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Malkowsky, Georg [Compiler]
Die Pariser Weltausstellung in Wort und Bild — Berlin, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.1250#0234
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Die Pariser Weltausstellung in Wort und Bild.

Von der deutschen Maschinenabteilung. Je mehr
sich die Franzosen mit den Einzelheiten unserer Ausstellung
beschäftigen, um so rückhaltsloser wird ihre Anerkennung.
Der Präsident Loubet selbst findet bei jedem neuen Besuch
Gelegenheit zur Bewunderung. Bei Gelegenheit einer Besichti-
gung der französischen Abteilung äusserte er zu dem Vize-
Präsidenten des Preisgerichts der Klasse 19, Geheimen Kom-
merzienrat Lanz, Mannheim: „Ich weiss, dass Sie in einer
benacfibarten Abteilung eine ganz unvergleichlich gute Maschine
ausgestellt haben. Ich verspreche Ihnen, mir dieselbe noch
genauer anzusehen." Herr Geheimrat Lanz erfreut sich in
Paris besonderen Entgegenkommens. Er hat in den Champs
Elysöes ein eigenes Haus gemietet, dessen ersten Stock er
selbst bewohnt, während der zweite für seine Beamten re-
serviert ist, die er abwechselnd zu sich einladet. —

Der Theater-Kongress. Neben den praktischen Fragen,
wie denen der Centralheizung und der Ventilation der Zu-
schauerräume, wurden einige ideelle Themata auf dem Theater-
Kongress behandelt, die auch bei uns aktuelle Bedeutung
haben, die Beifalls- und Missfallensäusserungen durch Klatschen
und Zischen, die Frei- und Pressebillets und die Praxis der
Theaterärzte. Auf allen diesen Gebieten mag ein internatonaler
Gedankenaustausch ganz interessant sein, greifbare Resultate
dürften sich solange nicht erzielen lassen, als man mit jedem
Theaterbillet das Recht zur lauten Meinungsäuss,erung erkauft
zu haben glaubt, als die Presse mit freien Entrees nach der
Ansicht der Direktoren gewissermassen bestochen erscheint
und das Urteil des von der Verwaltung bezahlten Theater-
arztes inbezug auf den Gesundheitszustand der Mitglieder
vorläufig massgebend bleibt. —

Der Schah von Persien in Paris. Die Besuche der
Persischen Herrscher in Paris gaben von jeher Gelegenheit zu
grossen Volksbelustigungen, die der Betroffene mit gutem
Gewissen als seiner Person dargebrachte Ovationen auffassen
konnte. Am 3. August fand zwischen der Concordienbrücke
und der Schwaneninsel ein Wasserfest statt. Man hatte die
Besitzer von Yachts, Gondeln und Booten besonders zur Teil-
nahme am Korso eingeladen und ihnen Lampions, Kerzen
und Befestigungshaken für die Illuminationskörper gratis
geliefert. Für den Wettbewerb in der Ausschmückung waren
goldene, silberne, emaillierte und Bronzemedaillen als Preise
ausgesetzt. Da der Schah ausserdem ganze Kisten mit De-
korationen bei sich führen soll, harrte der Prämiierten am
Ende noch eine spezielle Auszeichnung durch den Sonnen-
und Löwenorden, dessen grünes Bändchen nicht zu verachten
ist, so lange dem Ehrgeizigen das rote der Ehrenlegion noch
zu hoch hängt. —

Eine hübsche Idee des Ministers des Innern. Der
Festsaal des Ministers des Innern, der beson-
ders zahlreiche Vertreter der fremden Mächte
und hervorragende Aussteller in seinen Räu-
men zu versammeln bestimmt ist, sieht vor
seiner Eröffnung eine wesentlich anders zu-
sammengesetzte Gesellschaft. Während die
Handwerker sonst auf dem Dach eines von
ihnen erbauten Palastes eine umkränzte Fahne
aufpflanzen, um nach vollendeter Arbeit in der
Masse zu verschwinden, ladet Herr Waldeck-
Rousseau sie gewissermassen zur General-
probe der Einweihung und fordert sie auf,
mit ihm ein Glas Champagner zu trinken.
Man sieht, der radikale Minister braucht keine -:

Vergangenheit zu verleugnen, um Anschluss
nach links hin zu suchen. —

Das Trottoir roulant. Man sollte gar-
nicht glauben, wie naiv die Pariser männlichen
und weiblichen Geschlechts sich auf der
Strassenbahn gebärden. Sie sehen nicht rechts,
nicht links. Die Ausstellung kennen sie^und die
Beobachtung der intimen Scenen in den Woh-
nungen, an denen sie vorüberrollen, haben durch
die Gewohnheit des Anblickes ihren Reiz ver-
loren. Mit einem seligen Lächeln geben sie
sich dem blossen Genuss der gleitenden, mühe-
losen Fortbewegung hin. Die Strassenbahn ist
ihnen zum Karoussel geworden und zum
vollen Entzücken fehlt ihnen nichts, .als die Holz-
pferdchen und das Ringelstechen.

Ein Pfahlbauern - Gefährt. Unter der
Attika des Marsfeldpalastes befindet sich ein

Ausstellungs-Zickzack.

° Nachdruck ohne Quellenangabe verboten.

Fries, der. in Hochrelief die Entwickelung des. Fuhrwesens im
Laufe der Jahrhunderte darstellen soll. Den Ausgangspunkt
bildet ein Wagen aus der Steinzeit, von dem der Journalist
weniger geschmackvoll als zutreffend sagen könnte:. „Der
Künstler hat.ihn sich aus den Fingern gesogen." Auf scheiben-
förmigen Baumstamm-Durchschnitten lastet ein Kasten, der
mit Frauen und Greisen besetzt, mit den kräftigsten Männern
des Stammes bespannt ist. Vielleicht hätte der Bildner wohl
gethan, seiner Phantasie etwas weniger zuzumuten.

Fruchtschale.
 
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