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Hayen, Hajo
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Heft 15): Der Bohlenweg VI (PR) im grossen Moor am Dümmer: Stand der Bearbeitung: März 1977 — Hildesheim: Verlag August Lax, 1979

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.65829#0009
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Vorbemerkung

In der vorliegenden Arbeit wird ein Einblick gegeben in das zur Zeit faßbare Fundmaterial
des Moorweg-Fundgebietes (Pr) im Großen Moor am Dümmer. Aus ihm ist eine größere Anzahl
hölzerner Moorwege bekannt, zur Zeit sind es 23. Zu ihnen gehören die als erste in gedruckter
Form bekannt gegebenen Bohlenwege. Sie stellen in gewisser Weise den Beginn der moorarchäo-
logischen Forschung dar. Mehrfach standen diese Bauten im Mittelpunkt der Diskussion. Man
kann sie, zusammen mit der Valther-brug aus dem niederländischen Teil des Bourtanger Moores,
als wichtigen Bestandteil der Forschungsgeschichte sehen.
Seit einigen Jahren wird die Bearbeitung dieser Gruppe fortgeführt und versucht, durch die
Hilfe naturwissenschaftlicher und moorbotanischer Methoden exakte Ergebnisse zu erhalten. Die
noch jetzt im Gelände vorhandenen Reste der Holzbauten reichen aus, um die alten Beobach-
tungen zu erläutern und neue Gesichtspunkte faßbar zu machen. Dabei steht ab 1979 die Grup-
pe der sich im Moorpaß bei Brägel zusammendrängenden Moorwege im Mittelpunkt. Diese stel-
len einen Ausschnitt aus dem überörtlichen Verkehr dar und scheinen Spuren einer Moorüber-
brückung zu sein, die seit dem Neolithikum vielfach erneuert worden ist. Man kann durch sie das
weiterführende Verkehrsnetz indirekt datieren und in Zusammenhänge einordnen.
Von 1976 bis 1978 waren Rettungsgrabungen am Bohlenweg VI (Pr) erforderlich. Dabei
wurde das zur Zeit drängende Problem der Sicherung der Fundsubstanz und ihrer Aussagen
sichtbar. Beide sind extrem gefährdet durch den weiter fortschreitenden Torfabbau, die zumeist
außerordentlich tiefgehende Trocknung der Moore, den Verzehr der Torfe durch Nutzung der
Mooroberflächen und das immer umfangreicher werdende Bestreben, Drainageeinrichtungen in
den Boden zu legen, deren Wirksamkeit die Fundhorizonte schon in ihm zerfallen läßt. Auf der
anderen Seite steht die Zunahme der methodischen Möglichkeiten zur Auswertung von Moor-
funden. Sie geben ihnen den Wert einer Urkunde. Leider reicht die technische und personelle
Ausstattung der moorarchäologischen Arbeitsgruppe nicht aus, um den angedeuteten Wettlauf
mit den moorverändernden Vorgängen einhalten zu können.
Die Grabung des Bohlenweges VI (Pr) ergab schon in ihrem ersten Jahr (1976) Befunde und
Fundobjekte, die von archäologischem Wert sind und zum Teil keine Parallele aufweisen. Eine
Reihe wegebaulicher Beobachtungen weitet die bisherige Kenntnis des Moorwegproblemes und
mancher Eigenarten des urgeschichtlichen Verkehrs deutlich aus. Ohne Rettungsgrabung würden
diese Materialien durch die Torfmaschine zerstört worden sein. Schon diese Beobachtungen zeig-
ten die Variabilität des Wegebaues, die vom Baugrund abhängende Funktion der Anlage, die
Streubreite der bautechnischen Lösungen und ihre Abhängigkeit vom Baugrund. Die Datierung
konnte durch weiteres pollenanalytisches Material, neue 14C-Datierungen und dendrochronolo-
gische Untersuchungen weiter eingeengt werden. Die Rekonstruktion der zum Weg gehörenden
Umwelt wird durch moorbotanische und moorgeologische Befunde ausgeweitet. Hinzu kommen
forstbotanische Befunde und andere Hinweise auf das Vorgelände. Die Kalkulation des Bauvor-
ganges wurde möglich. Sie erlaubt die Einfügung in wirtschaftliche und soziale Bezüge. Einzel-
funde zeigen handwerkliche und forstliche Techniken und machen das zu der Zeit des Weges ge-
hörende Maßsystem faßbar. Sein Nachweis lag direkt neben der vorjährigen Baggerwand im Torf
und wäre bei weiterem Torfabbau sofort vernichtet worden.
Die Kalkulation der Transportmöglichkeiten wird aus der Zusammenfügung des Weges mit
den auf ihm benutzten Fahrzeugen möglich. Reste führen an die Rekonstruktion der Wagen her-
an. Wichtig ist der Nachweis des schwenkbaren (= lenkbaren) Wagens und der Nutzung von
Speichen- und Scheibenrädern zur gleichen Zeit.

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