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Stephan, Hans-Georg; Baart, Jan M. [Bearb.]
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Heft 17): Coppengrave: Studien zur Töpferei des 13. bis 19. Jahrhunderts in Nordwestdeutschland — Hildesheim: Verlag August Lax, 1981

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2. Die Töpferei in Coppengrave
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https://doi.org/10.11588/diglit.65793#0031
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möglichst der gesamten Bestückung eines Ofens
erforderte bei der traditionellen einfachen Tech-
nologie sehr viel Erfahrung und Geschick.
Zur Erzeugung von Steinzeug muß man minde-
stens drei Tage und drei Nächte lang feuern. In
Duingen fuhren die einzelnen Töpfer um 1850
jeweils sieben bis fünfzehn Brände im Jahr
(RUDORF 1858, 338). Es war in Duingen im
18./19. Jahrhundert durchaus üblich, vorn, wo
sich im Ofen die meiste Hitze entfaltet, Stein-
zeug, hinten aber Irdenware einzusetzen. Von
dieser Praxis her erklären sich z. T. gewiß die seit
dem Mittelalter vorkommenden Übergangswa-
ren, die „steinzeugartig harten Irdenwaren”
und Protosteinzeuge.
2.5.8 Das Aussetzen
Nach Erreichung des Garbrandes können die
Gefäße nicht sogleich aus dem Ofen genommen
werden; besonders Steinzeug verträgt keinen jä-
hen Temperaturwechsel und neigt leicht zum
Springen. Deshalb ließ man den Ofen eine ge-
wisse Zeit lang, etwa einen Tag, mit geschlosse-
nem Feuerloch aber geöffneten Zuglöchern ste-
hen und öffnete erst dann langsam den Einstieg,
hei großen Öfen konnte diese Prozedur bis zu
einer Woche dauern (GÖBELS 1971, 108).
Der Meister selbst hielt nun das „Scherbenge-
richt’ ’. Am Klang konnte er feststellen, ob es für
den Gebrauch geeignet, oder eine Rißbildung
erfolgt war. Dazu kam die optische Prüfung, bei
der deformierte (zu stark überhitzte), in der
Glasur fehlerhafte, zusammengebackene und
Stücke mit abgeplatzten Stellen verworfen wur-
den. Ausschußware war nicht selten.
In der Regel wurden die Fehlbrände in die Ton-
entnahmestellen für den Ofenbau oder in die
Abbaugruben geworfen.
2.5.9 Glasuren und Verzierungen
2-5.9.1 Exkurs: Mittelalterliche Glasuren
in Südlimburg
Archäologische Befunde sowie naturwissen-
schaftliche Untersuchungen zur Technologie der
Coppengraver Glasuren auf Steinzeug, Fast-
steinzeug und Irdenware fehlen bisher oder ste-
hen noch ganz am Anfang (vgl. Beitrag
SCHLÜNZ in diesem Bande). Der optische Ein-

druck legte nahe, daß einige in Südholland,
nicht weit von Aachen gelegene Töpfereien, die
näher untersucht sind, bei der Herstellung von
Engoben und Glasuren ähnliche Verfahren an-
gewendet haben (BRUIJN 1962—63, 411—458;
Autopsie des Verfassers im Rijksdienst Amers-
foort). Die in diesem Zusammenhang wichtig
erscheinenden Techniken seien hier kurz erläu-
tert, nicht um zu zeigen, wie es war, sondern
wie es gewesen sein könnte:
Vergleichbar sind die Erzeugnisse der Periode V
von Schinveld (dort vorgeschlagene Datierung:
kurz vor 1350 bis um 1400). Gewöhnlich sind
die Gefäße mit einer glänzend braunen Engobe
versehen. Daneben gibt es solche, die nach dem
Eintauchen in eine Eisenengobe eine Salzglasur
erhielten, und eine weitere Gruppe mit Salzgla-
sur auf eisenhaltigem Ton (BRUIJN 1962—63,
411). Es ist sehr gut möglich, daß alle Formen in
allen genannten Techniken vorkommen. Am
Beginn der Entwicklung des Protosteinzeuges
steht in Periode III eine „dumpfbraune” Engo-
be mit festgesinterten Ascheteilchen, die eine
rauhe Oberfläche verursachen. Keramik dieser
groben Qualität und der damit einhergehenden
Formen wurde in Coppengrave bisher noch
nicht gefunden. Eher gilt dies schon für die dar-
auffolgende Periode IV, als eine bessere Ver-
schmelzung erreicht wurde und eine violettbrau-
ne Sinterengobe (Taf. 33—37, Farbtafel 1—2)
zur normalen Erscheinungsform wurde. Mögli-
cherweise schon damals, sicher jedoch in Periode
V (um 1350), wurde das Hinzufügen von Asche
ersetzt durch das Verdampfen von Salz während
des Brennens. Vielleicht hat der salzige Ge-
schmack der Holzasche die Töpfer auf diese Idee
gebracht. Man erreichte hiermit ein Qualitäts-
verfahren, daß sich bis heute zu behaupten ver-
mag.
In Periode V gibt es auch Gefäße mit einer viel
Eisen enthaltenden Bleiglasur. Die lederharten
Gefäße wurden in ein Bad mit Eisenfarbe ge-
taucht und dann in tropfend nassem Zustand
mit Bleischnitzeln bestreut, die auf allen nach
oben gerichteten Teilen der Keramik festkleb-
ten. Nach dem völligen Trocknen wurde sie
stark oxydierend gebrannt, wobei das überhitz-
te, geschmolzene Blei eine Verbindung mit der
in der Gefäßwand sich befindlichen Kieselsäure
einging und zu Glas wurde.

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