notwendigkeit erkannte Forderung einmal verwirklicht sein
wird, dann wird gar manche das Gemeinwohl berührende
Aufgabe schnell ihre Lösung finden, die gegenwärtig allzu
langsam der Reife entgegen wächst.

Anm. der Redaktion. — Wir werden häufiger derartige Ar-
tikel aus berufener Feder bringen, die sich an das von Städten und
Gemeinwesen in Paris zur Anschauung gebrachte Material an seh Hessen,
da gerade dieses graphisch dargestellte hochinteressante Material sich
leicht dem Auge des Besuchers entzieht.

Die Handelsflotten auf der Ausstellung.

Von
Maurice Rappaport.

ite Schlagworte, die so in das Wörter-
i'jt buch des Tagesjournalisten übergegangen sind, dass
man das unbehagliche Gefühl der Banalität nicht los
wird, wenn man sie wiederholen soll und dennoch
ist man gezwungen, sie immer wieder in Gebrauch zunehmen,
denn in knapper Kürze umschreiben sie einen Begriff, für den
uns noch die Vokabel fehlt. Ein solches Schlagwort spricht
von unserer Zukunft, die auf dem Wasser liegt. Seit dem
Tage, da Kaiser Wilhelm II. von Deutschland das Wort
sprach, ist es unzählige Male wiederholt worden und es hat
mit der Wahrheit, die es enthält, in Deutschland eine stärkere
Popularität erlangt, als je ein anderer Ausspruch des Monar-
chen. Aber es hat sich in der Auffassung dieses Satzes ein
kleiner Missbrauch eingeschlichen, dem das starke National-
gefühl, das er verrät, allerdings Beschönigung und Entschuldi-
gung gewährt. Nicht unsere, nicht Deutschlands Zukunft
allein liegt auf dem Wasser, nein die progressive Entwick-
lung der gesamten Zivilisation aller derjenigen Nationen, bei
denen ein Vorwärtsschreiten überhaupt noch zu konstatieren
ist, wird ihren Verlauf im friedlichen Konkurrenzkampf der
Handelsflotten auf dem Ocean nehmen, oder zum mindesten
wird die kommende Zeit keinen sichereren Massstab für Beur-
teilung der Kulturwerte der einzelnen Völker haben, als die
Anzahl der Schiffe, die sich auf den
Meeren schaukeln, und da allerdings
ist die Hoffnung berechtigt, dass Deutsch-
land an erster Stelle stehen wird.

Deutlich macht sich dieses Streben
auf der Pariser Weltausstellung bemerk-
bar, wo man den Handelsflotten den
Umfang einräumte, der ihrer würdig.
Kaum eine andere Materie ist so aus-
giebig und so vielfach auf der Exposi-
tion illustriert worden. Deutschland,
England, die Vereinigten Staaten etc.
haben Sonderpavillons für ihre Schiff-
fahrt und vom Pont Jena streckt sich
in imposanter Ausdehnung das Haupt-
palais der Handelsmarine am Ufer der
Seine hin.

Es ist ein grosses langes Gebäude,
auffallend nur durch seine Dimensionen
und in seiner Totalansicht eine be-
stimmte Aehnlichkeit mit dem „Palais
des Forets" aufweisend. Im Detail
lässt sich zwischen den beiden Bauten
kaum etwas Gleichartiges entdecken, Schwebebahn Ban

Nachdruck ohne Quellenangabe verboten.

aber das Ganze erweckt den Anschein als trage es das
Signum des gleichen Autors und thatsächlich sind beide
Paläste das Werk der gleichen Architekten Tronchet und
Rey. Die Architektur des Palais de la Navigation com-
merciale ist äusserlich uninteressant ohne einförmig zu sein.
Ein bestimmter Stil lässt sich gar nicht nachweisen, einfache
moderne Fassaden, hin und wieder von einer dekorativen
Caprice unterbrochen, die nicht immer angebracht erscheint.
Einzelne phantastische Anläufe scheinen wie im Keime er-
stickt, das Ganze eine ziemlich sorglose Konstruktion, die
etwas deutlich zwar den Stempel des Improvisierten und
Provisorischen trägt, die jedoch nicht störend in das Ensemble
eingreift. Sehr leicht haben sich die Schöpfer des Palastes
allerdings die Aufgabe gemacht durch die Aussendekoration
die Bestimmung des Baues zu verraten. Sie haben, wo es
nur irgend möglich war, ein Emblem angebracht, dem man ja
Deutlichkeit nicht absprechen kann, aber schliesslich giebt es
doch zur dekorativen Charakterisierung eines Schiffahrts-
palastes noch andere Motive als die griechische Triere. Die
Architekten haben sich von ihrer Begeisterung für dies antike
Vorbild ganz gefangen nehmen lassen und mit staunenswerter
Beharrlichkeit haben sie es überall, wo es nur einigermassen
möglich war, wiederholt. Das vorgebaute Treppenhaus, das

-Eibei'feld —Vohwinkel.
 
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