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Stephan, Hans-Georg; Baart, Jan M. [Oth.]
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Heft 17): Coppengrave: Studien zur Töpferei des 13. bis 19. Jahrhunderts in Nordwestdeutschland — Hildesheim: Verlag August Lax, 1981

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2. Die Töpferei in Coppengrave
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https://doi.org/10.11588/diglit.65793#0076
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here Umgebung, zum anderen bestimmte Berei-
che Nordwestdeutschlands erreichten — ver-
mutlich nur noch selten weit entfernte Ziel-
orte —, zeichnet die unter dem Begriff Weser-
ware zusammengefaßte Keramik eine im wahr-
sten Sinne des Wortes internationale Verbrei-
tung aus. In Deutschland ist sie bisher aus den
folgenden Regionen und Orten bekannt: Süd-
niedersachsen, so Göttingen (LÖBERT 1978),
Burg Plesse bei Göttingen, dem Eichsfeld, Ha-
meln, Bodenwerder und Amelungsborn bei
Stadtoldendorf (alles Funde des Verfassers),
Goslar am Harz (GRIEP 1972/73, Taf. 5),
Northeim/Hann. (Funde des Verfassers), Alfeld
(Funde im Heimatmuseum Alfeld), Ostwestfa-
len, etwa Höxter (STEPHAN 1975, Abb. 17),
Brakei und Beverungen (Funde des Verfassers),
Oldenburg (ZOLLER 1975, Taf. 7), Nordhes-
sen, nämlich Burg Eisenberg bei Korbach/
Waldeck (Autopsie des Verfassers), Ostfriesland
(frdl. Hinweis von Dr. H. G. Peters, Hannover),
Hannover, dem nördlichen Niedersachsen, etwa
Lüneburg und Hamburg (Autopsie des Verfas-
sers), und Schleswig-Holstein und zwar aus
Bosau (Autopsie des Verfassers), Gaikebüll und
Alt-Morsum in Nordfriesland (HARTMANN
1975, Taf. 32, 4), Schleswig und Lübeck (Au-
topsie des Verfassers). Mit sehr hoher Wahr-
scheinlichkeit gelangte sie auch nach Mecklen-
burg, Pommern und Brandenburg. Ob sie dar-
über hinaus in nennenswertem Maße nach Ost-
preußen, Schlesien, Sachsen, Thüringen und
Hessen exportiert wurde, ist noch zu klären. In
den vier zuletzt genannten Gebieten dürfte je-
doch ein blühendes Töpfergewerbe mit eigener
Produktion bemalter Keramik einer stärkeren
Verbreitung im Wege gestanden haben.
In nicht geringer Menge kommt diese Keramik
in Dänemark, in Süd- und Mittelschweden so-
wie in Norwegen vor. Auf dem Wasserwege
fand sie auch Absatz in Großbritannien (wohl
hauptsächlich in den Küstenorten, aber verein-
zelt auch in entlegenen Dörfern des Hinterlan-
des; vgl. Beitrag HURST in diesem Bande). In
besonders großem Umfang exportierte man nach
Holland. In den leicht auf dem Wasserwege zu
erreichenden Städten der Niederlande stellt die
Weserware etwa bis 5 Prozent der Keramik der
Zeit um 1600 (BAART und VAN BEHNINGEN
in diesem Bande). Aus den Niederlanden ist ins-

gesamt wesentlich mehr Weserware bekannt als
aus ganz Deutschland. Dies geht sicherlich zum
einen auf den Forschungsstand zurück, zum an-
deren beleuchtet es direkt das Ausmaß des Ex-
portes und indirekt den großen Umfang der Pro-
duktion. Die vorwiegend küstennahen Orte le-
gen für den Transport über große Strecken den
Seeweg nahe.
Als Zubringer kommt in erster Linie die Weser
in Frage. Im 18. und 19. Jahrhundert (vgl. Kap.
2.3) wurde ein großer Teil der Erzeugnisse mit
Wagen nach Hameln transportiert. Der in dieser
Stadt schon bei ersten Untersuchungen festzu-
stellende ganz ungewöhnlich hohe, nirgends
sonst angetroffene Prozentsatz der Weserware
(etwa 20—40 %) in sämtlichen bekannten
Fundkomplexen der Jahrzehnte um 1600 legt
die Vermutung nahe, daß Hameln die Funktion
als Hauptexporthafen auch damals schon hatte
(unveröffentliche Funde und Baustellenbe-
obachtungen des Verfassers). Neue Funde aus
Bodenwerder, die ebenfalls ungewöhnlich viel
Weserware enthalten, begründen die Annahme,
daß Bodenwerder, ein weiterer wichtiger Weser-
hafen, der zudem für Coppengrave und Hohen-
büchen noch leichter erreichbar ist als Hameln
und im gleichen Territorium liegt (Braun-
schweig-Lüneburg), ebenfalls als Exporthafen
für Töpfereiprodukte gedient haben könnte
(Funde des Verfassers).
Man darf annehmen, daß die Weserware auf
holländischen und englischen Schiffen nach
Übersee, nach Amerika, Südafrika und Asien
gelangte. Für die Frage der Verbreitung der We-
serware ist ein vor wenigen Jahren in Nordameri-
ka gemachter Fund aufschlußreich, auf den
mich Mr. Ivor Noel Hume, Colonial Williams-
burg, auf meine Anfrage hin aufmerksam mach-
te. Nach frdl. Auskunft von Mrs. Athur H. Holt
wurde im heutigen Hampton, damals von den
Engländern „Elizabeth Town” und von den In-
dianern „Kecoughtan” genannt, an der Stelle
der zweiten Kirche ein Gefäß gefunden, das an-
hand von mir eingesandter Fotos als Erzeugnis
des Pottlands identifiziert werden konnte. Nach
übereinstimmender Auskunft amerikanischer
Kollegen wurden im ganzen Lande bisher nur
zwei vergleichbare Scherben gefunden (vgl.
auch Beitrag HURST in diesem Bande) (die Ke-
ramik der Pensylvanian Germans hat hiermit

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