Münzfunde Pfeiler, Sakristei, Altar:
Münze 22 von 1696 wurde im Pfeilerfundament an der Chor-Nordseite gefunden. Vielleicht gibt dieses
Datum auch einen Hinweis auf die Erbauung der Pfeiler, die nach dem Rechnungsbuch zum Teil schon im
18. Jh. vorhanden gewesen sein müssen, in der Folgezeit erneuert und ergänzt wurden.
Münze 68 von 1868 lag im Fußboden der 1747 erbauten Sakristei, Münze 69 von 1875 unter bzw. in dem
obersten Fußboden vor dem Altar.
6.3.7 Zusammenfassung
Die in der Tostedter Kirche gefundenen 69 Münzen stammen vom Anfang des 12. Jhs. bis 1875 und zei-
gen, welche Münzen die Gutsbesitzer und Bauern des ,,Tots” mit in die Kirche brachten. In alten Zeiten
ist der Pfennig das übliche Gottesdienstopfer gewesen. Das zeigen die Fundstücke anschaulich. Wenn
auch die Funde nicht wie z. B. in einer Siedlung gleichmäßig nacheinander in den Boden gekommen sind
und verschiedene Faktoren, wie die der jeweiligen Kircheneinrichtung (wie z. B. Gestühl, Fußbodenart
u. a.) oder des Gottesdienstes bzw. des Opfers (z. B. Opferstock, Klingelbeutel), eine Rolle gespielt haben
dürften, zeigt die Fundzusammenstellung doch erstaunliche Übereinstimmung mit allgemein bekannten
Einzelheiten des Geldumlaufes und den wirtschaftlichen Verhältnissen dieses Raumes. Dabei muß be-
rücksichtigt werden, daß Tostedt zwar in jüngerer Zeit eine Poststation hatte — die letzte im Lüneburgi-
schen vor der Grenze nach Bremen —, aber sonst, teilweise von Mooren umgeben, weitab von politischen
oder wirtschaftlichen Zentren entfernt lag.
Je eine Münze entstammt dem 12. und 13. Jh., drei Stücke dem 14. Jh. und fünf dem 15. Jh. Vier dieser
jüngeren Münzen steckten im Gipsestrich zwischen den Steinen, und zwar so, daß absichtliches Verstecken
und nicht zufälliger Verlust anzunehmen ist. Dasselbe dürfte für die Münzen aus dem Anfang des 13. Jhs.
und dem 14. Jh. gelten, denn sie lagen im Grus eines aufgenommenen Pflasters. Alle Stücke fanden sich
in der Südostecke des Schiffes, wo vielleicht ein Nebenaltar stand. Zu dieser Deutung könnte passen, daß
aus dem 16. Jh. nur eine Münze von 1523 vorliegt. Vielleicht fiel der angenommene Nebenaltar der Refor-
mation zum Opfer oder wurde bei Umarbeiten entfernt, die infolge der veränderten Form des Gottesdien-
stes notwendig wurden. So wurde jetzt Gestühl eingebaut, ein neuer Fußboden angelegt. 1608 schenkte
Wilken von Weyhe die Kanzel. Nur drei Münzen des 17. Jhs. stammen aus der Zeit vor Beginn der
Kampfhandlungen des Dreißigjährigen Krieges in diesem Raum (1613—27). Dann kommen erst wieder
Münzen vor, die nach 1676 geprägt worden sind. Selbstverständlich war während des Krieges bis 1648 und
danach Geld im Umlauf, wenn auch vielleicht in geringerem Umfange, aber man wird es nicht mit in die
Kirche genommen haben bzw. verwahrte es so, daß es nicht verloren gehen konnte. Der Zeit von 1676 bis
Ende des 18. Jhs. gehören die meisten Fundmünzen an. Eine kurze Unterbrechung der Münzjahrgänge
nach 1800 könnte auf die napoleonische Zeit hinweisen, doch ist es auch möglich, daß Münzen älterer
Jahrgänge erst zu dieser Zeit in die Kirche gelangten. Aus dem 19- Jh. stammen wesentlich weniger Mün-
zen als aus dem 18. Jh. Da die größten Grüfte im Chor inzwischen mit Sand verfüllt waren, konnten keine
Münzen, die in dem darüber befindlichen Gestühl zu Boden fielen, mehr wie vordem durch die undichte
Abdeckung in die Tiefe gelangen, und auch im Kirchenschiff wurde nicht mehr bestattet und der Fußbo-
den war befestigt.
Die jüngsten Münzen zeigen gut die politische Entwicklung ihrer Zeit. Auf Münzen des Kurfürstentums
Hannover folgen bis 1858 Gepräge der hannoverschen Könige. Ein preußischer Pfennig von 1868 zeigt die
veränderten politischen Verhältnisse an, denn seit 1866 war Hannover preußische Provinz. Ein in Berlin
geprägter Zweireichspfennig von 1875, die „Schlußmünze”, liegt erstaunlich nahe am Abbruchjahr 1880
der Kirche (vgl. Abb. 20).
