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Stephan, Hans-Georg; Baart, Jan M. [Oth.]
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Heft 17): Coppengrave: Studien zur Töpferei des 13. bis 19. Jahrhunderts in Nordwestdeutschland — Hildesheim: Verlag August Lax, 1981

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2. Die Töpferei in Coppengrave
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https://doi.org/10.11588/diglit.65793#0068
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Gefäßen reichen beim Vorliegen von Einzel-
stücken ohne stratigrafischen Zusammenhang
oder datierende Beifunde schwerlich zu einer si-
cheren zeitlichen Einordnung aus; jedenfalls gilt
dies beim jetzigen Forschungsstand.
So darf man mit gutem Recht annehmen, daß
dieser Zeitabschnitt vertreten ist, zumindest das
16. Jahrhundert — wie Kachelfunde {Abb. 29)
und Fragmente von Steinzeuggesichtskrügen
u. a. nahelegen; genauere Aussagen verbieten
sich jedoch. Nach Funden der ersten Hälfte und
Mitte des 16. Jahrhunderts aus Höxter (STE-
PHAN 1972, 150—143; außerdem unveröffent-
lichte Funde) darf man für diese Zeit mit innen
grün, farblos, dann je nach Beschaffenheit des
Untergrundes gelblich, bräunlich oder rötlich
wirkenden glasierten Grapen, außerdem mit un-
bemalten Schüsseln und Schalen sowie Tellern
rechnen: alles Formen, die in Coppengrave vor-
kommen. Kennzeichnend sind für diese Epoche
einfache lippenartige Ränder, außerdem kragen-
artige Randbildungen, die jedoch vielfach einfa-
cher sind als diejenigen des 17. Jahrhunderts
(STEPHAN 1975). Eingehende Untersuchungen
zur Chronologie stehen jedoch ebenso aus wie
auch die notwendigen kleinräumigen Untersu-
chungen zu den regionalen Besonderheiten und
den generellen Entwicklungstendenzen der Ke-
ramik des 16. Jahrhunderts.
Nach Anfängen in der ersten Jahrhunderthälfte
(STEPHAN 1972, 154—155) beginnt in einem
noch näher zu bestimmenden Zeitraum zwi-
schen etwa 1550 und 1590 die für Jahrhunderte
richtungsweisende und uns in ihrer Farbigkeit
sowie im Wandel der Stile und Motive noch
heute ästhetisch ansprechende Herstellung der
gemeinhin — jedoch zu Unrecht — als Bauern-
keramik bezeichneten bemalten Gefäße.
Der Begriff Bauernkeramik ist falsch, weil es sich
hierbei um in aller Regel von Handwerkern her-
gestellte Gefäße handelt, die, wie zahlreiche
Funde auf dem Lande, aber auch in Burgen und
Schlössern, in Klöstern, Gutshöfen und Städten
beweisen, in allen Kreisen der Bevölkerung ver-
wendet wurden. Erst im Laufe der ersten Hälfte
und Mitte des 19-Jahrhunderts verengte sich in-
folge der starken Konkurrenz durch die aufkom-
menden Industrieprodukte — wie für so man-
ches traditionelle Handwerk — der Abnehmer-
kreis auf die unteren sozialen Schichten, beson-

ders diejenigen auf dem Lande. Erst in der Spät-
zeit, in der infolge der Industrialisierung auch
die anderen alten ländlichen Handwerke zu-
rückgedrängt wurden und die Bevölkerung sich
mehr und mehr in den Städten konzentrierte,
konnte — und für diese Zeit zu Recht — der
Ausdruck Bauernkeramik entstehen.
Doch zurück zur Frühzeit. Es kennzeichnet den
geradezu katastrophalen Forschungsstand, daß
bisher nur die Sondergruppe der Werrakeramik
(Wanfrieder Irdenware) mit einer Serie von Da-
tierungen, die — abgesehen von einigen Datie-
rungen in den sechziger Jahren — mit einer
Massenproduktion etwa seit dem Jahre 1584 ein-
setzt (NAUMANN 1974, 30—31), etwas näher
untersucht ist. Allerdings ist zu dieser verdienst-
vollen und wichtigen Arbeit zu bemerken, daß
die Bearbeiter — aus verständlichen Gründen
— nicht in der Lage waren, die Werrakeramik in
den größeren Zusammenhang der frühen braun-
grundigen Malhornwaren zu stellen und deshalb
deren Besonderheiten zu stark betonen (anders:
STEPHAN 1972; 1975, 154—155; 1981c).
Hierbei sind dann folglich auch einige Stücke
einbezogen worden, die nicht in die Gruppe der
Wanfrieder Keramik gehören (etwa NAU-
MANN 1974, Kat.Nr. 1—3 u. 73—77), sondern
Erzeugnisse aus den nördlichen Niederlanden
sind (HURST 1975) bzw. im Oldenburger Raum
hergestellt wurden. Außerdem waren seinerzeit
die wichtigen Werkstättenfunde von Witzen-
hausen, Hannoversch Münden, Großalmerode
und Oberkaufungen noch unbekannt (STE-
PHAN 1979; 1981c).
2.7.1.2 Die Weserware (Taf. 85—95 u.
Abb. 22—28)
2.7.1.2.1 Zum Forschungsstand
Die Weserware ist ein gutes — oder eher beschä-
mendes — Beispiel für die Vernachlässigung der
Erforschung der materiellen Kultur der Neuzeit
in der Bundesrepublik. Aufgrund ihrer hand-
werklichen Qualität und ihrer ansprechenden
Farbgebung wurde sie im späten 16. und frühen
17. Jahrhundert in großen Mengen hergestellt
und fand einen weiten Absatz in Nord- und
Nordwesteuropa. Bis vor kurzem fand diese Ke-
ramik in unserem Lande keinerlei Beachtung
und wurde, wenn überhaupt, als rezent angese-

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