17 Materialheft 19
129
Münze 22 von 1696 wurde im Pfeilerfundament an der Chor-Nordseite gefunden. Vielleicht gibt dieses
Datum auch einen Hinweis auf die Erbauung der Pfeiler, die nach dem Rechnungsbuch zum Teil schon im
18. Jh. vorhanden gewesen sein müssen, in der Folgezeit erneuert und ergänzt wurden.
Münze 68 von 1868 lag im Fußboden der 1747 erbauten Sakristei, Münze 69 von 1875 unter bzw. in dem
obersten Fußboden vor dem Altar.
6.3.7 Zusammenfassung
Die in der Tostedter Kirche gefundenen 69 Münzen stammen vom Anfang des 12. Jhs. bis 1875 und zei-
gen, welche Münzen die Gutsbesitzer und Bauern des ,,Tots” mit in die Kirche brachten. In alten Zeiten
ist der Pfennig das übliche Gottesdienstopfer gewesen. Das zeigen die Fundstücke anschaulich. Wenn
auch die Funde nicht wie z. B. in einer Siedlung gleichmäßig nacheinander in den Boden gekommen sind
und verschiedene Faktoren, wie die der jeweiligen Kircheneinrichtung (wie z. B. Gestühl, Fußbodenart
u. a.) oder des Gottesdienstes bzw. des Opfers (z. B. Opferstock, Klingelbeutel), eine Rolle gespielt haben
dürften, zeigt die Fundzusammenstellung doch erstaunliche Übereinstimmung mit allgemein bekannten
Einzelheiten des Geldumlaufes und den wirtschaftlichen Verhältnissen dieses Raumes. Dabei muß be-
rücksichtigt werden, daß Tostedt zwar in jüngerer Zeit eine Poststation hatte — die letzte im Lüneburgi-
schen vor der Grenze nach Bremen —, aber sonst, teilweise von Mooren umgeben, weitab von politischen
oder wirtschaftlichen Zentren entfernt lag.
Je eine Münze entstammt dem 12. und 13. Jh., drei Stücke dem 14. Jh. und fünf dem 15. Jh. Vier dieser
jüngeren Münzen steckten im Gipsestrich zwischen den Steinen, und zwar so, daß absichtliches Verstecken
und nicht zufälliger Verlust anzunehmen ist. Dasselbe dürfte für die Münzen aus dem Anfang des 13. Jhs.
und dem 14. Jh. gelten, denn sie lagen im Grus eines aufgenommenen Pflasters. Alle Stücke fanden sich
in der Südostecke des Schiffes, wo vielleicht ein Nebenaltar stand. Zu dieser Deutung könnte passen, daß
aus dem 16. Jh. nur eine Münze von 1523 vorliegt. Vielleicht fiel der angenommene Nebenaltar der Refor-
mation zum Opfer oder wurde bei Umarbeiten entfernt, die infolge der veränderten Form des Gottesdien-
stes notwendig wurden. So wurde jetzt Gestühl eingebaut, ein neuer Fußboden angelegt. 1608 schenkte
Wilken von Weyhe die Kanzel. Nur drei Münzen des 17. Jhs. stammen aus der Zeit vor Beginn der
Kampfhandlungen des Dreißigjährigen Krieges in diesem Raum (1613—27). Dann kommen erst wieder
Münzen vor, die nach 1676 geprägt worden sind. Selbstverständlich war während des Krieges bis 1648 und
danach Geld im Umlauf, wenn auch vielleicht in geringerem Umfange, aber man wird es nicht mit in die
Kirche genommen haben bzw. verwahrte es so, daß es nicht verloren gehen konnte. Der Zeit von 1676 bis
Ende des 18. Jhs. gehören die meisten Fundmünzen an. Eine kurze Unterbrechung der Münzjahrgänge
nach 1800 könnte auf die napoleonische Zeit hinweisen, doch ist es auch möglich, daß Münzen älterer
Jahrgänge erst zu dieser Zeit in die Kirche gelangten. Aus dem 19- Jh. stammen wesentlich weniger Mün-
zen als aus dem 18. Jh. Da die größten Grüfte im Chor inzwischen mit Sand verfüllt waren, konnten keine
Münzen, die in dem darüber befindlichen Gestühl zu Boden fielen, mehr wie vordem durch die undichte
Abdeckung in die Tiefe gelangen, und auch im Kirchenschiff wurde nicht mehr bestattet und der Fußbo-
den war befestigt.
Die jüngsten Münzen zeigen gut die politische Entwicklung ihrer Zeit. Auf Münzen des Kurfürstentums
Hannover folgen bis 1858 Gepräge der hannoverschen Könige. Ein preußischer Pfennig von 1868 zeigt die
veränderten politischen Verhältnisse an, denn seit 1866 war Hannover preußische Provinz. Ein in Berlin
geprägter Zweireichspfennig von 1875, die „Schlußmünze”, liegt erstaunlich nahe am Abbruchjahr 1880
der Kirche (vgl. Abb. 20).
17 Materialheft 19
129